Gemeinderat, 8. Sitzung vom 29.04.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 19 von 107
das Ziel sein, dass die Menschen, die schon hier sind, zumindest Teil unserer Gesellschaft auch werden.
Aber natürlich gibt es zahlreiche Herausforderungen in unserer Stadt und da fordere ich auch Rot-Grün auf, diese klarer zu benennen. Wir haben Herausforderungen bei Integration und auch Spracherwerbung. Wir haben wahnsinnige Herausforderungen im Bildungsbereich. Das Bildungssystem kracht, und das wird vor allem jetzt ersichtlich, weil es durch die Herausforderung von zusätzlichen minderjährigen Flüchtlingen fast zugrunde geht. Wir haben natürlich einen großen Pool-Faktor nach Wien. Fast 90 Prozent werden nach Wien kommen. Hier müssen wir uns bundesweit überlegen, was wir tun können: Bundeseinheitliche Mindestsicherung und eine Wohnsitzauflage, damit auch nicht alle nach Wien kommen und Wien auch eine Verschnaufpause bekommt. Das ist wichtig. Aber auch die absolute Ablehnung von Gewalt. Wenn man sich die Zeitungen der letzten Tage ansieht, sind sie sehr vom Thema Gewalt dominiert. Und da muss man schon sagen, es ist abzulehnen, wenn es Übergriffe gegenüber Frauen gibt, ob am Praterstern oder sonst wo. Das ist eine große Herausforderung unserer Gesellschaft. Das muss, glaube ich, auch so benannt werden, dass wir dem gegenüber null Toleranz haben. Denn wir brauchen eine Anerkennung der Probleme, aber auch einen Blick nach vorne, einen Blick Richtung Integrationsmaßnahmen, um keine soziale Spaltung unserer Gesellschaft zu ermöglichen, wie es die FPÖ im Schilde führt. (Beifall bei den NEOS.)
Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Als nächster Redner hat sich Herr GR Mag. Juraczka zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.
GR Mag. Manfred Juraczka (ÖVP): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich stehe, ich weiß nicht zum wie vielten Mal, hier am Rednerpult und darf zum Thema Flüchtlinge und Flüchtlingswelle sprechen, die wir maßgeblich das letzte Jahr in dieser Stadt, in diesem Land verspürt haben, und ich weiß, es wird nicht zum letzten Mal sein. Schauen wir uns doch die Zahlen an. Wir haben über lange Jahre jedes Jahr 15.000 Asylwerber aufgenommen, wesentlich mehr als sehr, sehr, sehr viele andere Staaten in Europa. Wir haben 2014 28.000 Asylwerber aufgenommen, auch wesentlich mehr als viele andere europäische Länder. Und, wie wir alle wissen, 2015 waren es dann 90.000 Asylansuchen in Österreich. Wir wissen auch, dass hier in Wien alleine durch die Quote 20 Prozent angesiedelt sind. Also soviel ich weiß, haben wir derzeit 21.000 in der Grundversorgung. Wir wissen auch, dass es diesen Pool-Faktor gibt, dass in weiterer Folge, wenn die Menschen dann asylberechtigt sind, 70, 80 Prozent hier in Wien in die Gesellschaft zu integrieren sind. Das schürt Ängste, das schürt Verunsicherung.
Mein Vorredner hat von seinen fünf Minuten viereinhalb Minuten sich geschreckt. Ich verstehe es. Nur, Angst ist der falsche Weg. Wir müssen jetzt entschlossen handeln, und das ist das Problem in dieser Stadt. Ich kann durchaus sagen, als ÖVPler könnte man ja durchaus ein bisschen mit Schmunzeln darauf schauen, dass plötzlich in anderen Parteien fürchterlich gestritten wird, wochenlang schon. Allein der gestrige Tag war ja da durchaus beeindruckend. Politische Kommentatoren in dieser Stadt meinen ja schon, was die Scheuch-Brüder für die Kärntner FPÖ sind, das sind die Geschwister Wehsely für die Wiener SPÖ. (Heiterkeit bei der FPÖ. - Beifall bei der ÖVP.) Es könnte mir egal sein, würde es nicht die Regierungsfähigkeit dieser Stadt beeinträchtigen, meine Damen und Herren! Und das ist das Problematische! Eine Stadt Wien, die die Hauptlast dieser Integration, aber in weiterer Folge auch in Wohnen, in Bildung zu schultern hat und wir eine Stadtregierung haben, die sich in keinster Weise einig ist, wohin sie überhaupt gehen möchte, so ist das ein Risiko für die innere Sicherheit in unserem schönen Wien, meine Damen und Herren! Das ist auf Dauer nicht tragbar! Kommen Sie zu einem einheitlichen Weg! Ich empfehle den Weg der Bundesregierung, federführend von unserem Außenminister Sebastian Kurz vorgegeben. Aber kommen Sie zumindest zu irgendeinem Weg, weil ansonsten ist diese Regierungsverantwortung in Wien eigentlich nur ein Trauerspiel, und man muss dieser Stadtregierung die Regierungsfähigkeit absprechen. Vielen herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Mag. Dietbert Kowarik: Als nächste Rednerin hat sich Frau GRin Mag. El-Nagashi zu Wort gemeldet. Ich erteile ihr das Wort.
GRin Mag. Faika El-Nagashi (GRÜNE): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrte Damen und Herren auf der Galerie und liebe Zusehende!
Die Debatte, die wir heute hier führen, lässt sich auch in dem Satz paraphrasieren: „FPÖ in Not. FPÖ degradiert Wiener zu Bürgern zweiter Klasse.“ Denn das ist das eigentliche Thema, über das wir sprechen sollten, über das wir sprechen müssen, nämlich das Spaltende, das Trennende und das Teilende in der Politik der FPÖ. Sie sprechen sehr gerne von illegalen Zuwanderern, und Sie wissen dabei, während Sie das tun, dass es das nicht gibt. Grundsätzlich einmal: Es gibt überhaupt keine illegalen Menschen. (GR Dominik Nepp: Und die Tausenden, die die Grenze gestürmt haben, sind das keine?) Es gibt keine illegalen Menschen! (GR Armin Blind: Es gibt keine Illegalen?) Und was Sie ganz genau wissen, ist, das sind Asylwerbende. Das verstehen Sie ja sicher: Asylwerbende! Bei Asyl geht es um Schutz und Werbende sind Schutzsuchende. Es sind Schutzsuchende. Sie verstehen das sicher. (Aufregung bei der FPÖ.) Wenn Sie für den Begriff Asylwerbende und Schutzsuchende eine Überkategorie brauchen, dann verwenden Sie doch den Überbegriff „Menschen“. Dann sprechen Sie doch von 90.000 Menschen (StR David Lasar: Sie haben alles verbreitert! Das sind Ihre Wähler! Das sind Ihre Wähler!), die gekommen sind vor Verfolgung, vor Krieg, vor Terror und vor Gewalt. Sie wissen ganz genau, was Sie versuchen hier zu machen und welche Bilder Sie versuchen herzustellen, erstens. (Weitere Aufregung bei der FPÖ.)
Zweitens: Ob diese Menschen muslimisch sind oder nicht, wie Sie in Ihrem Antrag schreiben, ist erstens
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