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Gemeinderat, 12. Sitzung vom 29.09.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 9 von 98

 

ohnedies aus „wien.at“ - hernimmt, kann man ihm entnehmen, dass zum Beispiel bei der Übersiedlung in den Tiefspeicher 32.000 Bände gefunden wurden. Bei dieser Menge von Objekten kann es immer wieder vorkommen, dass man etwas findet, was man dann erst aufarbeiten muss. Es ist eine akribische Arbeit, eine mühsame Arbeit. Aber wahrscheinlich geht es nicht anders, als dass man alles durchackert, damit man sich wirklich sozusagen selbst sagen kann, wir haben das jetzt alles geprüft.

 

Wir sind also überhaupt nicht dagegen, wir stimmen mit allen Dingen überein. Es bleibt für mich immer nur die folgende Frage im Raum: Diese intensiven Bemühungen, die die Stadt Wien seit 1999/2001 setzt, wären ja noch viel erfolgreicher gewesen, wenn man sie unmittelbar nach dem Krieg gesetzt hätte. Es ist ja immer eine durchgehend gleiche Regierung. Jetzt weiß ich schon, dass das mit Ihnen nichts zu tun hat, und, wie gesagt, ich stimme, was Ihre diesbezüglichen Aktivitäten betrifft, voll mit Ihnen überein, aber ich wollte nur Ihre persönliche Meinung zu dieser Frage hören: Warum, glauben Sie, war es erst 54 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs möglich, mit solchen ernsthaften Untersuchungen, die zu Restitutionen führen, zu beginnen?

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Herr Stadtrat, bitte.

 

Amtsf. StR Dr. Andreas Mailath-Pokorny: Herr GR Ebinger, ich nehme diese Frage ernst. Ich könnte das jetzt politisch-polemisch beantworten und sagen, na ja, wahrscheinlich findet man ausreichend Äußerungen, nicht zuletzt auch von Ihrer Fraktion viele, viele Jahre zurück, die vielleicht eher in die Richtung jener Äußerung gehen, wie sie laut Überlieferung auch vom damaligen Innenminister getätigt wurde, nämlich dass man danach trachten möge, die Sache in die Länge zu ziehen. Ich fürchte, das war wahrscheinlich eine grundlegende Einstellung in der Gesellschaft der Nachkriegszeit. Jetzt ist nicht die Zeit, um hier geschichtsphilosophische Betrachtungen anzustellen, aber Tatsache ist nun einmal, dass in Wahrheit erst durch die öffentliche Diskussion über die Kriegsvergangenheit des Bundespräsidenten Waldheim eine grundlegende Diskussion oder jedenfalls eine Zäsur in der öffentlichen Diskussion stattgefunden hat.

 

Ich kann aber auf Grund meiner viele, viele Jahrzehnte zurückliegenden Tätigkeit im damaligen Völkerrechtsbüro des Außenministeriums sagen, dass sehr wohl auch die Republik Österreich und, wenn man so will, auch die österreichische Gesellschaft immer wieder Versuche unternommen haben, die Restitutionsfrage anzugehen, zu lösen. Dass das aus der Sicht der jeweiligen Nachfolgegeneration und wahrscheinlich oder mit Sicherheit auch objektiv unzureichend war, wissen wir heute.

 

Die Frage, warum nicht früher etwas geschehen ist, muss man wahrscheinlich so beantworten, dass in Teilbereichen etwas geschehen ist, aber nicht genug. Und zu stellen ist diese Frage wahrscheinlich der Gesellschaft in ihrer Gesamtheit.

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Die 4. Zusatzfrage wird von Herrn GR Mag. Spitzer von der SPÖ gestellt. - Bitte.

 

9.30.13

GR Mag. Gerhard Spitzer (SPÖ): Offenbar ist das Jüdische Museum in Wien quer durch alle Fraktionen ein durchaus spannendes Thema, denn auch meine Zusatzfrage wäre in diese Richtung gegangen, ob Sie uns auch noch kurz über den Status quo der Provenienzforschung im Jüdischen Museum berichten können.

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Herr Stadtrat, bitte.

 

Amtsf. StR Dr. Andreas Mailath-Pokorny: Die Frage - ich danke dafür - ist deshalb nicht unberechtigt, weil wir ja im Zuge der Restitutionsforschung und der Restitutionsvorhaben erst vergleichsweise spät auch das Jüdische Museum einbezogen haben - wahrscheinlich unter der Annahme, dass man sich sagt, in den Sammlungen des Jüdischen Museums wird es keine Restitutionsgüter geben. Das liegt zum Teil auch daran, dass das Jüdische Museum über sehr heterogene Sammlungsbestände verfügt: einerseits die Sammlung der Israelitischen Kultusgemeinde als Dauerleihgabe, dann die drei städtischen Sammlungen - Sammlung Berger, Sammlung Schlaff und Sammlung Stern - und die Sammlung des Jüdischen Museums Wien mit den Neuerwerbungen seither. Im Jahr 2012 hat die Wiener Restitutionskommission ihre Zuständigkeit auch für das Jüdische Museum Wien bestätigt, und daher konnte seither dort auch Provenienzforschung durchgeführt werden. Es sind einige Dossiers bereits vor die Restitutionskommission gebracht worden - ich möchte das jetzt nicht alles im Einzelnen vorlesen, aber es ist überall abrufbar -, und auch dort geschieht, so wie oben beschrieben, die Restitution mittlerweile sehr akribisch und genau und, wie ich meine, auch erfolgreich.

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Danke, Herr Stadtrat. Die 2. Anfrage ist damit beantwortet.

 

9.32.00†Amtsf. StR Dr. Andreas Mailath-Pokorny - Frage|

Die 3. Anfrage (FSP - 02935-2016/0001 - KNE/GM) wurde von Frau GRin Mag. Beate Meinl-Reisinger gestellt und ist an den Herrn Amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe Kultur, Wissenschaft und Sport gerichtet. (Im Zuge der Wiederholung der Bezirksvertretungswahl in der Leopoldstadt ist es durch die Ausgabe von schadhaften Wahlkarten zu groben Unregelmäßigkeiten bei der Stimmabgabe gekommen. Am Freitag, den 2. September 2016 wurde durch die MA 62 erstmals gegenüber Medienvertretern bestätigt, dass es Probleme mit schadhaften Wahlkarten gebe und diesbezüglich Beschwerden bzw. Anfragen von Bürger_innen bereits vorlägen. Zu welchem Zeitpunkt und durch wen wurden Sie zum ersten Mal über das Bestehen von Problemen im Zusammenhang mit schadhaften Wahlkarten bei der Bezirksvertretungswahl in der Leopoldstadt in Kenntnis gesetzt?) - Bitte schön, Herr Stadtrat.

 

Amtsf. StR Dr. Andreas Mailath-Pokorny: Sehr geehrte Frau Gemeinderätin! Sie fragen hinsichtlich der schadhaften Wahlkarten bei der Bezirksvertretungswahl Wien Leopoldstadt und im Konkreten, wann mir diese Probleme bekannt geworden sind.

 

Ich kann dazu zum einen einmal festhalten, dass die Wahlkarten für die Wiederholung der Bezirksvertretungswahl 2015 im 2. Wiener Gemeindebezirk ab dem 29. August 2016 ausgestellt wurden. Ich wurde zeitgleich

 

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