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Gemeinderat, 62. Sitzung vom 29.01.2015, Wörtliches Protokoll  -  Seite 4 von 103

 

Ein bisschen in die Vergangenheit blickend, möchte ich Sie daher fragen: Hat es während dieser Phase des Kurses von 1,20 seitens der Stadt Wien, des Finanzmanagements, Überlegungen gegeben, diese Phase zu nutzen, um diese Frankenkredite sozusagen endgültig ad acta zu legen?

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Vizebürgermeister.

 

VBgmin Mag Renate Brauner: Sie haben recht, Herr Kollege, niemand freut sich über diese Entwicklung, auch nicht innerhalb der Schweiz. Hier gibt es ja viele heftige Diskussionen, vor allem auch über die überraschende Maßnahme, die seitens der Schweizerischen Nationalbank gesetzt wurde. Sie haben auch recht, und ich hoffe, dass wir auf dieser sachlichen Ebene, wie Sie es jetzt angeschnitten haben, dieses Thema auch weiterdiskutieren können.

 

Die Frage ist: Wie geht man jetzt damit um? Philosophische Fragen - was wäre, wenn?, hätte man in den 80er Jahren mit dieser Strategie beginnen sollen oder nicht, in den frühen 80er Jahren? - sind relativ müßig. Die Frage ist, wie man jetzt damit umgeht.

 

Diese Frage befasst uns natürlich schon seit einiger Zeit, und die Entscheidung, keine neuen Fremdwährungskredite aufzunehmen, ist ja auch keine, die jetzt auf Grund dieser Entwicklung getroffen wurde, sondern eine schon sehr lange, seit dem Jahr 2011. Wir haben hier auch entsprechende gesetzliche Bestimmungen, obwohl wir dazu nicht gezwungen waren, weil die Vereinbarungen mit dem Bund ja nicht zustande gekommen sind.

 

Unser Gesetz zu einer risikoaversen Finanzgebarung ist also nicht auf Grund Zwangs seitens des Bundes gekommen. Das hat er nämlich nicht zusammengebracht, weil es zu keiner Einigung gekommen ist auf Grund der Nichtzustimmung der Opposition, sondern es war eine Regelung, die wir uns selber gegeben haben, inklusive des Ziels des Ausstiegs aus den Fremdwährungskrediten.

 

Dieses Ziel ist natürlich weiter aufrecht, aber nicht, wenn wir einen ungünstigen Zeitpunkt haben. Das ist natürlich nicht gut, und das ist auch nicht beabsichtigt. Sie wissen, dass hier ja ein großer Zinsvorteil lukriert wurde, und das Ziel ist, diesen Zinsvorteil möglichst hoch beizubehalten.

 

Die Einschätzung der Experten - um auf Ihre Frage genauer einzugehen - war in der Vergangenheit, dass nicht so hohe Möglichkeiten und so hohe Chancen, diese Zinsvorteile auch in Zukunft zu tragen, auch in den vergangenen Jahren gegeben waren. Deswegen ist zwar, relativ gesehen, durch die Nichtneuaufnahme der Anteil an Schweizer-Franken-Krediten zurückgegangen, aber es ist zu keiner Zurückzahlung gekommen. Das war die Einschätzung zur damaligen Zeit.

 

Jetzt müssen mir damit unter den aktuellen Rahmenbedingungen umgehen und selbstverständlich die Strategie adaptieren, weil sich die Rahmenbedingungen natürlich verändert haben.

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich danke. - Die 2. Zusatzfrage stellt GR Mag Neuhuber. - Bitte.

 

9.09.59

GR Mag Alexander Neuhuber (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Guten Morgen, Frau Vizebürgermeisterin!

 

Bleiben wir gleich bei der Strategie. Im Strategiepapier für den Abbau der Fremdwährungsfinanzierungen der Stadt Wien spekulieren Sie mit einem möglichen Kurs des Schweizer Franken von 1,32 zum Euro, zu dem dann konvertiert werden sollte, falls sich dieser Kurs bis 2016 ergibt. Nun ist nach allgemeiner Analystenauffassung ein derartiger Kurs in weite Ferne gerückt, wird also bis 2016 wahrscheinlich nicht erreicht werden.

 

Daher meine Frage, Frau Vizebürgermeisterin: Wollen Sie an dieser Strategie festhalten, dass wir nur zu 1,32 in den Euro zurückwechseln, oder könnte das vielleicht auch ein anderer Kurs sein?

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Vizebürgermeister.

 

VBgmin Mag Renate Brauner: Es ist eine geschickte Einfügung des Begriffes Spekulation - ich bin gespannt, ob Sie das auch im Niederösterreichischen Landtag sagen würden, denn die Niederösterreicher haben genau dieselbe Strategie gewählt wie die Wiener. (Amtsf StR Christian Oxonitsch: Leider darf man dort nicht einmal fragen! - Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das ist richtig, ja, aber dort sind die Kontrollrechte der Opposition ein bisschen andere. Aber das ist jetzt nicht mein Thema.

 

Ich versuche jedenfalls, auf der sachlichen Ebene zu bleiben. Ich glaube, es macht nicht sehr viel Sinn, aus einer sehr langen und sehr ausführlich dargestellten strategischen Überlegung, die wir im Finanzausschuss diskutiert haben - das zeigt übrigens, danke, dass Sie es erwähnen, mit welchen Informationen wir hier ganz offensiv immer auch im Ausschuss umgegangen sind, dass wir das auch alles entsprechend diskutiert und vorgelegt haben -, es macht wenig Sinn, jetzt einen Satz herauszuholen, sondern Sie wissen ganz genau, dass wir hier sehr viele Rechnungen angestellt haben, wie denn eine gute Lösung für uns in dieser Situation sein kann, dass eben auf der einen Seite der von Ihnen angesprochene Kurs die gesamten über 700 Millionen - wenn man es mit der Inflation berechnet, eigentlich fast 800 Millionen, aber ich bin da immer auf der vorsichtigen Seite, sonst wirft man mir vor, wir würden hier Dinge schönrechnen, aber eigentlich haben wir auch von externen Experten bestätigt bekommen, dass wir uns eigentlich bei 800 Millionen befinden -, dass es hier also sehr viele Berechnungen gibt, in welcher Situation, in welchen Relationen ein wie hoher Anteil dieser Zinsvorteile weiter lukriert werden kann.

 

Es ist also nicht nur dieser eine Referenzzinssatz, den Sie angesprochen haben, sondern es sind auch viele andere. Und ja, selbstverständlich muss die Strategie jetzt adaptiert werden, nachdem sich die Rahmenbedingungen völlig geändert haben. Das habe ich auch in meiner Anfragebeantwortung gleich zu Beginn gesagt, dass wir jetzt mit den veränderten Rahmenbedingungen umgehen müssen, dass wir die Situation wie bisher analysieren müssen und natürlich mit Hilfe von externen Finanzexperten auch die Strategie entsprechend adaptieren müssen.

 

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