Gemeinderat, 62. Sitzung vom 29.01.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 27 von 103
Wenn Sie jetzt also – und das halte ich schon für sehr entscheidend – den Begriff Sicherheit so eng fassen und auf den Schutz vor Kriminalität und Terror beschränken, dann sage ich: Nicht zufällig ist ein Wirtschaftszweig in den letzten Jahren weltweit und europaweit am stärksten gewachsen, nämlich die Sicherheitsbranche! (GR Mag Wolfgang Jung: Das hat seinen Grund!)
Werte Damen und Herren! Spielen wir nicht mit Emotionen und ernstzunehmenden Ängsten der Menschen, sondern leisten wir konkrete Arbeit. (Beifall bei GRÜNEN und bei SPÖ. – Zwischenrufe bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Als nächster Redner hat sich Herr GR Haslinger gemeldet.
GR Gerhard Haslinger (Klub der Wiener Freiheitlichen): Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
Es klingt ein bisschen skurril, wenn der Vorwurf gemacht wird, dass ein Sicherheitsstadtrat nur deswegen gefordert wird, damit ein Posten geschaffen wird, zumal das gerade von einer Partei kommt, die von einem Beauftragten zum anderen Beauftragten Leute kreuz und quer durchs Land mit Positionen versorgt und beschäftigt. (Beifall bei der FPÖ und von GR Dr Wolfgang Aigner.)
Dabei weiß man gar nicht genau, wofür diese zuständig sind. Aber Sie sagen, bei der Schaffung der Funktion eines Sicherheitsstadtrats, was ein sehr wichtiges Thema ist, handle es sich nur um Postenschacherei. – Das ist eigenartig, aber es soll sich halt jeder seine Gedanken darüber machen.
Herr Kollege Schuster hat gesagt, dass Sicherheit in Wien aus Sicht der Gemeinde stattfindet und dass das niemand kritisieren könne. Sie haben gesagt: Die Rettung funktioniert, und die Feuerwehr funktioniert. – Wir werden schauen, wie lange die Rettung funktioniert, denn bei der Rettung wird vom Personal her von drei Mann Besatzung auf zwei Mann Besatzung reduziert. Im Hinblick darauf gibt es größte Bedenken der Besatzung der Wiener Rettung, dass dann wiederum, weil nicht jeder Einsatz nur ein Rettungseinsatz ist, sondern es auch sehr oft zu Konflikten kommt, auf die Polizei zurückgegriffen werden muss, damit die Sanitäterin und der Sanitäter im Einsatz geschützt werden.
Über das gleiche Problem können wir uns auch betreffend die Feuerwehr unterhalten. Nach der Schließung der Gruppenwachen in Wien Brigittenau, Neubau und im Kahlenbergerdorf ist es nachweislich zu Situationen mit Todesfolge gekommen. Im Gemeindebau hat es dort, wo die Gruppenwache Brigittenau war, gebrannt, die Polizei war vor Ort, aber die Feuerwehr war nicht da, sodass deren Anrücken urgiert werden musste, damit sie die Wohnung öffnet. Leider ist der Betroffene verstorben. – Ihre Behauptung, dass Rettung und Feuerwehr in Wien so gut funktionieren, ist also mit ein paar Worten ganz leicht in Frage zu stellen!
Zur Polizei: Warum braucht man einen Sicherheitsstadtrat? Warum braucht man einen politisch Verantwortlichen der Stadt, der sich um die Aufrechterhaltung von Ruhe, Ordnung und Sicherheit in der Stadt kümmert und ansprechbar ist? Das ist wichtig und notwendig. Es reicht nämlich nicht, dass es in Wien einen Polizeipräsidenten gibt, der von der Innenministerin beziehungsweise vom Innenministerium nach Rücksprache oder in Absprache mit dem Landeshauptmann für fünf Jahre bestellt wird, und man dann sagt, wir haben einen Polizeipräsidenten, der macht das schon, der wird schon für Sicherheit sorgen. Das ist falsch, denn man kann dem Polizeipräsidenten – der sich beispielsweise jetzt im Zusammenhang mit dem Akademikerball in einer Zwickmühle befindet, weil er‘s, wie er‘s macht, falsch macht – nicht zuletzt mehr oder weniger alles umhängen. Daher sollte der Posten eines Sicherheitsstadtrats geschaffen werden, aber nicht wegen des Postens an sich, sondern weil diese Funktion wichtig und notwendig ist.
Ich meine, dass es unfair ist, wenn man sich zurücklehnt und sagt, für die Sicherheit ist die Polizei zuständig! Die Polizei – das wurde schon angeführt – vollzieht auch sehr viele landesgesetzliche oder ortspolizeiliche Vorschriften, aber das kann nicht ihre Aufgabe sein! Die Zeiten haben sich nämlich verschlechtert. Man kann nicht mehr in dem Gedanken leben, wie es vor 20 oder 30 Jahren war, denn auch das Verhalten der Bevölkerung hat sich verändert. Man geht mit Ordnung anders um. Es gibt sehr viele europäische Städte, und es gibt auch in Österreich ein paar Städte, die es sich ganz einfach leisten, die Ordnung in der Stadt durch eigene Organe sicherzustellen und das nicht der Polizei zu übertragen. Und wenn ein Einschreiten der Polizei notwendig ist, dann haben die Organe, die unter Umständen auch nationale Daten von Verursachern und Aufforderern feststellen können, diese dann einfach an die Polizei zu übermitteln. Dann erspart sich nämlich die Polizei schon sehr viel Zeit.
Es ist natürlich auch unverantwortlich, wenn sich die Verantwortlichen der Stadt Wien zurücklehnen und der Innenministerin beziehungsweise der ÖVP vorwerfen, dass uns 1 000 Polizisten mehr versprochen wurden und dass dieses Versprechen nicht eingehalten wurde. – Die Blauen haben es schon vorhergesagt, als darüber diskutiert wurde: Das wird sich nicht ausgehen! Sie brauchen nur die Pressedienste des Kollegen Herbert - AUF - durchlesen, dass wir es vorhergesagt haben! Damals habt ihr noch dementiert und gesagt, dass alles anders sein wird. Jetzt aber muss man reagieren und ganz einfach zur Kenntnis nehmen, dass diese Beamten nicht da sind.
Auch die Wirtschaft muss darauf reagieren. Ich bin vor zwei Tagen durch den 1. Bezirk gegangen und habe voll Erstaunen festgestellt: Dort stehen in einem Bereich von ein paar Hundert Metern sechs ganz schwarz gekleidete Zivilpersonen, von schwarzer Haube bis zu schwarzen Schuhe, sichtbar bewaffnet mit der Aufschrift „Security“, und bewachen den Bereich Fleischmarkt über den Graben bis zur Bräunerstraße und Stallburggasse, und vor dem Jüdischen Museum sind noch zwei Personen der Group 4 gestanden. – Offenbar sehen auch die Wirtschaftstreibenden, dass die Polizei hier ihrer Aufgabe nicht nachkommen kann, und ich, der ich halt wirklich damit betraut bin, weiß, dass die entsprechenden Ressourcen, damit man eben alles machen kann, nicht mehr
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