Gemeinderat, 10. Sitzung vom 27.06.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 108 von 121
Ich habe Ihnen genau zugehört, Herr Ulm, und daher war ich im positiven Sinne überrascht, dass Sie - und das ist ja in der Tat ein Thema, ich habe jetzt auch den Herrn Stadtrat mitschreiben gesehen - von einer Flexibilisierung der Bauordnung und der Stellplatzverpflichtung gesprochen haben. Das habe ich in einer solchen Klarheit von der ÖVP zum ersten Mal gehört!
Ja. Das ist ein Thema, das man sich anschauen muss! Es ist eine Frage der Grundhaltung, wenn man sagt, dass das bis zu einem gewissen Maß in der Verantwortung der Bauträger selber liegt. Niemand hat etwas davon, wenn es weitgehend leerstehende Garagen gibt.
Richtung Sozialdemokratie sage ich: Es macht Sinn, in Neubaugebieten ausreichend Garagen anzubieten, damit die Autos nicht auf der Straße herumstehen. Aber im Zuge eines geänderten Lebensverhaltens ist ein Umdenken notwendig, und das Dümmste ist es, 2,20 m unter der Erde Räume zu haben, die lange leerstehen. Ich glaube, allein die Gemeinnützigen haben eine eigene Organisationseinheit, die leerstehende Räume auf dem Markt bringt. Ein Stellplatz kostet heute in etwa 15.000 EUR. - Es ist also mit Maß und Ziel an dieses Thema heranzugehen. Wir werden uns das sehr gerne anschauen!
Ich möchte noch auf einen Punkt eingehen, der mir ein bisschen zu kurz kam, nämlich auf die Energieversorgung. Ich glaube, dass gerade im Wohnbau in der Vergangenheit sehr viel geleistet wurde. Wenn in Wien die CO2-Emissionen zurückgegangen sind, dann deswegen, weil heute in Neubauten der Energieverbrauch signifikant geringer ist als in älteren Bauten. Wenn jemand in einem Gründerzeithaus wohnt, die Fenster sanieren lässt, aber keine Plastikfenster will, dann zieht es halt ein bisschen hinein. In einem Neubau mit einer entsprechenden Dämmung haben wir wahrscheinlich nur ein Fünftel des Energieverbrauchs.
Es war wirklich beachtlich, was in der gemeinsamen Sitzung des Wohnfonds vorgezeigt wurde, was im Zusammenhang mit Sanierung möglich ist: Da geht es nicht um Reduktionen von 30 oder 40 Prozent, sondern von mehr als 70 bis 80 Prozent! Und für jede Kilowattstunde, die wir nicht verbrauchen, muss Wien nicht nach Russland oder nach Saudi-Arabien zahlen, sondern es gibt Wertschöpfung in Wien, und ich glaube, das ist sehr intelligent!
Darüber hinaus sollten wir nachdenken - und das geht jetzt über den Wohnbau hinaus und zeigt die Verflechtung von Planung und Wohnbau mit Energieversorgung und den Stadtwerken -, wie diese zukünftigen Stadtteile, die ich jetzt alle gar nicht aufzählen möchte, ohne fossile Energieträger mit Wärme im Winter und - was zunehmend ein Thema wird, und zwar nicht nur betreffend Büros - auch mit Kälte im Sommer versorgt werden können. Diesbezüglich gibt es sehr interessante Konzepte, die aber - das sage ich jetzt auch in Richtung des Herrn Stadtrats - bedingen, dass man jetzt für die Errichtung mehr Geld in die Hand nehmen muss.
Spannende Frage: Soll das der Wohnbau tun? - Nicht zwingend! Dafür gibt es aber dann auf 30, 40 oder 50 Jahre überhaupt keine Energiekosten.
Ein kleines Beispiel zur Energieversorgung: Ich spreche vom Bau an der „Siemens-Ecke“: Daneben - und zwar wirklich daneben - ist Siemens mit einem großen Datencenter. Es ist sogar schon ein Tunnel gelegt worden, weil der Grund ja ursprünglich von Siemens als Betriebserweiterungsgebiet geplant war. Dort könnte man eigentlich relativ einfach die Abwärme des Datencenters nutzen. Wer soll das aber finanzieren? Soll das der Wohnbau finanzieren? Sollen das die Stadtwerke übernehmen? Soll das Siemens übernehmen? - Ich glaube, in diesem Zusammenhang haben wir ganz große Aufgaben vor uns! Wir haben uns ja schon vorgenommen, uns im Zuge der Neubauverordnung die Gesamtlebenskosten noch einmal anzuschauen und, ohne die Wohnungskosten zu erhöhen, zu intelligenten Bereichen zu kommen.
Ich komme ganz kurz zum Eigentum. - Ich verhehle es nicht: Ich habe dazu jetzt zwar keine Statistik, aber mein Eindruck, Herr Kollege Ulm, angesichts der Projekte, mit denen wir zu tun haben, ist, dass momentan wirklich sehr viele Eigentumswohnungen gebaut werden. (GR Dr. Wolfgang Ulm: Freifinanzierte Eigentumswohnungen!) Ja, freifinanzierte!
Ich meine, dass es in der Tat das Schöne an Wien ist, dass man Wahlmöglichkeiten hat, dass es auch große Preisbänder gibt und dass es gut ist, dass Eigentumswohnungen auf den Markt kommen. Warum sollen jetzt aber sozusagen oben knappe öffentliche Mittel - ich komme dann zu den Zahlen - dafür verwendet werden, um Eigentumswohnungen zu bauen, die langfristig auf dem freien Markt sind und deswegen auch teuer sind, wenn sie - Stichwort Vorsorgewohnungen - vermietet werden? Ich glaube, dass wir unsere knappen öffentlichen Mittel eher im preislich gebundenen Bereich konzentrieren müssen und nicht im Eigentumsbereich!
Es hat zwar jetzt noch kein Freiheitlicher gesprochen, trotzdem möchte ich mir jetzt etwas anschauen, weil sich die Freiheitlichen auch im Wohnbauausschuss sehr engagiert zu Wort melden. - Es ist ja immer spannend, was eine Partei, wenn sie in Regierungsfunktion kommt, umsetzt. Ich spreche jetzt sozusagen aus eigener Erfahrung: Solange man in der Opposition ist, kann man ein breites Band an Dingen fordern. Wofür das Herz jemandem aber wirklich brennt, sieht man, wenn er in der Regierung ist.
In einigen Städten sind jetzt die Freiheitlichen in der Regierung, und daher schaue ich mir nun zum Beispiel an, was sie in Linz tun. Ich habe das heute kurz herausrecherchiert. Die Nummer 2 in Linz, der unter anderem für Wohnbau verantwortliche StR Markus Hein ist an die Öffentlichkeit getreten und hat gesagt, dass man die Kreativität nicht einschränken darf und es keine Denkverbote im Wohnungsbereich geben darf. Deswegen hat FPÖ-Stadtrat Hein einen Vorschlag gemacht. Und was ist der Vorschlag, den StR Hain macht? - Hein schlägt vor, die Gemeinnützigkeit der zu 95 Prozent stadteigenen Wohnungsgesellschaft aufzuheben. - Zitat: „Dann
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