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Gemeinderat, 54. Sitzung vom 23.06.2014, Wörtliches Protokoll  -  Seite 75 von 105

 

Ich sage Ihnen abschließend, Frau Stadträtin: Eine soziale Politik für die Bürger sieht meiner Meinung nach ganz anders aus. Darum werden wir natürlich auch dem Rechnungsabschluss nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr GR Dr Aigner. 5 Minuten und 30 Sekunden stehen zur Verfügung.

 

17.18.59

GR Dr Wolfgang Aigner (Klubungebundener Mandatar)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Meine Damen und Herren!

 

Ein ganz zentraler Bereich, in dem die Lebensqualität und die Versorgungsqualität einer Stadt zum Ausdruck kommen, ist der Gesundheits- und Sozialbereich. Wir haben hier wirklich einen Spitzenwert und einen Spitzenplatz zu verteidigen, aber diese Verteidigung ist oft gar nicht so einfach. Ich möchte jetzt meine Befürchtungen irgendwie der Reihe nach anbringen und eben die Befürchtung äußern, dass ich meine, dass wir dabei sind, diese Spitzenplätze relativ leichtfertig zu vergeben und aufzugeben.

 

Ich sehe im neuen Spitalskonzept sehr wohl ein Herunterfahren der Stadt von deren Gesundheitsbetreuung in Wien. Wir schließen Spitäler, um auf der anderen Seite andere Spitäler auszubauen, aber gleichzeitig werden ehemalige umfassende Schwerpunktspitäler heruntergefahren, es werden Abteilungen geschlossen, und man bedient sich jetzt im Endeffekt eines Tricks, indem man sagt, immer je zwei Spitäler gehören zusammen und bilden gemeinsam ein Schwerpunktspital. Aber, meine Damen und Herren, ein Schwerpunktspital einer fast Zwei-Millionen-Stadt muss irgendwie anders funktionieren wie ein Bezirkskrankenhaus weit am Land draußen. Spitalsinterne Zusammenarbeit, universitäre Zusammenarbeit leben davon, dass die verschiedenen Abteilungen am gleichen Ort beisammen sind. Es mutet daher schon etwas eigenartig an, wenn man die alten Substanzen wie im Krankenhaus Hietzing, im ehemaligen Lainz, schließt und sagt, da hat man nicht alles in einem Gebäude, da muss man zwischen einem Pavillon und dem anderen hin und her gehen, und dann sagt man gleichzeitig, die Hälfte der Abteilungen gibt es nicht mehr in Hietzing, sondern da muss man gleich ins Wilhelminenspital fahren. Oder wir bauen ein neues Krankenhaus Nord und sagen, die Hälfte der Abteilungen gibt es aber nicht im Krankenhaus Nord, sondern die sind im Donauspital zu finden. Also ich weiß nicht, ob man sich dort als Patient gut aufgehoben fühlen kann und ob dort auch Ärzte verantwortungsvoll zusammenarbeiten können. Daher sollten wir wirklich Schwerpunktspitäler so umfassend ausgestalten und finanzieren, damit nicht auch das ganze Know-how verloren geht.

 

Das bringt mich jetzt gleich zum AKH. Das AKH ist ja nicht irgendein Spital, das ist mehr oder weniger unser Flugzeugträger, unser Flaggschiff, und das wird eigentlich seit Jahren und Jahrzehnten im Kompetenzstreit zwischen Bund und Land Wien, zwischen MedUni und Stadt Wien zerrieben. Ich bin jetzt der Letzte, der Schuldzuweisungen aussprechen möchte, aber eigentlich rennen uns ja schon die Professoren und die guten Leute davon. Wir sind nicht mehr so wie früher in einer Situation, wo wir lange Listen mit Turnusarzt-Kandidaten haben, wo Menschen jahrelang gewartet haben, dass sie einen Facharztausbildungsplatz in einem Wiener Gemeindespital bekommen. Die Zeiten sind vorbei. Die Leute rennen uns schlichtweg davon. Die Professoren gehen woanders hin, die Assistenten gehen woanders hin. Ich frage mich wirklich: Was macht die Stadt, damit Wien auch ein attraktiver Arbeitgeber im Spitalsbereich ist, für Ärzte, für Pflegepersonal und auch für das notwendige administrative Personal? Wir haben nichts davon, wenn wir dann zu dem Schluss kommen, zwischen Bund und Land funktioniert das Ganze nicht, er geht letztendlich um das Ergebnis, und das Ergebnis ist ein sehr dürftiges, denn das AKH ist schon baufällig im wahrsten Sinne des Wortes, noch bevor es eine ordentliche Betriebsgesellschaft hat, die genau diese Fragen klären sollte.

 

Da haben wir massiven Handlungsbedarf. Eine Versorgung kann man relativ schnell herunterfahren, aber es ist nicht mehr möglich, den Standard, an den wir uns bisher mit guten Gründen in Wien gewöhnt haben, auf Knopfdruck wieder hinaufzufahren, wenn die Infrastruktur nicht passt und wenn die Menschen nicht mehr da sind, die diesen Standard halten können. Da hoffe ich wirklich, Frau Stadträtin – und ich habe in Ihre Problemlösungskompetenz durchaus auch ein großes Vertrauen –, dass Sie sich da durchsetzen und dafür Sorge tragen, dass wir vielleicht auch eine Diskussion darüber führen, welche Leistungen in der Stadt ganz gratis sein sollen und wo man vielleicht den einen oder anderen Kostenbeitrag verlangen kann. Ich meine, auch im Gesundheitsbereich wäre das möglich, und eine Ambulanzgebühr von 15 oder 20 EUR ist durchaus nicht so gestaltet, dass man sich die Ambulanz dann nicht mehr leisten kann. (GRin Dr Claudia Laschan: Die hatten wir schon! Die ist gescheitert!) Ja, die ist gescheitert, weil so viele Ausnahmen hineinreklamiert worden sind, dass es dann am Schluss verfassungswidrig war. Aber, ganz ehrlich, es gibt so viele andere Gebühren. Wasser ist genauso ein Grundrecht wie das Abwasser, und da haben Sie keine Hemmungen, Gebühren zu kassieren. Warum verlangt man dann nicht auch für hochwertige Spitalsversorgung im Ambulanzbereich einen moderaten Beitrag, der zumindest dazu führen könnte, dass man nicht leichtfertig mitten in der Nacht in die Spitäler geht mit Krankheiten oder mit Leiden, die man vielleicht schon die längste Zeit mit sich herumschleppt?

 

Ich habe nicht mehr viel Zeit, aber ich möchte noch ein Plädoyer für unseren klassischen Hausarzt halten. Ich glaube nicht, dass wir mit dem DDR-System von irgendwelchen verstaatlichten Gesundheitsversorgungen glücklich werden. Die Menschen brauchen einen Lotsen durch das Gesundheitssystem, und das soll der freiberuflich tätige Hausarzt sein. Doch diese Hausärzte sind massiv unter Druck, einerseits von Seiten der Stadt, die die Spitalsversorgung herunterfährt, andererseits von Seiten der Krankenkassen, die schlichtweg die Kassenarztstellen immer weiter einschränken. Da beißt sich die Katze in den Schwanz, und am Ende bleibt der Bürger

 

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