Gemeinderat, 9. Sitzung vom 24.05.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 19 von 53
Tropfen auf den heißen Stein ist. Und ganz offen, ich verstehe ehrlich gesagt wirklich nicht, wieso man dieser Maßnahme, die wirklich ein gutes Projekt ist, auch co-finanziert wird, nicht zustimmen kann. Das wird mir ein Rätsel bleiben. Aber manche machen halt lieber Frontalopposition. (Beifall bei NEOS und GRÜNEN.)
Mein Kollege Wiederkehr hat auch schon den Bildungsnotstand in der Stadt angesprochen, und ich weiß, da wurde vorhin auch hin- und herdiskutiert was die Zahlen angeht. Also man muss schon wirklich ein bissel ein Sherlock Holmes sein, um herauszufinden, wie viele Jugendliche in Wien eigentlich arbeitslos oder de facto arbeitslos sind. Da haben wir jetzt einmal die Jugendlichen, die beim AMS gemeldet sind. Wir haben die Jugendlichen in den Schulungen. Wir wissen aber auch aus von uns extrapolierten Studien der Vergangenheit, wie viele Schulabbrecherinnen und -abbrecher es gibt, die gar nirgendwo da irgendwo aufscheinen. Also wir gehen jetzt einmal von 30.000 Jugendlichen in dieser Stadt aus. 30.000 Jugendliche, das heißt, der gesamte Bezirk Wieden! Der gesamte Bezirk Wieden sind jugendliche Arbeitslose! Das für die Gesellschaft darin enthaltene Sprengpotenzial ist in vielen Bereichen wirklich immanent! Nicht nur, dass es keine Perspektiven gibt. Für die Jugendlichen ist das natürlich ein Drama. Aber für die Gesellschaft und den gesellschaftlichen Zusammenhalt ist das wirklich ein Sprengpotenzial, und man muss dringend was machen.
Aber der Bildungsnotstand ist schon länger bekannt. Der Bildungsnotstand in dieser Stadt ist schon länger bekannt, weil ich nehme einmal an, dass bei diesen 30.000, die da arbeitslose Jugendliche sind, auch die darunter sein werden, immerhin ein Drittel aller, die die Pflichtschule verlassen und nicht gelernt haben, grad zu lesen und g‘scheit zu rechnen. Die haben ja auch keine Perspektive! Das ist ein Bildungsnotstand, der länger bekannt ist und, und das muss ich sagen, auch von der ÖVP auf Bundesebene, aber auch von der SPÖ in dieser Stadt, muss ich sagen, zu verantworten ist.
Ein zweiter Bereich, den ich aber ansprechen möchte, ist, ich habe heute auch sehr viel gehört, wie Sie gesagt haben, Sie vernetzen die unterschiedlichen Bereiche, es ist wichtig, hier zusammenzuarbeiten. Ich habe einen wesentlichen Bereich vermisst und das ist die Wirtschaft. Wir brauchen in dieser Stadt Jobs, Jobs, Jobs. Und wir brauchen die Mentalität, die Menschen, die aufstehen, ein Risiko eingehen, weil sie sich nicht bequemen und sagen, ich möchte einmal Beamter werden oder ich möchte einmal in der Mindestsicherung landen, sondern die sagen, ich gehe persönlich ein Risiko ein. Ich hafte. Ich mache etwas Neues, und ich leiste dadurch auch etwas für die Gesellschaft. Und diesen weiter Prügel vor die Füße legen, das tun Sie tagtäglich. (Beifall bei NEOS.)
Ich war gestern Abend bei einem Wirten in der Stadt essen. Der hat seit Jahr und Tag einen Schanigarten. Seit Kurzem sind vor dem Schanigarten Schrägparker und keine Längsparker. Jetzt muss diese Durchgangszone, wenn da Schrägparker sind, breiter sein als bei Längsparkern. Ja, ich meine, was ist denn das für ein Zustand? Sie wollen Arbeitsplätze in dieser Stadt und machen einem, der seit Jahr und Tag einen Schanigarten hat, das Leben schwer! Ich meine, Sie können sich ausrechnen, dass er, wenn das Wetter schön ist, mehr Gäste bewirten kann und so vielleicht ein Kellner mehr eingestellt wird. Und glauben Sie mir, trauen Sie den Wienern was zu! Es schaffen auch die Wienerinnen und Wiener, selbst ein Fahrradl vorbeischiebend, da vorbeizugehen, ich habe es selber erlebt. Aber das ist ja nur ein kleines Beispiel der Mentalität in dieser Stadt.
Es geht ja auch um Regulierungswut im Bereich Betriebsanlagengenehmigungen. Es geht darum, dass Unternehmerinnen und Unternehmer mit Auflagen schikaniert werden, die wirklich haarsträubend sind. Das vernichtet Arbeitsplätze in dieser Stadt! Und wenn man sich dagegen aufregt so wie ein Unternehmer letztes Jahr in der „Presse“, ein Goldschmied, dann hatte er gleich am nächsten Tag zufälligerweise eine Prüfung der MA 36 bei ihm im Geschäft! Das ist nicht die Mentalität, die wir in dieser Stadt brauchen, meine Damen und Herren! (Beifall bei NEOS.)
Ein letzter Punkt noch, Lohnnebenkosten. Wir wissen, das Einzige, was Arbeitsplätze schaffen würde in diesem Land und auch in dieser Stadt, ist eine merkbare Senkung der Lohnnebenkosten. Wir haben letztes Jahr Unternehmerinnen und Unternehmer befragt, was das größte Hindernis dabei ist, Leute einzustellen, und 64 Prozent haben gesagt, die zu hohen Lohnnebenkosten. Das kann nicht nur ein Makulaturschritt sein, sondern das muss ein deutlicher Schritt sein. Und ja, das heißt, in manchen Bereichen wird’s weh tun, zum Beispiel bei den Beiträgen zur Arbeiterkammer. Aber warum halbieren wir das nicht, weil dann wäre das immerhin noch auf dem Niveau von 2004? Ich glaube, das ist in dieser Zeit, wo wir Arbeitsplätze brauchen, ein weit sinnvollerer Schritt, als dass die Arbeiterkammer fett dasteht. Danke sehr. (Beifall bei NEOS.)
Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Frau GRin Dr. Kugler. Ich erteile ihr das Wort.
GRin MMag. Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich möchte einmal damit beginnen, einem Text, einer Stelle im Regierungsübereinkommen zuzustimmen. Da steht nämlich drinnen: Wir müssen versuchen, gerade in dem Bereich Jugendarbeitslosigkeit, Mindestsicherung, dass wir gemeinsam gegen Stigmatisierung und gegen Marginalisierung vorgehen und dass wir alle Menschen auffangen müssen. Das ist selbstverständlich und da werden wir auch als Volkspartei mithelfen. Ich vermisse aber einen Begriff, und der kommt in diesem Text im Regierungsübereinkommen gar nicht vor, und zwar, es fehlt, dass wir versuchen, ein selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen, dass die Menschen für sich selber Verantwortung übernehmen können. Das kommt viel zu wenig vor. Kollegin Mörk hat es heute einmal kurz angesprochen. Aber ich vermisse diesen Begriff und diese Gedanken in der Diskussion.
Und dann kommt die Idee Projekt „Back to the Future“. Das ist, meine sehr geehrten Damen und Herren,
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