Gemeinderat, 10. Sitzung vom 27.06.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 16 von 121
gang Jung: Aber wenn man dafür Schulden machen muss ...)
Tatsache ist aber auch: Wenn man jemandem hilft, ist es zuerst eine Investition von deinen Gefühlen, von deiner Zeit. Wenn jemand am Bahnhof gestanden ist mit „Train of Hope“ oder den NGOs, dann ist das eine Investition von Zeit von den Menschen, die das machen. Logisch, die haben dann nicht mehr Freizeit gehabt, sondern sie waren dort in ihrer Freizeit.
Und ja, wenn Zehntausende nach Wien kommen, dann kostet das Geld! Das hat Renate Brauner gesagt. Jetzt haben Sie immer gesagt, man soll nicht so tun, als wäre nichts, man muss Wahrheit und Fakten benennen. Dann kommen die Fakten, und dann heißt es: Sie hat gesagt, die sind schuld, ja, die sind schuld, dass sie das machen. Und zu Recht hat sie sich aufgeregt! Zu Recht hat sich Renate Brauner aufgeregt, weil es eine Unterstellung ist. Sie hat einfach die Fakten zusammengerechnet, und es wird da als Vorwurf formuliert.
Ja, es kostet Geld, hunderttausenden Menschen zu helfen. Wir müssen schauen, dass wir Wohnraum schaffen, wir müssen schauen, dass wir die Leute in den Schulen unterbringen. Momentan braucht es leider oft BMS. Auf lange Sicht ist das eine Investition - das sagen nicht irgendwelche linken Kommunisten, sondern das sagt die Credit Suisse!
Auf lange Sicht ist das für Europa sogar - abseits dessen, dass man selbstverständlich einer Familie hilft, wenn sie flüchtet und fast ertrinkt. Das ist ja sowieso ein Wahnsinn, dass man darüber reden muss, ob man den Leuten helfen soll. Wo man überhaupt hingekommen ist, dass man das diskutieren muss, wie vielen man helfen soll! Mensch, wenn vor mir einer stolpert, dann helfe ich dem auf. Und der Zweite stolpert auch. Ich kann ja nicht dem Zweiten draufsteigen.
Das ist ja die Politik, die von da kommt: vielleicht einem oder zwei helfen, aber irgendwann ist das Ding fertig. Dann ertrinken sie! Ja, und viele, dauernd. Passiert jetzt auch, während wir hier sitzen, wahrscheinlich. (GR Dominik Nepp: Suggerieren Sie dann nicht, dass es hier besser ist!)
Die Wahrheit und die Fakten sind erstens: Wien hilft! Zum Glück durch breite, breite Unterstützung, von NGOs, von den offiziellen Stellen und von ganz, ganz vielen, die privat geholfen haben. In Wien wollen die Leute auch helfen, auch deswegen wohne ich gerne hier.
Die Fakten - zwischendurch immer Fakten! Dass der Schuldenstand in Niederösterreich pro Kopf viel höher ist als da - wurscht, dort ist die ÖVP zuständig. Da ist es ganz schlimm, dort ist es aber in Ordnung. Dass der Schuldenstand in der Steiermark höher ist, ÖVP-SPÖ-Regierung - wurscht, denn da ist es viel schlimmer!
Da werden keine Zahlen verglichen, dass natürlich Salzburg und Kärnten durch die zwei Finanzskandale - das eine Mal federführend die Freiheitliche Partei, die ein ganzes Bundesland so versenkt hat, dass wir das alle zahlen! Das zahlen ja die WienerInnen und die Niederösterreicher (GR Wolfgang Irschik: Dass die GRÜNEN mitgestimmt haben, muss man dazusagen!), und alle zahlen das ja mit.
Es ist schon okay, dass wir das mitbezahlen, weil sich die allein ohnehin nicht mehr retten können. Das ist die Solidarität unter neun Bundesländern, weil es allein nicht so gut geht. Weil man halt immer gemeinsam stärker ist und nicht im Kleinen, nicht im Dorf allein, nicht in der Stadt allein, aber auch nicht als Nationalstaat. Diese Vorstellung, dass kleine Staaten dann wahnsinnig stark auftreten können, ist halt jenseitig und wird in Wirklichkeit ohnehin von niemandem geteilt.
Wir haben sehr große Ausgaben im Bereich Bildung. Das fängt an beim Kindergarten, wo wir durch den Gratiskindergarten den Familien a) viel Geld ersparen, bis zu 3.000 EUR im Jahr für ein Kind. Jetzt muss man rechnen, dass Kinder im Schnitt eher drei Jahre im Kindergarten sind. Also eine Familie mit zwei Kindern, wenn Sie das hochrechnen: Die Ersparnis bei uns gegenüber Niederösterreich oder anderen Bundesländern ist riesig!
Wir haben in den letzten 7 Jahren, also seit es den Gratiskindergarten gibt, 19.000 Plätze geschaffen und haben jetzt über 83.000 Plätze für 0- bis 6-Jährige in den Krippen und Kindergärten. Das ist in Österreich Rekord! Von der Menge her sind wir ungefähr dort, wo wir hinwollten. Es wird trotzdem weiter ausgebaut, weil der Bedarf immer noch eine Spur höher ist. Und bei der Qualität muss man nachbessern, das wissen wir alle. Vielleicht sagt das auch irgendjemand noch, darauf wurde ja witzigerweise vorhin nicht eingegangen.
Das kostet auch Geld, das sind 757 Millionen EUR gewesen. Soll man das jetzt nicht machen? Ist irgendjemand der Meinung, man soll den Gratiskindergarten abschaffen, man soll den Leuten Geld verrechnen, man soll den Ausbau stoppen, die Qualität nicht verbessern? Nein, natürlich wollen Sie das auch! Sollen wir die 365 EUR einstampfen? Nein!
Wir dürfen aber keine Schulden machen. Wir dürfen keine zusätzlichen Einnahmen machen, kein Parkpickerl machen, nichts. Also die Einnahmen nirgends, wir müssen aber viel mehr investieren. (GR Mag. Manfred Juraczka: ... gesagt!) Nein, Ihre Sachen rechnen Sie halt nicht zusammen! Es ist ein bisschen so wie bei Boris Johnson, der am Tag danach dort steht, offensichtlich völlig verwundert über das Ergebnis, völlig planlos, hat keine Ahnung und sagt gleich (GR Mag. Manfred Juraczka: Aber Sie haben sich darüber aufgeregt, dass wir über Berlin reden!), er weiß auch nicht, wie, also auf jeden Fall nicht gleich. Jetzt haben sie zwar so gewählt, aber lieber nicht.
Das große Versprechen dort war: Wenn wir ausgetreten sind, dann haben wir 350 Millionen - so reden sie dort -, und die stecken wir dann in das Gesundheitswesen. Damit haben sie den ganzen Wahlkampf geführt. Es hört sich gut an, mehr Geld fürs Gesundheitswesen und für Bildung ist immer gescheit. Am nächsten Tag, nicht einmal 24 Stunden später, ich glaube, ungefähr 12 Stunden, nachdem das Ergebnis bekannt war, haben sie gesagt, nein, so war das nicht gemeint, natürlich nicht, Garantie können wir überhaupt keine geben. Das waren Vorschläge, die wir da gemacht haben, und das werden wir jetzt natürlich nicht tun.
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