Gemeinderat, 10. Sitzung vom 27.06.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 58 von 121
oder Griechenlands erklären, die keine Ausbildung und keine Arbeit haben. Wir haben nach wie vor in diesem Europa Gegenden, wo junge Menschen überhaupt keine Zukunftsperspektive haben. Das kann man doch bitte nicht behaupten, außer man verweigert den Blick auf die Realität. Jawohl, wir haben nach wie vor wirtschaftlich schwierige Zeiten und wir müssen gemeinsam dagegen ankämpfen.
Kollege Blümel - er ist jetzt wieder einmal nicht da, aber ich gehe trotzdem sehr gerne darauf ein. (GR Mag. Dietbert Kowarik: Wie der Bürgermeister!) Er hat nämlich von den Phantasiezahlen gesprochen, die ich angeblich dem Wirtschaftskammerpräsidenten vorgeworfen habe, als er - so wie auch viele der Opposition - hier gesagt hat, die Stadt wird eine halbe Milliarde Abgang und Neuverschuldung machen. Und Sie haben dann zitiert - ich spreche ihn jetzt einfach an, Sie werden es ihm erzählen -, ich hätte damals gesagt: Rechnen hilft! Ja, Rechnen hätte auch da geholfen, denn, jawohl es stimmt, unser Schuldenstand steigt um 528 Millionen, aber davon sind - und das habe ich ganz klar erläutert, das steht im Schuldenbericht, das steht im „Wien 1x1“ - 183 Millionen ausschließlich die Bewertung der Schweizer Franken, und damit bleibt ein weit geringerer Betrag zurück. Ich kann mich also nur selbst zitieren: Ja, Rechnen hilft, und nein, es sind keine Phantasiezahlen, sondern es ist die Realität, und den Stabilitätspakt mit den 212 Millionen des strukturellen Defizits halten wir selbstverständlich ein.
Und was mich wirklich erschüttert hat - nicht bei allen, das möchte ich jetzt auch sagen - bei einigen Diskutanten der ÖVP, ist, dass wir es hier mit einer Kaltschnäuzigkeit zu tun haben, wie über die Ärmsten in dieser Stadt, über die Kinder, über die Bedarfsorientierte Mindestsicherung gesprochen wird, dass das wirklich ein neuer Wind ist, der hier weht. Ich verstehe schon, dass man mit Ihren Prozenten einen neuen Wind in die Partei bringen muss, aber bitte nicht diesen. (GR Mag. Manfred Juraczka: Letzte Wahl haben Sie auch nicht 100 Prozent gehabt! Aufpassen!)
Da kann ich nur Ihren eigenen Parteigranden Herrn Heinrich Neisser zitieren, der gesagt hat: „So darf sich die ÖVP nicht mehr christlich-sozial nennen.“ Da muss ich sagen, ich bin in wenigen Fragen mit dem Herrn Neisser einer Meinung, aber da bin ich es, und ich sage, leider. Ich bedauere es, ich möchte sehr gerne, dass es in diesem Gemeinderat eine ÖVP gibt, die mit Ihren auch sozialen und christlichen Grundwerten eine offensive Wirtschaftspolitik macht und eine Partnerin ist, aber so nicht. Und ich meine nicht alle. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN. - GR Mag. Dietbert Kowarik: Man muss ja froh sein, dass es überhaupt noch eine ÖVP gibt!)
Und zum Herrn Gudenus, der zwar lange irgendwie mit vielen Rankings herumzitiert hat: Er hat dann von einem Ranking erzählt, wo Wien nur mehr auf Platz 16 oder so ist, hat aber zu erwähnen vergessen, dass insgesamt nur 6 europäische Städte unter den Top 25 sind. Aber wie Kollege Margulies richtig gesagt hat, mit Rankings kann man sich eben immer gegenseitig Geschichten erzählen.
Tatsache ist, die Rede war wie die meisten Reden der Freiheitlichen das übliche Sammelsurium: Vorwürfe, Behauptungen, falsche Zahlen. Und falsche Zahlen möchte ich an einem Beispiel erläutern, bei den berühmten Schweizer Franken. Hier wurde gesagt, wir haben jetzt durch die Brexit-Entscheidung und die Veränderung, die sich auf die Kurse ergeben, eine Kursdifferenz von 80 Millionen. Tatsache ist, sehr geehrte Damen und Herren - und alleine die Zahl zeigt, was man von dem zu halten hat, was die FPÖ sagt -, dass es zwischen dem Ultimo, der natürlich logischerweise korrekt in unserem Rechnungsabschluss drinnen ist, und letzten Freitag, am 24.6., eine Differenz von 4,6 Millionen gibt. Die FPÖ sagt 80, wahr ist 4,6. (GR Mag. Manfred Juraczka: Das ist am Donnerstag! So einfach ist das!) Und so viel ist von dem zu halten, was Sie sagen, sehr geehrte Damen und Herren.
Bei der ganzen Wortmeldung ist einem eigentlich nur ein Zitat eingefallen, das mittlerweile ein bisschen so zum Grundsatz der FPÖ wird, nämlich das berühmte Zitat: Was ist Ihre Leistung? - Denn da war kein einziger konstruktiver Vorschlag. Wenn Sie jetzt sagen: Wir haben so viele Anträge eingebracht! - Ja, das stimmt schon, aber es sind alles immer nur Anträge, was wir alles nicht wollen und kein konstruktiver Vorschlag. Ich verstehe schon, dass man frustriert ist, weil man eine riesige Ankündigung getätigt hat, dass man jetzt die Ablöse machen wird und im Rathaus die Mehrheit haben wird, und dann ist es nicht so. Ja, das ist natürlich für die Betroffenen unangenehm, für uns nicht, und ich kann Ihnen sagen: Wir werden garantieren, dass es auch weiter so bleibt, sehr geehrte Damen und Herren.
Zum Kollegen Ornig: Da war ich jetzt ein bisschen überrascht, Sie sind ein Mann der Wirtschaft und haben da ja sehr viel Ahnung. Dass Sie auch im Rechnungsabschluss Bewertungen und Neuverschuldungen durcheinanderbringen, hat mich ein wenig erschüttert. Vielleicht können wir das bei anderer Gelegenheit noch einmal diskutieren. (Zwischenruf von GRin Mag. Beate Meinl-Reisinger, MES.) Ich habe erhofft, dass irgendjemand - Sie zum Beispiel - nicht die vorbereitete Rede hält und runterliest, sondern zum Beispiel auf die Argumentation eingeht, bei der ich bewusst den IWF zitiert habe. Oder glauben Sie vielleicht auch, die Energiekrise und die Weltwirtschaftskrise, das hat alles die Brauner gemacht? IWF-Chefin bin ich nicht, sondern das ist schon jemand anderer und hat diese Position vertreten, und ich habe erhofft, dass irgendjemand auf diese Argumente eingeht. Das ist leider nicht passiert, aber vielleicht haben wir bei anderer Gelegenheit einmal Möglichkeit, über diese Positionen zu diskutieren, über diese Kritik von ungewohnter Ecke an dieser Austeritätspolitik.
Herr Juraczka, ich hätte jetzt viel zu sagen, meine Zeit erlaubt es nicht. Sie haben mich gebeten, ich soll Ihnen Beispiele nennen, wo wir konsolidieren und wo wir einsparen. (GR Mag. Manfred Juraczka: Ja!) Ich nehme das plakativste und deutlichste Beispiel, weil ich einfach nicht mehr so viel Zeit habe. Wien ist in den letzten zehn Jahren um Salzburg gewachsen, und wir haben keine Erhöhung des Personalstandes. Zeigen Sie mir einmal
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