Gemeinderat, 65. Sitzung vom 25.03.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 17 von 96
sen. Ich weiß auch, dass das Ziel sein soll, dass man dort nicht 30 Kinder irgendwo einsperrt und auf Deutsch trainiert. So soll es ja nicht sein. Die Kinder sollen in Kleingruppen ganz gezielt nicht nur zum Thema Spracherwerb, sondern auch wie funktioniert Wien, wie funktioniert unsere Gesellschaft, wie funktioniert das Zusammenleben vorbereitet werden. Ich denke, der Ansatz hat zumindest einmal die Chance verdient, dass man vernünftig darüber spricht. Niemand will den Kindern etwas Böses. (Beifall bei der ÖVP.)
Ich möchte auch durchaus anerkennen, was in den letzten Jahren in Wien passiert ist. Ja, es ist nicht alles schlecht, was in der Stadt passiert. (GRin Mag Muna Duzdar: Das ist nett!) – Ich finde das nicht nett, ich finde das fair. Man muss das Thema auch fair angehen. Was mir besonders gefällt, ist, dass das Thema Integration von der StRin Frauenberger als Haus dargestellt wurde. Das kennen alle wahrscheinlich noch, und ich habe auch immer sehr aufmerksam zugehört: Ein Haus ist ein schönes Bild zu diesem Thema, denn ein Haus, um das man sich nicht kümmert, für das man nicht Sorge trägt, das kann nicht funktionieren und das wird uns irgendwann einmal um die Ohren fliegen. Und eine dieser Säulen in diesem Haus, dieser tragenden Mauern möchte ich fast sagen, ist halt eben nun einmal Bildung, Gott sei Dank.
Aber schauen wir uns an, wie es denn konkret aussieht. Wie schaut es im Bildungsbereich in Wien aus? – Da haben wir in erster Linie einmal – ich möchte es nicht als erste Bildungseinrichtung bezeichnen, weil Bildung sollte auch im Elternhaus stattfinden – die erste Bildungseinrichtung außerhalb des Elternhauses. Wie schaut es da in Wien aus mit der Verabreichung der Sprachkompetenzen, wie schaut da die Qualität aus? – Wir haben jetzt den beitragsfreien Kindergarten, sehr viele Kindergruppen werden neu eröffnet, wir werden heute am Nachmittag wieder Anschubfinanzierungen beschließen.
Wo es echt mangelt und wo es hakt, ist die Überprüfung: Ist jeder Kindergarten, der eröffnet wird, wirklich ein Kindergarten? Findet dort das statt, was wir eigentlich wirklich als prioritäres Ziel haben, nämlich die Kinder auf die Schule vorzubereiten? – Ich sage Ihnen, das ist nicht so. Und das ist deswegen nicht so, weil Sie die Kindergärten nicht hinlänglich kontrollieren. Es reicht nämlich nicht, die Kindergärten auf bauliche, auf hygienische und auf personelle Maßnahmen zu kontrollieren. Wer kontrolliert, was dort zum Thema Spracherwerb passiert?
Leider sind die fünf Minuten zu kurz. Wir werden noch viel darüber reden, ich werde versuchen, am Nachmittag das, was ich noch sagen sollte, unterzubringen. Ich möchte nur so viel als Resümee nach fünf Jahren Rot-Grün sagen: Es ist noch verdammt viel zu tun. Die Aufgabe, die vor uns liegt, ist eine große. – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Zu Wort gelangt Herr GR Akkilic – Ich erteile es ihm.
GR Senol Akkilic (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Werte Kollegen und Kolleginnen!
Ich möchte Sie zunächst einmal, weil Türkisch vorgekommen ist, Türkisch ansprechen. (Der Redner beginnt in nichtdeutscher Sprache. - Unruhe bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster (unterbrechend): Lieber Senol Akkilic, Amtssprache ist Deutsch. Tut mir leid, das …
GR Senol Akkilic (fortsetzend): Sinngemäß habe ich gesagt: Ich freue mich, dass ich Sie in Türkisch und Deutsch ansprechen kann. (GR Mag Johann Gudenus, MAIS: Der Vorsitzende hat unterbrochen! – Beifall bei der FPÖ.) – Ja.
Vorsitzender GR Godwin Schuster (unterbrechend): Ich meine, es kann möglicherweise anderswo passieren, aber hier in diesem Haus sprechen wir Deutsch. Es tut leid. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.)
GR Senol Akkilic (fortsetzend): Fertig? Wir sprechen in dieser Stadt Türkisch. Wir sprechen in dieser Stadt 250 andere Sprachen. (Beifall bei den GRÜNEN.) Und wir sprechen gemeinsam alle auch Deutsch.
Vorsitzender GR Godwin Schuster (unterbrechend): Hier sprechen wir Deutsch.
GR Senol Akkilic (fortsetzend): Sehr geehrter Herr Vorsitzender, bitte nehmen Sie es mir nicht übel, aber nehmen Sie auch mich so zur Kenntnis, wie ich bin. Ich bin ein mehrsprachiger Mensch, ich konterkariere die Regel in diesem Haus nicht. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Ich respektiere die Regeln in diesem Haus und bitte Sie, auch einen Teil von mir zu respektieren. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Eine kluge Stadt des 21. Jahrhunderts ist in meinen Augen eine Stadt, die die Bedürfnisse und Gegebenheiten der eigenen Bevölkerung wahrnimmt. Was bedeutet das? – Wenn ich nicht weiß, wie meine Bevölkerung drauf ist, dann kann ich auch aus den Potenzialen dieser Bevölkerung keine guten Schlüsse ziehen. Das heißt, ich kann die Potenziale dieser Bevölkerung nicht dafür nützen, damit wir die Interessen der Stadt, die Interessen der Bevölkerung stärker vertreten können beziehungsweise entwickeln können. Das ist die eine Geschichte.
Die zweite Geschichte ist eine Verantwortungspolitik. Verantwortungsvolle Politik bedeutet gleichzeitig, dass ich Respekt vor meinen Bürgern und Bürgerinnen habe. Wenn wir heute in Wien davon sprechen, dass die Wiener Bevölkerung zu 49 Prozent aus Menschen mit Migrationshintergrund besteht, dass in Wien 250 Sprachen gesprochen werden, dann heißt das, dass in Wien ungefähr 800 000 Menschen auch eine zusätzliche Sprache zu Deutsch sprechen. Und das könnten wir auf mehreren Ebenen nützen, zum Beispiel in der Stadtaußenpolitik, zum Beispiel in der Pflege unserer Nachbarschaftsbeziehungen, zum Beispiel in der Stadtwirtschaftsaußenpolitik, und so weiter, und so fort.
Und wenn Sie mir sagen, dass in dieser Stadt jemand ohne Deutschkenntnisse nicht weiterkommt, dann irren Sie sich gewaltig. Schauen Sie sich diese ganzen internationalen Konzerne und deren Chefs an, die kommunizieren in erster Linie in englischer Sprache und nicht in deutscher Sprache. (GR Mag Wolfgang Jung: Wir reden ja nicht von der Börse!) Und wenn Sie sagen, die deutsche Sprache ist eine Lebenssprache, dann
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