Gemeinderat, 62. Sitzung vom 29.01.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 93 von 103
tums und des Abendlandes zur Aufgabe gemacht hat, hat auf Utoya 75 oder 76 junge Menschen getötet. Stoltenbergs Antwort lautete: Wir sind für mehr Demokratie, für mehr Menschlichkeit und für Weltoffenheit. Die Norweger haben nicht einmal den Schritt getan, ihre Strafgesetze zu verschärfen, damit Anders Breivik lebenslang im Häfen sitzt, und sie haben auch die Todesstrafe nicht eingeführt, sondern sie haben gesagt: Die norwegische Demokratie ist so stark, dass wir damit fertig werden.
Diese Menschen werden es in Zukunft immer wieder versuchen. Politische Islamisten beziehungsweise islamistische Extremisten werden immer wieder versuchen, in Europa Unruhe zu stiften. Und angesichts dieser Tatsache müssen wir alle zusammenhalten und müssen wir gemeinsam mit der großen Mehrheit der moslemischen Bevölkerung, die hier ja friedlich lebt, und mit allen anderen vielfältigen Völkern Europas dagegenwirken.
Eine der wichtigen Voraussetzungen für den Umgang mit dieser Situation ist, dass wir Prävention, aber auch Aufklärung in unseren Bildungseinrichtungen und in der Gesellschaft verstärkt betreiben müssen.
Und zweitens müssen wir mehr Mittel in die Hand nehmen. Minister Sebastian Kurz hat nur 10 Millionen EUR zur Verfügung, um mit dem Integrationsthema umzugehen. So ein riesiges Thema, das weltweite Dimensionen hat, kann man aber nicht mit 10 Millionen EUR bewältigen! Vielmehr muss man hier in die Leute investieren. Man muss die Leute akzeptieren, und man muss den Leuten das Gefühl geben, dass sie, wenn sie bei uns sind, gut aufgehoben sind und nicht bei den anderen.
Das Ziel dieser Terroristen ist es immer, das Bild zu erzeugen und den Menschen zu sagen: Ihr seid Moslems, und diese Christen wollen euch nicht haben, und weil die Christen euch nicht haben wollen, braucht ihr einen Beschützer, und das sind wir, das sind die politischen Moslems, Islamischer Staat, al-Qaida, Boko Haram oder wie sie alle heißen. Sie werden immer wieder versuchen, hier in Europa zu intervenieren und die Leute für sich zu gewinnen.
Wir müssen auf diese Veränderungen behutsam, durchdacht und mit Genauigkeit reagieren, und wir dürfen nicht sofort zu Strafmaßnahmen greifen. Sobald wir das Wort Strafe in den Mund nehmen, schicken wir die Menschen immer mehr in die Arme dieser Leute, die den Muslimen und vor allem auch den Muslimen in Europa Angst einjagen wollen, damit sie hier besser Fuß fassen können.
Ich bin die Anträge durchgegangen. Aus dem Antrag betreffend die Integrationswilligkeit möchte ich nur eine Passage zitieren, Frau Leeb: „Das Wesentlichste ist aber, allen Menschen eine Perspektive zu geben, soziale Sicherheit zu erreichen. Um dies zu erreichen, müssen die Menschen Teilhabe an der Gesellschaft haben, Teilhabe am Arbeitsmarkt und am Bildungsbereich, Teilhabe auf Augenhöhe.“
Ich bin vollkommen bei Ihnen! Wenn wir aber unsere Gesellschaft anschauen, dann werden wir sofort feststellen, dass eine Teilhabe auf Augenhöhe noch nicht erreicht ist. Diese gibt es nicht!
Schauen wir uns zum Beispiel die politischen Rechte an: Es kommen in Wien Kinder auf die Welt, die dann nicht einmal bei den Kommunalwahlen mitmachen dürfen, weil sie eine andere Staatsbürgerschaft haben.
Augenhöhe auf allen Ebenen: Diesbezüglich bin ich vollkommen bei Ihnen! Aber Augenhöhe einzufordern und gleichzeitig das Wahlrecht für DrittstaatsbürgerInnen abzulehnen, konterkariert Ihre Vorstellungen von Zusammenleben! (GR Mag Wolfgang Jung: Glauben Sie!)
Ein Zusammenleben wirklich auf Augenhöhe und gleiche Rechte: Das würde den Menschen das Gefühl geben, dass sie hier willkommen sind. Daher lehnen wir diesen Antrag ab. (GR Mag Wolfgang Jung: Es gibt eben Staatsbürgerrechte! Haben Sie das noch immer nicht begriffen?)
Politische Bildung ist eine urururgrüne Forderung. Derzeit kommt diese Forderung allenthalben. Aber wenn Sie das Fach „Politische Bildung“ anlassbezogen mit den Ereignissen in Frankreich einfordern und nicht hinsichtlich der gesamten Entwicklung in Europa, wo ja mehrere Problemlagen vorhanden sind beziehungsweise es aber auch mehrere Chancen gibt, und nur einen diesbezüglichen Antrag stellen, dann ist dieser Antrag nicht vollständig, und daher lehnen wir diesen Antrag ab.
Unseren gemeinsamen Antrag hat Heinz Vettermann ja schon eingebracht.
Zur Aberkennung der Staatsbürgerschaft: Franz Fuchs war ein österreichischer Terrorist. Er hat seine Terrorakte in Österreich gesetzt, und damals gab es keine Debatte darüber, dass man ihm die Staatsbürgerschaft aberkennt. (Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Wenn man eine solche Diskussion gerade in einer Phase, in der eingebürgerte Menschen in Terrorakte verwickelt werden, führt, dann produziert man Fremdenfeindlichkeit auf dem Rücken von neuen Österreichern und Österreicherinnen. (GR Mag Wolfgang Jung: Darf man die Fakten nicht mehr aufzeigen?)
Ich glaube nicht, dass die Aberkennung der Staatsbürgerschaft eine Lösung ist. Vielmehr besteht die Lösung darin, wichtige und gute Präventionsarbeit zu leisten, die es den Menschen ermöglicht, einzusehen, dass weder IS noch al-Qaida, Boko Haram oder sonstige terroristische Organisationen für sie eine Lösung sind. – Danke schön. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Der Berichterstatter hat auf das Schlusswort verzichtet. Die Debatte ist somit geschlossen.
Wir kommen nun zur Abstimmung. Wer der Postnummer 22 die Zustimmung gibt, den ersuche ich um ein Zeichen mit der Hand. – Wird von der FPÖ, vom Klubunabhängigen, von der SPÖ und den Grünen so akzeptiert und hat damit mehr als die ausreichende Mehrheit.
Es gelangen nun die eingebrachten Beschluss- und Resolutionsanträge zur Abstimmung.
Erstens lasse ich den Antrag der ÖVP betreffend Einführung eines verpflichtenden Schulfaches „Wertevermittlung und Politische Bildung“ abstimmen. Die sofortige Abstimmung wurde verlangt. Wer diesem Antrag zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen mit der Hand. –
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