Gemeinderat, 69. Sitzung vom 01.07.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 84 von 94
GR Gerhard Haslinger (Klub der Wiener Freiheitlichen): Vielen Dank, Herr Vorsitzender! Frau Kollegin!
Es ist schlichtweg falsch, wenn Sie behaupten, ich hätte gestern oder vorgestern gesagt, wir brauchen keine Menschenrechte. Das stimmt nicht. Ich habe gesagt, wir haben uns als Menschenrechtsstadt geoutet oder bezeichnet (Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Deklariert!) und wir brauchen kein Menschenrechtsbüro. Das ist nichts anderes als ein Posten mehr. Menschenrechte sind zu beachten. Und würden wir es nicht tun, würden alle anderen aufschreien. Also zu sagen, ich hätte gesagt, wir brauchen keine Menschenrechte, ist falsch! Das ist falsch! (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet! Die Debatte ist geschlossen. Der Berichterstatter hat das Schlusswort.
Berichterstatter GR Godwin Schuster: Sehr geschätzte Kolleginnen und Kollegen!
Ich habe mir eigentlich vorgenommen gehabt, kein Schlusswort zu halten, weil die Sonja Ramskogler im Großen und Ganzen vieles zusammengefasst hat. Aber ich möchte aus meinem Herzen keine Mördergrube machen und bitte um Entschuldigung, Herr Vorsitzender, wenn ich ein bisschen abweiche und das in Anspruch nehme, was die beiden ersten Redner auch in Anspruch genommen haben. Und zwar deshalb, weil ich unter dem Eindruck der Debatte zum letzten Geschäftsstück innerlich sehr berührt bin, ich sage es ganz ehrlich.
Ich habe einen sehr, sehr nahen Verwandten – (Der Redner wird sehr emotional.) Entschuldigung, Sie mögen mir das jetzt verzeihen -, der ist mit ungefähr 50 Jahren draufgekommen, dass er im falschen Geschlecht lebt. Er hat dann einen Leidensweg durchgemacht, den sich niemand hier vorstellen kann und zwar deshalb, weil er auch in einem Beruf tätig war, der ein echter Männerberuf war. Und dieser Männerberuf, ich bin erst später auf Grund der Unterlagen, die ich dann gefunden habe, draufgekommen, hat es ihm unmöglich gemacht, seine Situation seinen Arbeitskollegen zu erklären. Die einzige Person, die das gewusst hat, war seine Mutter, sonst niemand. Er ist dann leider verunglückt, ist gestorben und ich habe mir in der Folge vorgenommen, alles zu tun, um derartige Zustände zu verhindern, dass Menschen sich einigeln müssen, um zu ihrem Geschlecht zu stehen, das vorher anders war.
Ich darf Ihnen sagen, ich habe mir dann die Homepage von „Transgender“ angeschaut. Da hat er versucht, sich darzustellen. Er ist einen Weg gegangen, der unmöglich war, wenn man nicht in der Situation ist, dass man es sich vorstellen kann. Daher schmerzt es mich, wenn dann so über derartige Dinge gesprochen wird. Ich habe dann versucht, weil wir in Wien eine große Anzahl von Menschen haben, die aus den Bundesländern kommen, im Burgenland oder in Niederösterreich Unterstützung für einen dieser Vereine zu bekommen, und ich bitte Sie, sich wirklich einmal in meine Situation jetzt hineinzuversetzen. Die Unterstützung kam nicht. Das Burgenland spendete damals 500 EUR. Aus Niederösterreich bekam ich die Antwort: Wir haben Mutterberatungsstellen in allen Bezirken, die sollen dorthin gehen. Er konnte nicht dorthin gehen. Wir haben dann über den Ausschuss versucht, diesen Vereinen auch mehr Geld zu geben. Und glaubt es mir, es ist unerträglich, wenn man das im Kopf hat und dann diese Worte hört! Es war mein Bruder, um den es sich gehandelt hat. (Beifall bei SPÖ, GRÜNEN und ÖVP.)
Ich versuche jetzt, auf die Geschäftsstücke einzugehen. Wenn da ein Zwischenruf war „Unsere Eltern sind auch nicht geflüchtet“, dann sage ich Ihnen, wir haben da Akte dabei, die waren zehn Jahre lang im Kriegszustand. Ich denke hier an den Sudan, nämlich das Geschäftsstück Nummer 9, zehn Jahre im Kriegszustand! 2011 ist dann diese Region abgetrennt worden, eineinhalb Millionen sind auf der Flucht gewesen, 50 000 Todesopfer, Brutalität pur. Von den Menschen, die dort leben, sterben mehr als 10 Prozent der Kinder vor dem 5. Lebensjahr. Natürlich kann ich dann sagen, interessiert mich nicht, für unsere Leute brauchen wir unser Geld. Ist okay, ich respektiere das ja auch. (GR Mag Wolfgang Jung: Das ist eine Unterstellung, das habe ich nicht gesagt!) Entschuldigung, ich respektiere das ja auch. Aber wenn wir diesen Menschen dann einen Tropfen auf den heißen Stein geben, damit sie Wasser bekommen, eine halbwegs reine Wasserversorgung, indem wir dort Brunnen bauen, dann sage ich Ihnen: Jedes einzelne Lebewesen, das dort gerettet wird, ist es wert, dass wir hier Geld in die Hand nehmen. (Beifall bei SPÖ, GRÜNEN und ÖVP.)
Ich versuche dann, ich könnte jeden einzelnen Akt so begründen, ich sag es auch hier als Berichterstatter dieser Geschäftsstücke: Ich weiß nicht, ob es der richtige Weg ist, ob wir den Weg nicht ändern sollten, dass wir fokussiert einzelne Regionen verstärkter unterstützen und von diesem Gießkannenprinzip ein bisschen weggehen, weil wir noch viel mehr machen könnten. Aber nichtsdestotrotz, ich bin sowas von zutiefst davon überzeugt, dass jeder einzelne Akt es wert ist, beschlossen zu werden, weil wir vielen Menschen helfen. Und um das geht es! Danke. (Beifall bei SPÖ, GRÜNEN und ÖVP.)
Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Als Vorsitzender muss ich natürlich neutral sein, aber ich möchte dir für diese offenen und persönlichen Worte danken, Godwin, zumindest für die, die dich verstehen und die auch mit dir sind. Danke.
Wir kommen nun zur Abstimmung, die wir getrennt durchführen.
Ich bitte daher jene Damen und Herren des Gemeinderats, die der Postnummer 6 ihre Zustimmung erteilen wollen, um ein Zeichen mit der Hand. - Das sind die ÖVP, die SPÖ, die GRÜNEN, damit mehrstimmig angenommen.
Postnummer 8, da bitte ich um Zustimmung. Das sind die ÖVP, die SPÖ, die GRÜNEN, mehrstimmig angenommen.
Postnummer 9, ich bitte um Zustimmung. - Die ÖVP, die SPÖ, die GRÜNEN, mehrstimmig angenommen.
Postnummer 10, ich bitte um Zustimmung. - Die ÖVP, die SPÖ, die GRÜNEN, mehrstimmig angenommen.
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