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Gemeinderat, 12. Sitzung vom 29.09.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 7 von 98

 

Was nun die eigentliche Frage betrifft, die Sie angesprochen haben, nämlich ob aus dem Büro der Frau Stadträtin hier rechtswidrige Weisungen erteilt worden sind, so ist hier vollkommen klar, wer sich darum zu kümmern hat, ob es Nachweise für einen solchen Vorwurf gibt. Und das ist ja passiert. Wie gesagt, meine Haltung dazu ist ganz grundsätzlich gesehen eine andere. Es hat keine rechtswidrige Weisung aus dem Büro der Frau Stadträtin gegeben. Punkt, aus.

 

Hinsichtlich der Frage, ob es hier andere Missstände gibt oder so etwas, noch einmal: Hintreten, sagen, was die Meinung dazu ist, dazu stehen - und dann können wir natürlich auch die entsprechenden Konsequenzen ziehen, falls es tatsächlich Missstände gibt. Und ich habe nie bestritten, dass es in einer so großen Verwaltung nicht auch zu entsprechenden Problemen, zu entsprechenden Fehlern, ja auch zu Missständen kommen kann. Dann sind diese natürlich auch entsprechend auszumerzen oder allenfalls auch Konsequenzen zu ziehen.

 

Das ist meine Grundhaltung, und die werden Sie nicht ändern.

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Danke schön, Herr Bürgermeister. - Damit ist die 1. Anfrage beendet.

 

9.17.00†Amtsf. StR Dr. Andreas Mailath-Pokorny - Frage|

Die 2. Anfrage (FSP - 02926-2016/0001 - KSP/GM) wurde von Herrn GR Mag. Spitzer gestellt und ist an den Herrn Amtsführenden Stadtrat der Geschäftsgruppe Kultur, Wissenschaft und Sport gerichtet. (Wie ist der bisherige Stand der Restitutionsangelegenheiten in Wien und wie geht es in der Angelegenheit weiter?) - Bitte, Herr Stadtrat.

 

Amtsf. StR Dr. Andreas Mailath-Pokorny: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Gemeinderat! Zum Thema Restitution, das ja unverändert ein sowohl rechtlich wie auch fast noch moralisch bedeutsames Thema für dieses Land und für diese Stadt ist:

 

Wir alle kennen die Grundvoraussetzungen dafür, die problematische Lage, dass über viele Jahre und Jahrzehnte nach den Verheerungen des Nationalsozialismus entwendetes Gut, entwendetes Eigentum nicht oder nur unzureichend und verspätet zurückgegeben wurde. Und in dieser Situation hat sich die Stadt Wien vor nunmehr über eineinhalb Jahrzehnten dazu entschlossen, einen anderen Weg zu gehen, durchaus einen weitergehenden Weg, als ihn sich selbst die Bundesregierung damals vorgenommen hat. Und es ist seither sehr viel geschehen, was nicht immer das Licht der Öffentlichkeit erblickt hat. Das ist einerseits gut, weil es zeigt, dass es in einer bestimmten Weise selbstverständlich geworden ist, dass noch vorhandenes Raubgut der Nationalsozialisten auch restituiert wird. Andererseits, glaube ich, sollte man immer wieder darauf hinweisen, dass diesbezüglich etwas geschieht und was dabei geschieht.

 

Im Konkreten möchte ich zu Ihrer Anfrage Folgendes mitteilen: Mit den Beschlüssen des Wiener Gemeinderates vom 29. April 1999 und vom 29. April 2011 hat sich die Stadt Wien verpflichtet, jene Kunst- und Kulturgegenstände aus den Museen, Bibliotheken, Archiven, Sammlungen und sonstigen Beständen der Stadt, die von Verfolgten des Nationalsozialismus stammen, unentgeltlich an die ursprünglichen Eigentümerinnen und Eigentümer oder deren RechtsnachfolgerInnen zu übereignen. Anders als auf Bundesebene - das war mein Hinweis - schließt die Provenienzforschung auch die aktive Suche nach den möglichen rechtmäßigen Erben ein. Also wir warten nicht, bis sich jemand meldet, sondern wir versuchen, die rechtmäßigen Eigentümer auch tatsächlich selber zu finden.

 

Die Museen der Stadt Wien, als ein großer Block, haben seit 1999 etwa 24.300, also knapp 25.000 fragliche Erwerbungen systematisch auf ihre Rechtmäßigkeit überprüft. In diesem Zusammenhang wurden die Akten des Hauses und hunderttausende Dokumente in in- und ausländischen Archiven durchforstet. Etwa 3.050 Objekte - das ist der Großteil der zu restituierenden Kunstgegenstände -, stammend aus 51 Sammlungen beziehungsweise Sammlungsteilen, konnten bisher den ehemaligen Eigentümerinnen oder Eigentümern beziehungsweise deren RechtsnachfolgerInnen zurückgegeben werden. Also seit 1999 wurden knapp 25.000 Fälle in den Wien Museen überprüft und davon knapp über 3.000 restituiert.

 

Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl (unterbrechend): Entschuldigung, Herr Stadtrat. - Darf ich die Damen und Herren, die hinter den Reihen stehen, bitten, den Lärmpegel zu senken? Es ist sehr laut im Saal. - Danke schön.

 

Bitte, Herr Stadtrat.

 

Amtsf. StR Dr. Andreas Mailath-Pokorny (fortsetzend): Danke schön, Herr Vorsitzender.

 

Seit 2014/15 wurden sechs neue Fälle bearbeitet und mehr oder weniger zum Abschluss gebracht. Was die Ausfolgung betrifft, wurden in zahlreichen Fällen, die ich Ihnen im Einzelnen nennen könnte, die bereits feststehenden Erben verständigt, die Objekte sind jedoch noch nicht abgeholt worden.

 

In der Wienbibliothek - als zweiter großer Block - im Rathaus wurden seit 1999 knapp 50.000 Druckwerke der Erwerbungsjahre 1933 bis 1946 hinsichtlich ihrer Vorbesitzervermerke überprüft. Von den knapp 50.000 Druckwerken sind 2.855 einzelinventarisierte Objekte sowie 24 zuvor nicht erschlossene Kartons, und diese konnten restituiert werden.

 

Die Zahl der mangels aussagekräftiger Hinweise und Unterlagen nicht einzuschätzenden Erwerbungen aus der Wienbibliothek, darunter solche von anderen Dienststellen, unbekannten Personen oder dem Dorotheum, liegt derzeit bei 64 Fällen mit insgesamt 371 Werken.

 

Das Wien Museum restituierte etwa 3.050, die Wienbibliothek 2.855 Objekte. In Summe ergibt das 5.900 Objekte sowie 5.900 bisher zurückgestellte Gegenstände beider Institutionen.

 

Kurz zum Ausblick, weil das ja nicht ganz unwichtig ist: Im Jahre 2017 werden unter anderem der Wiener Restitutionskommission vier neue Fälle vorgelegt werden. Nachforschungen sind in den Fällen Moritz Grünebaum und Gilhofer & Ranschburg vorgesehen. Außerdem ist geplant, eine Ausfolgung in den Altfällen neuerlich zu versuchen.

 

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