Gemeinderat, 6. Sitzung vom 30.03.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 52 von 80
Landwirtschaftskammer und deren Umstellung auf Dienstleistungsaufträge. Es wurde die sofortige Abstimmung des Antrags beantragt. Wer diesem Antrag die Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. – Das sind die Antragsteller alleine. NEOS haben zugestimmt. Alle anderen Parteien haben dagegen gestimmt. Daher ist Antrag abgelehnt.
Ich komme zu Antrag Nummer 7, eingebracht von den FPÖ-Gemeinderäten betreffend Aufforderungen an die Bundesregierung, nämlich einerseits die TTIP-Verhandlungsziele offenzulegen und weiters nach Vorliegen der Verhandlungsergebnisse einen Antrag auf Abhaltung einer Volksbefragung über dieses Abkommen zu stellen. Im dritten Punkt wird gefordert, dass der Wiener Gemeinderat den Herrn Bürgermeister der Stadt Wien auffordert, umgehend alle in seiner Kompetenz liegenden Maßnahmen gegen die Freihandelsabkommen TTIP, CETA, TISA zu ergreifen und bei der Bundesregierung vorstellig zu werden, um ein Ende der Verhandlungen zu erreichen. Wer diesem Antrag die Zustimmung erteilt, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. – Das sind die Antragsteller allein, daher ist der Antrag abgelehnt. Die FPÖ hat dem Antrag zugestimmt, alle anderen Fraktionen, NEOS, ÖVP, GRÜNE und SPÖ, haben den Antrag abgelehnt.
Ich schlage vor, die Berichterstattung über die Verhandlungen betreffend die Geschäftsstücke 1, 2, 3 und 4 der Tagesordnung, sie betreffen Subventionen an verschiedene Vereine und die Unterzeichnung der Integrating Cities Charter des Städtenetzwerkes EuroCities, zusammenzuziehen, die Abstimmung jedoch getrennt durchzuführen. Wird dagegen ein Einwand erhoben? – Das ist nicht der Fall. Ich bitte die Berichterstatterin, Frau GRin Mag. Berger-Krotsch, die Verhandlungen einzuleiten.
Berichterstatterin GRin Mag. Nicole Berger-Krotsch: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bitte um Zustimmung.
Vorsitzender GR Mag. Thomas Reindl: Ich eröffne die Debatte. Zum Wort gemeldet ist Frau GRin Mag. Dr. Kugler. Ich erteile es ihr.
GRin MMag. Dr. Gudrun Kugler (ÖVP): Vielen Dank. – Herr Vorsitzender! Liebe Kolleginnen und Kollegen!
Ich möchte zum Poststück 4 ein paar Worte verlieren, und zwar zu unserer Haltung betreffend die Unterzeichnung der Integrating Cities Charter: Ich möchte Sie nicht enttäuschen, aber ich muss sagen, dass wir diesem Poststück leider unsere Zustimmung verweigern müssen, obwohl in dieser Charta natürlich wichtige und gute Dinge stehen.
Ich nenne Ihnen drei Stellen, die uns sehr gut gefallen: Ganz am Anfang steht zum Beispiel, dass die unterzeichnenden Bürgermeister und Bürgermeisterinnen die Beiträge der Einwanderer und Einwanderinnen in europäischen Städte wertschätzen. – Wir schätzen das auch! Außerdem steht darin, dass das Erlernen und Sprechen der offiziellen Landessprache äußerst wichtig beziehungsweise von entscheidender Bedeutung für den Integrationsprozess sind. – Gerade wir von der ÖVP-Wien haben das immer ganz stark vorangetrieben! Und drittens bekennt man sich in dieser Charta dazu, dass alle Stadtbewohnerinnen und -bewohner ihr Potenzial entwickeln und die gleichen Chancen für ein Leben in Sicherheit und Würde haben sollen. – Auch das ist uns von der Volkspartei ganz wichtig!
Es gibt allerdings auch andere Stellen in dieser Charta, und das ist wiederum der Grund, warum wir nicht zustimmen können. – Hier findet sich beispielsweise der Satz, dass sich alle politischen Entscheidungsträger und –trägerinnen verpflichten, die Sicherstellung der Partizipation von Migrantengemeinschaften an ihren politischen Entscheidungsprozessen zu erleichtern und Hindernisse für deren Mitbestimmung zu beseitigen. – Da ist unklar, was das genau heißen soll!
Soll das bedeuten, dass die Parteien jetzt Migrantenvertreter auf ihre Listen setzen sollen? – Das tun wir ja bereits, und das ist auch gut und schön! Das könnte aber auch heißen, dass Beiräte eingesetzt werden sollen, in deren Rahmen Migrantengemeinschaften dann auch zu politischen Themen Stellung nehmen. – Wunderbar!
Das könnte allerdings auch bedeuten, dass man hier wieder versucht, ein Ausländerwahlrecht einzuführen. – Und dagegen müssen wir als Volkspartei uns verwehren! Wir haben dafür zwei Gründe.
Erstens sind wir gegen das Ausländerwahlrecht, weil es die Bedeutung der Staatsbürgerschaft aushöhlt. Die Staatsbürgerschaft kann man bekommen, und wer sie haben will, der soll sich darum bemühen, aber es braucht auch einen Grund, sich um diese zu bemühen.
Zweitens haben wir große Angst davor, dass es zur Bildung von ethnischen Wahllisten kommen könnte, denn das wäre für die Integration und das Zusammenleben in Österreich und in Wien schwierig! – Sie werden sich erinnern, viele von Ihnen waren vielleicht schon da, ich noch nicht: Bereits im Jahr 2003 hat man das Ausländerwahlrecht beschlossen. Dieses Wahlrecht wurde 2004 aber vom VfGH wieder aufgehoben.
Der wichtigste Punkt, warum wir dieser Charta nicht zustimmen können, ist, dass darin nämlich etwas fehlt und mit keinem Wort vorkommt. – Ich erinnere noch einmal daran: Es geht hier um Integration und Städte im Europa von heute. Es findet sich in dieser Charta aber kein Wort von der Gefahr der Ghettobildung, kein Wort über Deradikalisierung, kein Wort über Spracherwerb als Bedingung, kein Wort über die Hilfe für überforderte Lehrer – diesbezügliche Zahlen von Wien wurden uns heute schon genannt –, kein Wort über den Arbeitsmarkt und die Entlastung, über die Wertedebatte, über Integration durch Sport.
All das fehlt, und ich sage Ihnen, warum das fehlt: Weil diese Charta vor der großen Flüchtlingskrise geschrieben wurde. Ich habe es nicht genau herausgefunden, entweder war es 2006 oder 2010, aber auf jeden Fall lange vorher. Diese Charta ist überholt. Sie ist nicht up to date!
Wir sind für die Zusammenarbeit von Städten und für europäische Zusammenarbeit, aber dann mit besseren
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