Gemeinderat, 10. Sitzung vom 27.06.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 109 von 121
könnte sich die Genossenschaft auf dem freien Markt bewegen und Profit machen.“
Stimmt! Das kann man! Man kann in der stadteigenen Wohnbaugenossenschaft die Gemeinnützigkeit aufheben und Geld machen, indem man Profit daraus schlägt. Die Frage ist: Welche Konsequenzen hat das für die Leute, die günstige Wohnungen suchen? - Ganz sachlich deuten alle Zahlen, die ich Ihnen jetzt vorlesen werde, darauf hin, dass überraschenderweise jene im freien Wohnungsmarkt die höchsten Wohnungskosten haben.
Ich bringe aktuellen Zahlen für neu vermietete Wohnungen aus Wien aus dem Jahr 2014: Gemeinnützige: 7,09, Gemeinde: 7,47, Private 10,69.
Dann schaue ich mir die Preisentwicklung an: Es gibt zwei Preisentwicklungen, die sich im Rahmen des allgemeinen Verbraucherpreisindex bewegen: Jene im preisgebundenen gemeinnützigen Bereich und Gemeindewohnungsbereich beläuft sich auf 16 beziehungsweise 17 Prozent, und jene im Privatbereich - und das spüren auch alle - ist doppelt so hoch.
Deswegen sage ich jetzt sachlich und ohne Polemik: Es ist nicht die Position der rot-grünen Regierung, zu sagen, wir lösen die Gemeinnützigkeit auf, denn dann kann die Gesellschaft Profit machen. - Wie gesagt: Das stimmt! Sie kann dann mehr Profit machen, sie kann somit Liegenschaften als Eigentumswohnungen verkaufen. Im Privatbereich ist das in Wien ein riesiges Problem: Über die Parifizierungen werden wahnsinnig viele Mietwohnungen verkauft, und es wurde sehr viel Profit gemacht. Unter anderem deswegen sind jetzt leistbare Wohnungen in diesem Bereich verschwunden, und das muss jetzt von den Gemeinnützigen und vor allem vom Gemeindewohnungsbereich aufgefangen werden.
Ich sage ganz sachlich: Diese Politik ist falsch! Wir werden das in einer sachlichen Diskussionen auch mit den Freiheitlichen diskutieren und darauf hinweisen, dass eine solche Politik, dass stadteigene Genossenschaften Profit machen, nicht im Sinne wohnungssuchender Mensch mit geringerem Einkommen ist! Ich freue mich auf eine sachliche Diskussion in diesem Bereich, der ein vitaler Bereich der Stadt ist, und da ich der einzige Redner meiner Fraktion bin, habe ich möglicherweise die Gelegenheit, noch einmal zu erwidern. - Danke jedenfalls für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Kollege Chorherr hat 10 Minuten gesprochen. Die Restredezeit der Grünen Fraktion beträgt 15 Minuten. Als Nächster Redner zu Wort gemeldet ist Kollege Kasal. Selbstgewählte Redezeit 12 Minuten. - Ich erteile ihm das Wort.
GR Mag. Günter Kasal (FPÖ): Sehr geehrter Herr Stadtrat! Sehr geehrter Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
Wenn wir uns den Rechnungsabschluss im Vergleich ansehen, dann ist etwas auffällig: In den letzten fünf Jahren seit 2010 hat sich das Investitionsvolumen kontinuierlich verringert. Wir hatten beim Rechnungsabschluss 2010 819 Millionen EUR inklusive 175 Millionen EUR vom Kauf von Wohnbauanleihen. Damals hatten wir einen Zuzug nach Wien von in etwa von 20.000 bis 25.000 Personen. 2015 haben wir nur mehr 558 Millionen EUR inklusive 38 Millionen, die noch von der Wohnbauinitiative 2011 dazukommen. Das bedeutet: Das Investitionsvolumen in diesem Bereich ist in Summe um 261 Millionen EUR geringer. Das ist ein Rückgang in 5 Jahren von ein bisschen mehr als 30 Prozent. Gleichzeitig ist Wien aber enorm gewachsen. Wir haben es heute bereits von Frau StRin Brauner gehört: Wien ist um 43.000 Menschen gewachsen, und da sind die über 20.000 Asylwerber noch nicht einmal mit eingerechnet.
Was ist jetzt der Weg der Stadtregierung, der Weg des Wohnbaustadtrates gemeinsam mit Bgm Häupl? - Es wird eine Wohnbauoffensive präsentiert, die erst ab 2017 realisiert werden soll. Das bedeutet, man kann, wenn das erst ab 2017 in Realisierung kommt, davon ausgehen, dass die Wohnungen mit gewissen Schwankungen plus/minus ab 2018 bezogen werden können.
Wie aber schaut das im Hinblick auf die Bevölkerungsentwicklung aus? - Ausgehend von 2010 haben wir plus/minus 7.000 Wohneinheiten im Jahr, was schon in Anbetracht von 20.000 bis 25.000 Menschen, um die die Stadt Wien jährlich wächst, zu wenig war. 2015 haben wir 43.000 Menschen, das sind um plus/minus 20.000 mehr, und wenn das so anhält, dann werden es 2016 noch einmal um 20.000 mehr und 2017 noch einmal um 20.000 mehr sein. Ab 2017 wird es dann spannend, denn dann werden die Asylwerber schon länger als 2 Jahre in Wien sein und, rein theoretisch, auch in den Wohnungsmarkt drängen.
Es werden also um 80.000 Wienerinnen und Wiener - unter Anführungszeichen - mehr sein, aber erst dann beginnt die Wohnbauoffensive zu greifen, und es wird - man höre und staune! - von 7.000 auf 9.000 Wohnungen im geförderten Bereich aufgestockt. Daran ändern auch die 1.000 Gemeindewohnungen, die dann angeblich pro Jahr dazukommen werden, nichts. Sie sind ein Tropfen auf den heißen Stein. Und auch die Fertigteilbauten in Leichtbauweise, die dann dazukommen, werden nur ein Tropfen auf den heißen Stein sein.
Wir haben ein paar Anträge gestellt, die ich jetzt einmal verlese, nur um es zeitlich im Rahmen zu halten. Es geht um eine ehrliche Erfassung der Vormerklisten. Wir wissen, dass wir offiziell in den letzten Jahren immer zwischen 20.000 und 50.000 Wienerinnen und Wiener auf der Warteliste für Wiener Wohnen hatten. Ich schätze aber, dass es in Wahrheit drei bis fünf Mal mehr sind. Warum sind es drei bis fünf Mal mehr? - Weil es sehr viele Menschen in Wien gibt, die gar keine Anspruchsberechtigung auf ein Wohn-Ticket in Wien schaffen. Das heißt, es gibt wahrscheinlich drei bis fünf Mal mehr Wohnungssuchende für sozialen Wohnraum, man kommt also eigentlich schon auf eine Zahl von 100.000, und dabei ist der Neuzuzug nach Wien der letzten Jahre noch gar nicht berücksichtigt. - Daher stelle ich nachfolgend einige Beschussanträge.
Erstens: „Der Amtsführende Stadtrat der Geschäftsgruppe Wohnen, Wohnbau und Stadterneuerung wird aufgefordert, das Wiener Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsgesetz dahin gehend zu erweitern,
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