Gemeinderat, 5. Sitzung vom 23.02.2016, Wörtliches Protokoll - Seite 34 von 114
Das heißt, 1 Platz kostet 6.000 EUR. Aber ich bin mir sicher, dass jeder Jugendliche, jedes Kind, das kommt und in diesem Programm mitarbeiten darf, ganz individuelle Bedürfnisse hat und individuelle Förderungen braucht. Und damit ist uns diese Antwort einfach zu wenig. Es stehen viel zu viele Warums im Raum. Und die Sache ist ganz einfach: Die Verantwortung dafür zu haben, 6 Millionen mitzutragen, das werden wir nicht machen. (Beifall bei der ÖVP.)
Es sind überhaupt in der Bildungsfrage viele Punkte offen, wo es noch keine Antworten gibt. Zum einen möchte ich immer wieder betonen, weil es uns wirklich wichtig ist: Wir müssen die Menschen hören, die mit unseren Kindern und Jugendlichen arbeiten. Wir müssen auf die Familien hören. Und, ganz wichtig: Wir müssen den Kindern und den Jugendlichen zuhören.
Ich möchte einmal beim Kindergarten anfangen. Ich glaube, da sind wir von der ÖVP und Sie von der SPÖ gar nicht so weit voneinander entfernt. Die Kinderbetreuungseinrichtung soll ja verstärkt die Rolle der ersten Bildungsinstitution wahrnehmen. Es ist für uns klar, dass das soziale Lernen für die Kinder eine Chance bringt. Es ist für uns klar, dass das Kind im Kindergarten die Grundwerte des Zusammenlebens erfahren darf. Und es ist für uns klar, dass die Bildungssprache Deutsch dort sehr gut gefördert werden kann. Es ist aber auch klar, dass es einen Mindestqualitätsstandard geben soll, was zum Beispiel die Ausbildung des Betreuungspersonals anlangt oder die Errichtung und Einrichtung von Kindergruppen.
Ein wichtiger Punkt ist, dass diese Qualität, egal, ob ein Kind in einer Kindergruppe oder in einem Kindergarten ist, ziemlich oder weitgehend gleich sein sollte. Denn es geht darum, dass das ja in Zukunft die weiteren Bildungschancen unserer Kinder gewährleistet. Deswegen sind wir auch der Meinung, dass in einer Kindergruppe auch ein ausgebildeter Kindergartenpädagoge sein sollte. Wir wissen, Kindergartenpädagogen und Kindergartenpädagoginnen machen eine Ausbildung von fünf Jahren. Ja, wir haben das letzte Mal den ersten Schritt gemacht, indem wir gesagt haben, ab Sommer sollen die Betreuer eine 400-Stunden-Ausbildung machen - das sind sozusagen 10 Wochen. Aber man braucht nicht wirklich viel pädagogisches Wissen, um zu erkennen, dass es hier einen Unterschied und einen Qualitätsunterschied geben kann und geben wird. Deswegen stellen wir folgenden Antrag:
„Der Wiener Gemeinderat fordert die zuständige amtsführende Stadträtin auf, die erforderlichen Schritte in die Wege zu leiten, dass künftig auch in Kindergruppen verpflichtend ein ausgebildeter Kindergartenpädagoge vorzusehen ist.
Die Anhebung der Ausbildungsdauer auf 400 Unterrichtseinheiten für Kindergruppenbetreuer allein wird als nicht ausreichend angesehen, geht es doch um die Zukunft unserer Kinder.“
In formeller Hinsicht wird die Zuweisung an den Ausschuss für Frauen, Bildung, Integration, Jugend und Personal verlangt, denn ich glaube, wir sollten auch einmal über diese Idee sprechen. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich möchte noch kurz beim Thema Kindergarten bleiben und auch über die Kindergruppen sprechen und über den Grund, warum es so wichtig ist, dass unsere Kinder dort eine Betreuung von guter Qualität erfahren.
Eine Aufgabe, die Kindergarten und Kindergruppen haben, ist, dafür zu sorgen, dass unsere Kinder sanft und mit Freude und entwicklungspsychologisch an das Erbringen von Leistung herangeführt werden. Leistung, und das muss ich immer wieder betonen, kann richtig viel Spaß machen. Ich möchte Ihnen als extrem stolze Mama eine eigene Erfahrung schildern - normalerweise halte ich meine Kinder hier heraus, aber ich möchte Ihnen zeigen, was ich mit dieser Geschichte meine -:
Mein Sohn ist jetzt fünf, fängt im September an, in die Schule zu gehen, und beginnt jetzt seit einigen Wochen im Kindergarten, sich mit den Buchstaben auseinanderzusetzen. Und er sagte zu mir neulich: „Mama, jetzt kann ich Buchstaben, aber was mache ich eigentlich damit?“ - Also ich war baff, denn für mich war klar: Buchstaben, das bedeutet Lesen. Ich versuchte, ihm das zu erklären, und sagte ihm: „Wenn du die Buchstaben kannst, wirst du auch lesen können.“ - Dann wollte er wissen, wie Lesen funktioniert. Ich versuchte, ihm auch das weiter zu erklären. Dann gingen wir auf der Straße, und auf einmal sagte mein Sohn zu mir: „Mama, schau einmal, da drüben auf dem Geschäft steht Foto.“ - Sie können sich jetzt vorstellen, wie total stolz ich war, dass mein Sohn mit fünf Jahren ein Wort lesen kann. Mein Sohn war auch extrem stolz.
Und was hat mein Sohn gemacht? - Er hat Leistung gebracht. Was hat das bei meinem Sohn bewirkt? - Er war unglaublich stolz. (Zwischenrufe von GR David Ellensohn und GR Mag. Rüdiger Maresch.) – Ich weiß nicht, aber Lesen zu lernen, das ist doch eine Leistung für ein Kind! Fangen Sie einmal an - und genau das ist das Problem, meine lieben Kollegen von den GRÜNEN, dass Sie das nie tun -, Bildungsdebatten auch aus der Sicht eines Kindes zu führen! (Beifall bei der ÖVP.)
Des Weiteren ist es sehr wohl so, dass Leistung auch das Selbstwertgefühl eines Kindes steigern kann. Und ich finde es wirklich zutiefst und extrem unverständlich, dass Sie sich dann lustig darüber machen, dass ein Kind Lesen lernt. (GR Mag. Rüdiger Maresch: Was?)
Während mein Kind nun einmal aus einer Familie kommt, in der es gefördert wird, wissen wir aber, dass wir in Wien vor einer extremen Herausforderung stehen, dass es viele Kinder gibt, die von ihren Familien nicht gefördert werden können. Ein Hauptgrund dafür sind sicher die fehlenden Kenntnisse der deutschen Sprache. Und da brauchen wir natürlich ein Konzept für die sogenannten Kinder, die aus bildungsfernen Familien kommen - das ist immer so ein Ausdruck, den ich überhaupt nicht mag -, um hier gezielt Sprachförderung sowohl der Eltern als auch der Kinder anzubieten. Wir brauchen aber auch genug Schulplätze - denn die haben wir ja mittlerweile auch nicht mehr -, wir brauchen genug Lehrer, und wir brauchen genug Support-Personal.
Und wir brauchen eine klare Wertevermittlung. Unser Landesparteiobmann und Stadtrat Gernot Blümel ist ja schon genauer darauf eingegangen, und ich merke im
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