Gemeinderat, 60. Sitzung vom 26.11.2014, Wörtliches Protokoll - Seite 17 von 53
Sie auf, sich da irgendwie zu empören, hören Sie einmal zu! Hören Sie schlichtweg zu! Sie können sich ja dann zu Wort melden. Sie halten es nicht aus in dem Augenblick, wo man sagt, machen wir etwas Konkretes.
Sagen Sie den Menschen, die es konkret betrifft, dass es das Team der Wiener Energieunterstützung gibt - jetzt ist ein eigenes geschaffen worden -, dass es dort Möglichkeiten gibt, dass man sehr wohl die ganzen offenen Rechnungen zahlen kann (GR Johann Herzog: Das ist doch nicht wahr!), dass man investiert in Kühlschränke, in Austausch, in Sanierungen! Informieren Sie die Menschen darüber und unterstützen Sie uns gleichzeitig, dass auf Bundesebene ebenfalls etwas geschieht! Es ist schade, dass das Energieeffizienzgesetz hier nicht die EU-Richtlinie umgesetzt hat, nämlich einen großen Teil auch für die Energiearmut zur Verfügung zu stellen.
Beteiligen Sie sich daran, machen Sie es (GR Mag Wolfgang Jung: Sie sind in der Regierung!) - denn einer der springenden Punkte ist die unglaubliche Scham, überhaupt Unterstützung in Anspruch zu nehmen. Und daran sind auch Sie beteiligt (GR Mag Wolfgang Jung: Nein, Sie sind in der Regierung!) mit der permanenten Propaganda, dass die Menschen es sich ja gar nicht leisten dürfen, Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Wenn Sie wollen, dass in Wien niemand erfriert, dann bitte ich Sie: Gehen Sie aufmerksam durch die Stadt, informieren Sie alle Einrichtungen, NGOs, die hier Tag und Nacht dafür arbeiten (GR Johann Herzog: Sie reden nicht zum Thema!), damit tausenden Menschen - und wir haben letztes Jahr schon 2 600 Menschen untergebracht – geholfen wird, damit das auch passiert. (GR Johann Herzog: Sie weichen dem Thema aus!)
Nein, ich weiche nicht dem Thema aus! Wir sprechen von Armut (GR Mag Wolfgang Jung: Ja, dann tun Sie was dagegen! Nicht nur darauf hinweisen! - GR Johann Herzog: Das ist Armutsbegründung!), und Ihre einzige Aussage ist, hier zu sagen, unter dem Strache wird es das nicht geben. Sonst kriegen wir von Ihnen überhaupt keine konkreten Maßnahmen. Wenn wir Arbeitslosigkeit bekämpfen wollen, dann müssen wir über die Konjunktur sprechen, über die Wirtschaftssituation (GR Johann Herzog: Machen Sie eine gescheite Wirtschaftspolitik!) und darüber, wie wichtig es ist, endlich über Arbeitszeitverkürzung und über Mindestlöhne zu sprechen, und gleichzeitig aber auch darüber - was wir ja die letzten zwei Tage gemacht haben -, wie wichtig es ist, dafür auch Schulden in Kauf zu nehmen, denn wir müssen öffentlich investieren. Das schafft Arbeitsplätze und das verhindert auch Armut.
Wir müssen, wenn wir über Armut reden, ernsthaft darüber diskutieren, in welcher Situation die Menschen sind, die es konkret betrifft - mit diesem Leistungsdruck, mit diesem Druck, funktionieren zu müssen (GR Johann Herzog: Warum sind sie arm? Das ist die Frage – und nicht ihre emotionale Empfindlichkeit!) und permanent vor allem von den Oppositionsparteien damit konfrontiert zu werden, dass sie Sozialschmarotzer sind, dass sie Leistungsbezieher in der sozialen Hängematte sind. Reden wir von Recht und Würde und Respekt für alle Menschen, die hier in diesem Land leben! Beenden Sie Ihren Diskurs – damit können Sie etwas Sinnvolles beitragen! Reden wir auch über ein Referenzbudget, darüber, was es heißt, wirklich würdevoll in diesem Land zu leben!
Es gibt viel zu tun. Begnügen Sie von der Opposition sich nicht damit, hier Stimmung zu machen, sondern handeln Sie solidarisch, handeln Sie menschlich! Dann haben wir von den Regierungsparteien mehr Zeit, diese Arbeitslosigkeit und Armut wirklich zu bekämpfen, und müssen nicht permanent damit beschäftigt sein, Ihre Angstpolitik und Ihre Darstellungen zurechtzurücken. - Vielen Dank. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ. – GR Johann Herzog: Das war schwach!)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau GRin Mörk. Ich erteile es ihr.
GRin Gabriele Mörk (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Das Thema der heutigen Aktuellen Stunde ist wieder einmal ein Versuch der FPÖ, Wien und die Wiener Stadtregierung schlechtzureden. Und, Herr Kollege Seidl, eine Anmerkung: Berlin wird nicht von Rot-Rot, sondern von Rot-Schwarz regiert. Wenn, dann sollte man auch bei den Fakten bleiben.
Trotz schwieriger Rahmenbedingungen durch die Wirtschafts- und die Finanzkrise und trotz der Tatsache, dass Wien die einzige Großstadt in Österreich ist und somit auch der Großstadtfaktor zum Tragen kommt, sind durchaus positive Effekte in der Armutsbekämpfung zu erkennen. Das durchschnittliche Nettoeinkommen der WienerInnen ist 2013 gegenüber dem Vorjahr um 461 EUR gestiegen. Ganz besonders davon profitiert haben die niedrigen Einkommen.
Der Vergleich zu 2012 zeigt deutlich, dass die ärmeren Einkommensschichten in Wien einen höheren Einkommenszuwachs hatten als die reichen. Im Jahr 2013 verdienten 25 Prozent der WienerInnen weniger als 14 059 EUR pro Jahr - das sind um 6 Prozent beziehungsweise 805 EUR mehr als im Jahr 2012. Und bei den ärmsten 10 Prozent der WienerInnen ist eine Steigerung von 670 EUR pro Jahr eingetreten.
Österreichweit hingegen zeigt sich ein ganz anderes Bild. Die ärmsten 10 Prozent der ÖsterreicherInnen stagnieren mit ihren Einkommen bei einem Minus von 22 Prozent, und das durchschnittliche Einkommen der ÖsterreicherInnen ist um 57 EUR auf 24 336 EUR gesunken. In Wien hingegen ist das durchschnittliche Einkommen aller WienerInnen um 461 EUR auf 24 243 EUR gestiegen.
Auch bei der Betrachtung der Armutsgefährdungsgrenze zeigt sich ein ähnliches Bild. In Wien ist die Zahl rückläufig, in Österreich ist sie leider im Steigen begriffen.
Die Zahl der armuts- und ausgrenzungsgefährdeten Personen konnte in Österreich und in Wien seit dem Jahr 2008 um 2 Prozent gesenkt werden. Im Vergleich zu 2012 waren es im Vorjahr 39 000 WienerInnen weniger. Besonders bei Kindern und Jugendlichen zeigt sich eine positive Entwicklung gegenüber 2013, ein Rückgang um
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