Gemeinderat, 65. Sitzung vom 25.03.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 30 von 96
Diese Haltung zur Mobilität zeigt schon Ihre schizophrene Haltung, denn andere Mobilitätarten werden bei Ihnen einfach ausgeblendet. Wir sehen jedoch Mobilität als umfassenden Begriff und sorgen uns über die Haltung der grünen Stadträtin zum Verkehr, die eben einseitig das Radfahren und das Zufußgehen fördert. Mit dieser Einseitigkeit werden aber Konflikte in diese Stadt getragen, die unnötig sind.
Vielleicht liegt es aber auch daran (Zwischenruf von GR Mag Rüdiger Maresch.) – nein Rüdiger –, vielleicht liegt es auch daran, dass sie kaum Kompetenzen für den öffentlichen Verkehr hat. Beim Individualverkehr zeigt sich bei fast allen Verkehrsbauten, die es gibt, dass sie es einfach nicht zusammenbringt, die Verkehrskoordination optimal aufzusetzen. Kaum ein größeres Verkehrsprojekt wird ohne Aufschrei der Öffentlichkeit durchgeführt. Denken Sie an Volksanwälte und andere Organisationen, die sich da eingesetzt haben.
Während beispielsweise die Autonome Provinz Bozen – Südtirol mit ihrer Landesmobilitätsagentur sich mit neuen Fahrgastinformationssystemen beschäftigt, sich mit Fahrplänen auseinandersetzt, über ein neues und besseres Kundenservice für den Nahverkehr diskutiert, um insgesamt bessere Mobilität zu ermöglichen oder zu erleichtern, nimmt diese Aufgabe Ihr grüner Freundeskreis Mobilitätsagentur Wien, auch wenn Susanne Reichard einmal von der ÖVP als Bezirksvorsteherin aktiv war, in keiner Weise wahr.
Auch die Zahlen Ihres Radbeauftragten sowie Geschäftsführers dieser Agentur, Martin Blum, sind mit äußerster Vorsicht zu genießen, wie dies bei jener Hochrechnung passiert ist, die von 250 000 Radlern auch im Winter ausgegangen ist. – Auch Kollege Mahdalik hat das so schön erzählt. Gleichzeitig hat die Mobilitätsagentur das weit von sich gewiesen, denn für diese Zählung sei ja die MA 46 verantwortlich. Aber dass die MA 46 auch zum gleichen Ressort wie die Mobilitätsagentur gehört, hat sich offensichtlich bis zum Kollegen Blum noch nicht herumgesprochen.
Vom Modal-Split haben wir heute auch schon geredet. Der Radverkehr hat sich gerade im Jahr 2014 um 0,7 Prozent verbessert und das Zufußgehen hat gar um 1 Prozent abgenommen, nämlich von 27 auf 26 Prozent. Ich glaube, diese 27 Prozent stehen schon im STEP 2005, da hat sich also nicht wirklich etwas bewegt. Vielleicht ist es auch eine statistische Unschärfe, das könnte auch sein; aber es zeigt leider, wie wenig wirksam Ihre Mobilitätsagentur ist. Die zusätzliche Bewerbung des Zufußgehens hat also relativ wenig Wirkung, wie Ihre gesamte Agentur: Außer Spesen nicht viel gewesen, außer dass es neue Beschäftigung für Randbereiche der Stadt Wien gibt, die eben wenig Wirksamkeit zeigen.
Spannend finde ich, wie Mobilitätsagenturen beispielsweise in Hamburg gesehen werden. Da spricht man von Arbeit und Leben und, das ist ganz lustig, bringt gleich den Aufenthalt im Ausland als positiven Beitrag für neue Kontakte und Erfahrungen ein. Offenbar gilt da die Definition von Wikipedia: Handlungszusammenhänge in geographischen und sozialen Räumen, die man eben positiv sehen kann.
Aber kehren wir zurück zu Ihrem Freundeskreis: Viele Konzeptpapiere, wenig Output, außer hie und da eben die bekannten PR-Aktionen. Ach ja, Frau Stadträtin, sie haben ja keine Kompetenzen, denn die liegen bekanntlich beim Magistrat, und die zuständigen Beamten könnten durchaus für den Gegenwert Ihrer PR-Aktionen und Prestigeprojekte wie des Ring-Radwegs deutlich produktiver sein.
Es gibt sogar einen Aufschrei, dass Sie einfach zu wenig Mittel für Ihre Arbeit bekommen, es könnten mehr Radwege gebaut werden. Da wird aber sofort der Aufschrei kommen. Kollege Chorherr hat immer wieder gesagt, die Bezirke sind schuld, die lassen uns ja nicht. – Ja, Frau Stadträtin, das kenne ich schon. (VBgmin Mag Maria Vassilakou: Mehr Radwege, wenn die ÖVP nicht zustimmt?)
Ja, aber wie bekannt ist das in den Bezirken? Selbst die Sprecherin der roten BezirksvorsteherInnen, Andrea Kalchbrenner aus dem 14. Bezirk, geht sozusagen gegen Sie medial vor, was eigentlich bei einem Koalitionspartner durchaus verwunderlich ist.
Aber es gibt auch ein sinnvolles Miteinander, denn die Kolleginnen und Kollegen Bezirksvorsteher – Kollege Nevrivy hat es ein bisschen angedeutet –, sind durchaus bereit, sinnvolle Projekte mitzutragen, außer es sind Schnapsideen wie Rad-Highways in der Hasnerstraße oder andere ähnliche Projekte. (VBgmin Mag Maria Vassilakou: Ihre Bezirksvorsteherin hat gerade etwas eröffnet! So viel zum Thema Schnapsidee!) – Na wunderbar, dann gibt’s auch durchaus interessante Projekte. (Heiterkeit des Redners.)
Aber kommen wir zu Ihrem Antrag, den wir heute diskutieren. Sie wollen ein Thema im Winter bewerben, nachdem das mit dem Radfahren im Winter offenbar nicht so geklappt hat. Sie wollen den zukünftigen Gemeinderat für die nächsten 5 Jahre mit 13 Millionen EUR binden, indem Sie heute dieses Aktenstück mit Regierungsmehrheit beschließen. Na ja, vielleicht ist das ein Zugeständnis an andere Vereinbarungen. Abgesehen davon, dass die Mobilitätsagentur bis heute nicht viel an wirklicher Produktivität zur Veränderung gezeigt hat. (Zwischenruf von GR Mag Rüdiger Maresch.)
Es stimmt ja auch! Überleg dir, wie viel Prozent des Modal-Split das Radfahren ausmacht. Kollege Chorherr hat von 10 Prozent gesprochen, die er im Jahr 2015 haben will. Also von 10 Prozent sind wir noch weit, weit entfernt! (GR Mag Rüdiger Maresch: Sudereien!) Dieser Beschluss, meine Damen und Herren, ist eine nicht gedeckte Vorgangsweise gegenüber den Steuerzahlern. Aber offenbar wollen Sie weiter Ihren Freundeskreis im Magistrat versorgt sehen, ohne auf die Produktivität Rücksicht zu nehmen. Es verbietet sich einfach, diesen Akt in der vorgelegten Form zur Kenntnis zu nehmen. Dieser Akt ist in dieser Form inakzeptabel. Aus diesen Gründen werden wir ihn auch ablehnen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und von GRin Uta Meyer.)
Vorsitzender GR Dipl-Ing Martin Margulies: Als Nächster gelangt GR Mag Chorherr zu Wort. – Bitte.
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