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Gemeinderat, 10. Sitzung vom 27.06.2016, Wörtliches Protokoll  -  Seite 68 von 121

 

Kinder sind. Ich weiß, was da geleistet wird, und wie da Mut und Zuversicht aufgebaut werden, und wie wir uns um diese Jugendlichen kümmern. Und auch dafür gebührt der MA 11 Dank und Anerkennung. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Aber lassen Sie mich zu einem strittigeren Bereich kommen, einer, der mich schon bewegt, weil er so ein bisschen ein Kernelement von Armutsbekämpfung ist, nämlich die Bedarfsorientierte Mindestsicherung. Für den Fall, dass es jemand nicht weiß und für die Information der Öffentlichkeit: Was ist das, die Bedarfsorientierte Mindestsicherung? - Das sind 873,76 EUR für einen alleinstehenden Menschen, das beinhaltet bereits 209,44 EUR Wohnungsgeld, 838, und dabei sind 209 EUR Wohnungsgeld. Üppig ist das nicht, möchte ich sagen. Und dann kommt, wenn das eine Familie ist, etwas dazu, und zwar in Wien für jedes Kind 226,20 EUR.

 

Meine Damen und Herren, was ich nicht verstehe, ist, dass es dann Leute gibt, die darüber zu diskutieren anfangen, dass für ein Kind 226,20 EUR zu viel sind, und man das ab dem zweiten Kind deckeln und einsparen muss. Das halte ich für unsozial und erbärmlich, und ich bin dankbar, dass wir in Wien einen Weg gehen, dass wir genau das nicht machen, dass wir das verteidigen, zum Schutz der Wiener Bevölkerung und zur Armutsbekämpfung.

 

In Wirklichkeit ist es so, dass ein Wiener Haushalt 575 EUR Bedarfsorientierte Mindestsicherung bekommt, beziehungsweise eine Person 311. Das hängt damit zusammen, das wurde heute schon mehrfach gesagt, dass die Einkünfte aus unselbstständiger Arbeit auch auf Grund der hohen Teilzeitquote, aber auch auf Grund der geringen Gehaltsabschlüsse so sind, dass 90 Prozent der Leistungen, die die Bedarfsorientierte Mindestsicherung gibt, Bezuschussungen sind.

 

Da schlagen in meinem Herzen zwei Meinungen. Die eine ist, das ist gut, denn damit bekämpfen wir Armut, und das ist eine feine Sache. Die zweite ist, das ist nicht gut, denn in Wirklichkeit müssten wir uns das Geld woanders holen, nämlich bei der Wirtschaft, die traumhafte Gewinne schreibt. Wenn heute gesagt worden ist, die Lösung wäre - das hat ja die Finanzstadträtin gesagt -, nicht die Bedarfsorientierte Mindestsicherung ist zu hoch, die Löhne und Gehälter sind zu nieder in einem Hochlohn- und Hochpreisland, dann ist das in Wirklichkeit die Wahrheit und ein Auftrag an uns alle.

 

Dann trennt sich natürlich die Spreu vom Weizen, denn dann höre ich plötzlich: Na ja, man darf die Wirtschaft nicht überfordern. Die Wirtschaft, die Gewinne macht, dass man nur so schaut und die gleichzeitig … Das ist heute auch schon gesagt worden, der Kollege Gara war das, glaube ich. Sie haben gesagt: Wirtschaft schafft Arbeitsplätze. Als Nebenprodukt allerdings! Wirtschaft schafft Gewinn, die Arbeitsplätze sind das Mittel dazu, und wenn der Gewinn nicht so sprießt, dann werden sie abgebaut, und damit sind wir dann wieder bei der Bedarfsorientierten Mindestsicherung.

 

Immer so zu tun, als wäre die Wirtschaft der Heilsbringer und der, der den Arbeitnehmern die Arbeitsplätze schenkt, ist eine Verkehrung der Tatsachen. Die Werte werden von den Arbeitnehmern geschaffen, und die Wirtschaft nimmt die Gewinne. (GR Dkfm. Dr. Fritz Aichinger: Die Wirtschaft schafft die Voraussetzung!) Das ist schon auch wahr, und ein besserer Beitrag der Wirtschaft zum Einkommen der Menschen wäre in Ordnung. (Zwischenruf von GR Dipl.-Ing. Dr. Stefan Gara.) Genau, immer, wenn ich etwas sage, was weh tut, wird es laut, das ist das Problem.

 

Wir haben in Wien 180.000 Bedarfsorientierte MindestsicherungsbezieherInnen und -bezieher, und unser Ziel wird es natürlich nicht sein, dass diese Zahl so bleibt, sondern dass man die Zahl senkt, und zwar nicht dadurch, dass wir den Bezieherkreis der Bedarfsorientierten Mindestsicherung einschränken, sondern dadurch, dass wir insgesamt politisch zu Einkünften kommen, die die Bedarfsorientierte Mindestsicherung nicht notwendig machen.

 

Ich spare mir jetzt eine detaillierte Beschreibung, welche Sanktionen es gibt, die sind bekannt. Wir haben über 8.000 Fälle pro Jahr, wo Bedarfsorientierte Mindestsicherung aberkannt wird, entweder ganz oder teilweise, weil in Wien alle 3 Monate streng überprüft wird; so viel dazu. Also Bedarfsorientierte Mindestsicherung ist kein Geschenk, Bedarfsorientierte Mindestsicherung ist etwas, was wir wohlüberlegt und mit guten Gründen geben.

 

Lassen sie mich noch etwas zu den Diskussionen, die jetzt zum Thema Bedarfsorientierte Mindestsicherung in Österreich stattfinden, sagen, da gibt es ja offensichtlich zwei Strategien. Die eine Strategie lautet, dass man in einem Landtag eine Deckelung für eine bestimmte Bevölkerungsgruppe beschließt. Meine Damen und Herren, wir werden sehen, wie die Gerichte das beurteilen, aber ich habe den dringenden Verdacht, dass es verfassungswidrig ist. Aber schauen wir einmal, das werden die Richter entscheiden.

 

Die andere Variante ist, dass im Vorfeld der 15a-Verhandlungen hergegangen und gesagt wird: Okay, wir deckeln die Bedarfsorientierte Mindestsicherung für alle. Nicht nur beispielsweise für Flüchtlinge oder für neu Zugewanderte, sondern für alle, um damit Druck auf das gesamte Sozialsystem ausüben zu wollen. Dann kommt heraus, dass acht Bundesländer das nicht wollen, und eines schon. Frau Landesrätin, danke für die Standhaftigkeit gegen diesen Anschlag auf das Sozialsystem, denn dahinter steckt eine billige Taktik. Selber herzugehen und die Leistung zu senken, um damit indirekt alle Notleidenden dieser Erde nach Wien zu treiben und damit Wien in finanzielle Schwierigkeiten zu bringen, das ist ein durchsichtiges Konzept, meine Damen und Herren, und das werden wir zurückweisen, das werden wir ablehnen und das werden wir mit allen Mitteln bekämpfen. Bei den Verhandlungen in diesem Zusammenhang viel Glück und Kraft! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Letztendlich: Das Jahr 2015 war ein Jahr, in dem viele Flüchtlinge nach Österreich und gerade auch nach Wien gekommen sind. Von Sommer 2015 bis Ende 2015 waren in Wien in 8.000 Unterbringungsplätzen 300.000 Schutzsuchende mit insgesamt 640.000 Übernachtungen zu verzeichnen. Meine Damen und Herren, diese

 

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