Gemeinderat, 62. Sitzung vom 29.01.2015, Wörtliches Protokoll - Seite 3 von 103
(Beginn um 9.01 Uhr.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Meine sehr geschätzten Kolleginnen und Kollegen!
Ich eröffne die 62. Sitzung des Wiener Gemeinderates. - Ich versuche nur zu warten, bis hier ein bisschen mehr Ruhe einkehrt.
Entschuldigt für die heutige Sitzung sind: GR Flicker, GR Kops, GR Mag Kowarik, GRin Ludwig-Faymann, GRin Prof Dr Vitouch und GR Mag Werner-Lobo.
Ich möchte - und wir haben das auch in der Präsidialkonferenz so vereinbart - darauf hinweisen, dass heute um 13 Uhr das Begräbnis eines ehemaligen Kollegen von uns stattfindet, nämlich von Robert Parzer, einem ÖVP-Gemeinderat und - ich kann das für die sagen, die ihn gekannt haben - auch einem lieben Freund. Wegen dieses Begräbnisses möchte ich darauf aufmerksam machen, dass folgende Personen sich dafür genannt haben, zum Begräbnis zu kommen. Ich sage das hier sehr, sehr bewusst, damit nicht jemand auf die ungute Idee kommt, Vorwürfe zu machen, weil manche nicht da sind. - Entschuldigt in der Zeit von zirka 12.30 Uhr oder ein bisschen früher bis 15.30 Uhr sind: StR Mag Juraczka, GRin Korosec, GR Dr Mayer, GR Mag Maresch, GRin Puller, GRin Schubert, GR Dipl-Ing Stiftner und GR Dr Ulm.
Ich wollte das hier am Beginn sagen. Kondolenzschreiben haben wir schon an die Witwe gerichtet.
Wir kommen zur Fragestunde.
Die 1. Anfrage (FSP - 00169-2015/0001 - KU/GM) wurde von Herrn GR Dr Wolfgang Aigner gestellt und ist an die Frau amtsführende Stadträtin der Geschäftsgruppe Finanzen, Wirtschaftspolitik und Wiener Stadtwerke gerichtet. (Die Schweizerische Nationalbank konnte und wollte den Euro nicht mehr weiter stützen und hat daher den Frankenkurs freigegeben, was zu einer massiven Aufwertung des Franken im Vergleich zum Euro geführt hat. Dadurch hat sich der Buchwert der Wiener Frankenschulden schlagartig um einen dreistelligen Millionenbetrag erhöht. Die stetige Verlängerung der Laufzeiten verhindert zwar die Realisierung der eingetretenen Kursverluste, sie führt aber zu steigenden Zinszahlungen. Da aus heutiger Sicht - nicht zuletzt durch die Weichwährungspolitik der EZB - nicht mit einer nachhaltigen Erholung des Euro im Verhältnis zum Franken zu rechnen ist, hätte die Phase des Mindestkurses von 1,20 Franken zum Euro genutzt werden können, aus dem Spekulationsgeschäft „Frankenkredite“ zu einigermaßen erträglichen Bedingungen auszusteigen. Diese Möglichkeit wurde nicht genützt. Welche Strategie verfolgen Sie, um die effektiven Verluste aus diesem finanziellen Abenteuer für die Steuerzahler zu minimieren?)
Bitte, Frau Vizebürgermeister.
VBgmin Mag Renate Brauner: Vielen Dank. - Einen schönen guten Morgen, sehr geehrte Damen und Herren!
Die 1. Anfrage befasst sich mit einem Thema, über das wir uns heute ja noch länger auseinandersetzen werden. Wir werden noch öfters Gelegenheit haben, dieses Thema zu besprechen.
Meine Position und die Inhalte zu dem Thema Fremdwährungskredite sind bekannt. Wir sind ja hier den Weg einer völligen Offenheit und Transparenz und einer offensiven Informationspolitik gegangen. Ich kann Ihre Frage also sehr kurz beantworten: Es ist festzuhalten, dass die Nichttilgung zu ungünstigen Zeitpunkten der Schweizer-Franken-Finanzierungen verhindert, dass es zu effektiven Verlusten kommt.
Sie wissen, dass die Stadt Wien in den letzten Jahren Maßnahmen und Strategien gesetzt hat, um das Währungsrisiko für die Stadt Wien möglichst gering zu halten. Sie wissen auch, dass die Stadt Wien nicht verpflichtet ist, zu einem speziellen Zeitpunkt, zu einem ungünstigen Zeitpunkt aufzunehmen oder zurückzuführen. Auf Grund des bestehenden Schuldenmanagements sowie des guten Liquiditätsstandes der Stadt können Schuldenaufnahmen oder Schuldenrückführungen jeweils zu einem für die Stadt günstigen Zeitpunkt durchgeführt werden.
Damit eine Umschuldung von Schweizer-Franken-Finanzierungen in Euro-Finanzierungen flexibel möglich und gewährleistet ist, sind allerdings kurze Bindungsfristen notwendig. Und das - auch das wissen Sie - erfolgt im Falle Wiens durch die Rollierung bestehender kurzfristiger Schweizer-Franken-Finanzierungen auf monatlicher Basis in Form von Barvorlagen.
Ziel ist, das bestehende Restportfolio bei einer günstigeren Wechselkursrelation zwischen Schweizer Franken und Euro in Euro zu konvertieren. Denn im Gegensatz zu den vielen Privaten, deren Kredite ein definitives Endfälligkeitsdatum haben, gibt es ein solches für die Stadt Wien nicht. Die Stadt hat also die Möglichkeit, entsprechende Entwicklungen abzuwarten.
Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist wichtig, jetzt ruhig und bedacht weitere Schritte zu planen. Voreilige, kurzfristige Reaktionen erachte ich für kontraproduktiv. Wir nehmen natürlich die aktuelle Situation sehr ernst, beobachten und analysieren ständig die veränderten Rahmenbedingungen, natürlich auch unter Beiziehung von externen Finanzmarktexperten.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Ich danke. - Die 1. Zusatzfrage stellt GR Dr Aigner. - Bitte.
GR Dr Wolfgang Aigner (Klubungebundener Mandatar): Vielen Dank, Herr Vorsitzender! Grüß Gott, Frau Vizebürgermeisterin!
Herzlichen Dank für Ihre Antwort! Ich möchte, bevor ich zu meiner Zusatzfrage komme, vielleicht vorausschicken, dass sich ja über diese Entwicklung niemand freut, weil sie insgesamt für den Euroraum keine gute ist. Das trifft private Kreditnehmer, es trifft die öffentlichen Hände. Es ist also hier auch kein Anlass, schadenfroh zu sein, sondern es ist halt die Frage, wie man aus dieser Situation am besten herauskommt.
Die Stadt Linz ist auch betroffen. Dort geht man jetzt den Weg, glaube ich, sozusagen im politischen Einvernehmen in den Euro zu wechseln. Ich glaube, es war auch klar, dass diese Maßnahme der Schweizerischen Nationalbank, den Frankenkurs durch Interventionen über einen gewissen längeren Zeitraum künstlich konstant zu halten, zeitlich befristet war.
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