Gemeinderat, 10. Sitzung vom 27.06.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 71 von 121
in Wien die meisten Menschen Mindestsicherung beziehen.
Aber natürlich, wie gesagt, braucht es die Änderung auf Bundesebene, und vor allem muss die Mindestsicherung Bundeskompetenz werden. Was die Bundesländer in den letzten Monaten hier veranstalten, dieses Sozialdumping, dieses gegenseitige Übertrumpfen an Verschärfungen für anerkannte Flüchtlinge, diese negative Standortspirale, das ist wirklich zum Schämen. Österreich fordert Solidarität und eine gerechte Verteilung der Flüchtlinge in Europa, schafft es aber nicht einmal selbst, hier im eigenen Land zu einer gemeinsamen Lösung zu kommen. Hier muss man rasch agieren, um dieses unwürdige Schauspiel zu beenden. (Beifall bei den NEOS.)
Viertens: Wir brauchen auf Grund der aktuellen Flüchtlingssituation die Einführung einer Residenzpflicht für anerkannte Flüchtlinge und subsidiär Schutzberechtigte. Es muss klar sein, dass nicht alle anerkannten Flüchtlinge nach Wien kommen können. Beim besten Willen, das schaffen wir nicht. Es geht hier nicht nur um die Mindestsicherung und um die monetären Kosten, es geht ja auch darum, dass Wien das einfach nicht alleine stemmen kann. Derzeit sind 2.000 geflüchtete Kinder in Wiener Schulen, und bereits jetzt können nicht alle Kinder in Regelklassen untergebracht werden. Wien wächst, und die Infrastruktur für so viele weitere Menschen, für so viele Schulkinder, die von heute auf morgen untergebracht werden müssen, ist noch nicht da und wird auch sehr schwer herzustellen sein und ist noch nicht vorhanden. Es fehlen auch das Lehrpersonal, die Gebäude und der Raum.
Auch in anderen Bereichen wird es schwierig werden. Bereits jetzt gibt es zu wenig leistbaren Wohnraum, und Wien hat bereits die höchste Arbeitslosigkeit, gerade im Bereich der geringqualifizierten Personen. Es ist einfach sinnvoller, wenn geflüchtete Menschen zunächst dort bleiben, wo sie bessere Chancen auf einen Job haben, zum Beispiel im Westen Österreichs, wo gerade der Tourismus Arbeitskräfte sucht. Eben erst wurden ja auf Bundesebene die Bedingungen für Saisonarbeiter aus Drittländern verschärft, hier wird also ein großer Bedarf an Arbeitskräften entstehen. Sollten anerkannte Flüchtlinge woanders fündig werden und eine Arbeitsstelle finden, wunderbar, dann gilt die Residenzpflicht natürlich nicht. Sie gilt nur, solange staatliche Sozialhilfeleistungen bezogen werden.
Genauso wie es auf europäischer Ebene Sinn macht, Solidarität einzufordern und eine faire Lastenverteilung zu verlangen, genauso verhält es sich auch auf österreichischer Ebene. Diese vier Baustellen müssen endlich angegangen werden, und Wien muss endlich den Kopf aus dem Sand ziehen und handeln und ein bisschen mehr Mut beweisen. Vielen, vielen Dank. (Beifall bei den NEOS.)
Vorsitzender GR Mag. Gerald Ebinger: Es wären theoretisch noch 2 Restminuten für die NEOS. Als Nächster zu Wort gemeldet hat sich GR Herr Mag. Juraczka zu seinen üblichen 10 Minuten. (GR Mag. Manfred Juraczka: Was heißt das?) Entschuldigung. Bitte schön.
GR Mag. Manfred Juraczka (ÖVP): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich möchte an dieser Stelle jetzt nicht den Bereich der Sozialpolitik erörtern. Ich habe das heute schon mehrfach an anderer Stelle getan und meinen Missmut über die Entwicklung bei den Mindestsicherungsbeziehern, aber vor allem auch meinen Missmut über die Situation am Arbeitsmarkt kundgetan. Ich möchte mich heute und jetzt und hier der Gesundheitspolitik widmen, obgleich ich schon feststelle: Ich bin nicht Mitglied des Ausschusses, ich bin jetzt nicht ausgewiesener Gesundheitsexperte. Ich stehe hier quasi als Vertretung unserer Kollegin Korosec, die sich nicht schon vorzeitig in den Urlaub verabschiedet hat, nein, ganz und gar nicht, sondern die heute als Präsidentin des Seniorenrates Aufgaben wahrzunehmen hat. Ich bedaure, dass man nicht die Flexibilität gefunden hat, Gesundheit aus diesen Gründen ein bisschen in der Tagesordnung umzuschichten, aber sei es drum. (GR Kurt Wagner: Das haben wir in der Vergangenheit schon öfters gemacht!) Entschuldigung, Herr Kollege! (GR Dkfm. Dr. Fritz Aichinger: Aber heute nicht!) Nicht so wehleidig sein, ich erlaube mir nur, auch Gedanken fertigzuformulieren. So schlimm war es auch nicht, was ich hier zum Ausdruck gebracht habe, es hat jedenfalls allemal eine gewisse Begründung. (Beifall bei der ÖVP.)
Aber schauen wir uns doch an, was es auch für den interessierten Laien in der Gesundheitspolitik in dieser Stadt alles gibt, was Grund zu Sorge gibt. Manche meiner Vorredner, vor allem Kollege Lasar, haben es durchaus schon deutlich gemacht. Ich erinnere beispielsweise, für uns alle durchaus gut in Erinnerung, an die Vorgänge rund um das neue Arbeitszeitgesetz, als hier fast wöchentlich Ärzte am Haus vorbeigezogen sind, demonstriert haben, weil sie sich einfach eingebunden gefühlt haben, wie man als Krone dieser damaligen Diskussion von Seiten des KAV ein Rundmail ausgeschickt hat: Liebe Ärzte, wer von euch sich zu dieser Gesetzesnovelle auch nur äußert, über den PC im Spital, bei KAV-internen Diskussionsforen, dem drohen wir hier und jetzt mit diesem E-Mail den Jobverlust an.
Das war damals eine kurze Empörung seitens der Opposition, aber es wurde einfach als gottgegeben hingenommen, wie man mit den Mitarbeitern hier in dieser Stadt umgeht. Das sage ich gerade deshalb, weil von Seiten der Sozialdemokratie durchaus zu Recht immer auf die gute Arbeit der Mitarbeiter hingewiesen wird. Bei den Ärzten geht man ganz anders mit ihnen um. Auch der Kollege Meidlinger hat das, was er sonst so gut kann, klassenkämpferisch gegen die Unternehmer oder für die Mitarbeiter dieser Stadt zu kämpfen, tunlichst vermissen lassen. Das nur am Rande gesagt.
Ich kann mich auch sehr gut erinnern, es war im Jahr 2013, als wir als ÖVP eine Studie von der EcoAustria über massives Einsparungspotenzial im Bereich gerade der Gesundheit präsentiert haben. Ich kann mich da noch gut erinnern, als von diesem Ort hier die Frau Finanzstadträtin Brauner gemeint hat: Ja, Studien sind geduldig. Zeigt mir die Studie, dann kann ich mich ja
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