Gemeinderat, 65. Sitzung vom 25.03.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 85 von 96
Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Zum Wort gemeldet ist Frau StRin Matiasek. Ich erteile es ihr.
StRin Veronika Matiasek: Danke, Herr Vorsitzender. – Herr Berichterstatter! Sehr geehrte Damen und Herren!
Wie schon angesprochen, geht es um eine Akontosubvention für die Land- und Forstwirtschaft in Wien, und genau an die Forstwirtschaft knüpft das an, was ich jetzt hier sagen möchte: Mein Kollege Guggenbichler wird nach mir, weil ich das ja nicht tun darf, zwei Anträge einbringen, die sich mit der aktuellen Situation im Wienerwald beschäftigen.
Sehr geehrte Damen und Herren! Seit über einem Jahr sind massive Schlägerungsarbeiten im Gesamtgebiet des Wienerwaldes – ich spreche jetzt natürlich im Speziellen vom Wienerwald auf Wiener Stadtgebiet – wahrzunehmen. Es geht um Schlägerungsarbeiten, die nicht nur der Beseitigung von Wind- und Eisbruch dienen, sondern um massive Holzbringungsarbeiten mit Folgen für den Wald, und zwar mit sehr deutlich merkbaren und unangenehmen Folgen.
Wir haben heute schon einmal vom Biosphärenpark gesprochen. Dieser ist immerhin eine geschützte Zone, wenngleich – das ist uns vollkommen bewusst – natürlich hier die Holzwirtschaft als solche nicht auszuschließen ist.
Aber – und hieran knüpfen sich unsere Forderungen – der Wienerwald ist, insbesondere im Nahbereich unserer Großstadt, ein wichtiges Erholungsgebiet für die Menschen in Wien. Sie sprechen in fast jeder Sitzung und immer wieder sehr gerne davon, dass unsere Stadt massiv wächst, und das bedarf natürlich auch eines gut ausgebauten beziehungsweise auch entsprechend großen Erholungsraums für die Menschen.
Ich bin fest davon überzeugt, dass die Menschen eher nicht die gepflasterten und asphaltierten Flaniermeilen und Verweilzonen innerhalb des Stadtgebietes zwischen den Häusern, sondern – letztlich auch unter einem gewissen sozialen Druck – immer mehr, wie zu beobachten ist, die Grüngebiete im Umfeld des verbauten Stadtbereiches nützen und nützen wollen. (Beifall bei der FPÖ.)
Sieht man sich an, was derzeit geschieht, dann stellt man fest, dass als Folge der Schlägerungsarbeiten die Wanderwege unbenutzbar sind und dass mit großem Gerät in den Wald hineingefahren wird und tiefe Furchen gezogen werden. Und als Folge dieser Arbeiten werden dann ehemalige Wanderwege als Forststraßen ausgebaut.
Sie werden jetzt sagen: Das tun die privaten Waldbesitzer, aber die Stadt Wien tut das nicht. – Ich weiß, dass hier mehr Vorsicht herrscht als bei den Privaten, allerdings sind wir als Wiener – und im Speziellen das Ressort Umwelt – natürlich für den gesamten Wienerwaldraum verantwortlich. Und selbst wenn ein Gesetz es zulässt, dass man die Straßen im Wald mit Bauschutt befestigen darf, so steht doch die Frage im Raum, ob es auch gut ist, das zu tun.
Ich konnte mich am vergangenen Wochenende wieder davon überzeugen, dass neben Teerbrocken, Asphaltbrocken, Keramik und Bauschutt aller Art zum Teil wirklich große Trümmer auf den Wegen liegen und auch Glas, Kunststoff, Verdrahtungen, und so weiter zu finden sind. – Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, wenn uns der Umweltschutz und der Naturschutz in Wien wirklich ein solches Anliegen sind, wie wir alle immer behaupten, und wenn das vor allem der Regierung in Wien und dem Umweltressort ein Anliegen ist, dann muss man sich hier auf die Beine stellen und alles Mögliche tun, um das zu verhindern!
Vieles ist erlaubt und trotzdem nicht gut: Wir könnten als Sonntagsvergnügen auf der Höhenstraße zwischen Grinzing und Neuwaldegg im Auto hin und her fahren, bis der Tank leer ist. Das ist nicht verboten, aber ist es deshalb gut? – Nein, sicherlich nicht!
Ich glaube, wir müssen und sollen froh darüber sein, dass sich der Wienerwald und die Wege des Wienerwalds wieder zunehmender Beliebtheit erfreuen. Wenn man schaut, wie viele und vor allem auch junge Familien unterwegs sind, dann kann man feststellen, dass das ein gutes und sinnvolles Freizeitvergnügen ist, und ich denke, es ist natürlich auch unsere Aufgabe, den Menschen dieses Vergnügen nicht zu nehmen, sondern – im Gegenteil! – dieses zu fördern. Und wenn manche Wege derzeit – ich denke jetzt etwa an das Gebiet Heuberg und Wilhelminenberg, aber auch an Bereiche im 14. Bezirk – nach diesen Arbeiten entsprechend aussehen und dann auch nicht wirklich instandgesetzt werden, dann mindert das einfach den Erholungswert, den dieses Gebiet ausweisen sollte und soll.
Andererseits bewirken die massiven Schlägerungen – und dort handelt es sich nicht um Schlägerungen, die Wind- oder Eisbruch beseitigen sollen, sondern um rein wirtschaftliche Holzschlägerung im Wald – auch, dass ehemalige Schattengebiete, die manche Arten von Pflanzen und Tieren brauchen, mittlerweile zu lichtdurchfluteten Zonen werden. Ich glaube, das ist nicht im Sinne der Erhaltung der Artenvielfalt!
Nehmen wir irgendeine Publikation der MA 22 zur Hand: In diesen Broschüren erfreut sich die Stadt Wien ja immer der großen Artenvielfalt, die hier lebt, vom Feuersalamander bis zum Schmetterling und den vielen unterschiedlichen Pflanzen, die wir, Gott sei Dank, in unserem Gebiet haben. Dann muss man aber auch darauf achten, dass man diese Arten erhält, nicht einen lichtdurchfluteten Einheitswald macht, sondern natürlich auch die Schattengebiete bestehen lässt.
In diesem Sinne würde ich Sie sehr ersuchen, dass Sie unseren beiden Anträgen, die wir heute einbringen, beitreten und dass wir uns darüber unterhalten und auch als Stadt Wien die entsprechenden Initiativen setzen, dass dreierlei in Zukunft geschieht: Erstens sollen die Schlägerungsarbeiten in schonender Weise vollzogen werden. Ich habe mir das in vielen Fällen selbst angeschaut, sehr geehrte Damen und Herren, und habe dabei festgestellt, dass es auch anders geht. Viele Waldbauern, die von dem Wald leben, bewirtschaften ihren Wald heute mit kleinem Gerät und sehr sorgfältig, und ich glaube, das wäre gerade auch im Wienerwald dringend notwendig!
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