Gemeinderat, 10. Sitzung vom 27.06.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 37 von 121
mentarismus in dieser Stadt, die Geschäftsordnung von Gemeinderat und Landtag dahin gehend zu ändern, auch die Möglichkeit auf geheime Abstimmungen zu ermöglichen: Der Gemeinderat der Stadt Wien spricht sich daher für die grundsätzliche Möglichkeit der Durchführung von geheimen Abstimmungen im Wiener Gemeinderat aus, dem zufolge eine entsprechende Adaptierung der Geschäftsordnung des Wiener Gemeinderates angestrebt wird. (Beifall bei der ÖVP.)
Und damit bin ich schon beim dritten Punkt. Ich hätte das eigentlich in der Generaldebatte einbringen wollen, muss aber gestehen, in der Hitze des Gefechtes habe ich es vergessen. Nachdem ich aber wusste, dass ich heute noch einmal den Weg zum Rednerpult finde, war es keine große Dramatik. Es geht um ein Thema, das uns besonders wichtig ist, um die Reform der Bedarfsorientierten Mindestsicherung. Und, meine Damen und Herren, im wirklichen Fokus dieser notwendigen Reform steht für mich und für meine Fraktion die Deckelung auf 1.500 EUR. Da geht es nicht darum, dass man Menschen nicht das Notwendigste zum Überleben gibt. Diese 1.500 EUR Deckel sind durchaus mit Bedacht gewählt, es handelt sich um das österreichische Meridianeinkommen. Und jetzt kann man es natürlich so machen und sagen, ja, wenn die Kluft zwischen Arbeitseinkommen und Sozialunterstützung zu klein ist, dann zahlen wir einfach, denn wir drucken das Geld ja am Bankomaten, dann muss man einfach höhere Löhne zahlen. Aber wenn man wirtschaftspolitisch redlich agiert, dann sollte man sagen, dieser 1.500 EUR Deckel sollte genug sein, als Trampolin, also Hilfe zur Selbsthilfe. Und wenn immer davon gesprochen wird, die Kinder würden dadurch in Mitleidenschaft gezogen: Na, selbstverständlich kommt die Kinderbeihilfe da natürlich noch als Add-on dazu. Ich glaube aber, dass es wichtig ist, den Menschen vor Augen zu führen, dass die Mindestsicherung kurzfristig Überbrückungshilfe, Starthilfe sein soll, aber nichts, in dem man längerfristig verharren soll. Und dass die Arbeitsplätze da sind, das ist unser Job. Nein, ich präzisiere, eigentlich ist das Ihr Job, Frau Stadträtin, aber es kann nicht sein, dass man den Arbeitsmarkt abschafft und durch ein überbordendes Sozialsystem substituiert. - Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Mag. Gerald Ebinger: Zu Wort gelangt Frau GRin Mag. Huemer. Selbstgewählte Redezeit sind 5 Minuten.
GRin Mag. Barbara Huemer (GRÜNE): Knackige 5 Minuten stehen mir zur Verfügung.
Den Arbeitsmarkt abschaffen - Herr Juraczka, ich glaube, das glauben Sie ja selbst nicht, was Sie da sagen. Das ist doch ein Schwachsinn. Es gibt einen Arbeitsmarkt in Wien. Man kann grundsätzlich darüber diskutieren, ob der Arbeitsmarkt ein Markt ist, aber es gibt hier Arbeitsmarkt und Beschäftigung. Es ist heute schon mehrmals angesprochen worden, das Thema Arbeitslosigkeit zu bekämpfen, ist ein vordringliches, das wir im rot-grünen Wien hier auch angehen und mit voller Energie bearbeiten, und Wien ist nicht Schlusslicht, sondern Wien ist Vorreiterin in dieser Funktion. Der Wiener ArbeitnehmerInnen Fonds ist schon seit über 25 Jahren ein fixes Instrument der Wiener Arbeitsmarktpolitik und einzigartig in allen Bundesländern. So etwas gibt es nirgends. Also das muss man einfach offenbar immer wieder erwähnen, denn sonst bleiben hier falsche Meinungen stehen.
Ich möchte an dieser Stelle den Dank an die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des WAFF richten, die wirklich ausgezeichnete Arbeit leisten, wenn es darum geht, die Menschen in Veränderungsprozessen am Arbeitsmarkt zu unterstützen, und die auch immer wieder neue Ideen bringen, wie sie das besser machen können.
Aber hauptverantwortlich für die Arbeitsmarktpolitik auch in Wien, sehr geehrte Damen und Herren, ist der Bund beziehungsweise das AMS. Und wenn hier von steigender Arbeitslosigkeit ausgegangen werden muss, und die Zahlen das ja auch belegen, dann ist es wohl naheliegend, dass, um diese Aufgaben, diese großen Aufgaben, die hier anstehen, zu bewältigen, mehr Mittel notwendig sind. Und diese Mittel, sehr geehrte Damen und Herren, die sollten eigentlich vom Finanz- und Wirtschaftsminister kommen, aber dort werden sie gesperrt. Gesperrt, sodass das AMS keine Mittel hat, um entsprechend Personal aufzustocken, das es braucht, um entsprechend die Maßnahmen zu setzen, die wir brauchen, um eine erfolgreiche Integrationspolitik zu machen, um Maßnahmen zu setzen, die auch den Spracherwerb stärker fördern. Denn das sind alles Forderungen, die ich von Seiten der Opposition höre, dass sie notwendig sind, aber ohne Geld gibt es das halt nicht. (GR Mag. Dietbert Kowarik: Wer kriegt das Geld?!) Mein Appell an den Bund ist also, hier entsprechend zu handeln und verantwortungsvolle Politik zu machen.
Dann wird hier immer das Thema München beziehungsweise Deutschland angesprochen. Welche Ursachen, sehr geehrte Damen und Herren, haben wir, warum in Wien der Arbeitsmarkt stärker wächst als das Arbeitsplatzangebot? Wir haben vermehrt Frauen, die in den Arbeitsmarkt drängen. Wollen Sie Frauen verbieten, stärker erwerbstätig zu sein? Wir haben verstärkt ältere Menschen, die arbeiten gehen. Wollen Sie denen verbieten, dass sie arbeiten gehen? Und wir haben natürlich auch verstärkt MigrantInnen, denn wir leben in einer Erwerbsgesellschaft und in einer Erwerbsgesellschaft basiert die Integration in die Gesellschaft ganz stark über Arbeit. Daher müssen wir hier Vorsorge treffen und Unterstützung und Beschäftigung schaffen. Und das macht Wien.
Natürlich können wir immer noch mehr machen, aber die Rahmenbedingungen - Kollege Margulies hat es ja auch schon angesprochen - sind nicht allein von Wien zu lösen. Ich spreche sie hier trotzdem noch einmal an. Wir haben es mit einer Bankenkrise zu tun. Brexit ist nur ein Beispiel, dass der Wirtschaftsraum in Europa weiterhin geschwächt bleiben wird. Wir haben das neoliberale Wirtschaftsmodell nach wie vor in der EU verankert. Dieses neoliberale Wirtschaftsmodell hat sein Versagen längst bewiesen: Wachstumsfetischismus, Marktfetischismus, das sind alles Dinge, von denen wir uns verabschieden müssen, um auch hier in Wien eine bessere Politik machen zu können.
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