Gemeinderat, 47. Sitzung vom 13.12.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 61 von 104
Wir glauben, dass postmigrantisches Theater prinzipiell in dieser Stadt selbstverständlich zu begrüßen ist. Vielleicht trägt dieses auch wirklich zur Integration bei. Wir glauben aber auch, dass dieses hier ein Hype – eben ein Feigenblatt – ist, um die jahrzehntelangen Versäumnisse bei der Integrationspolitik dieser Stadt zu verbergen.
Wir glauben, dass man hier das Pferd eher von hinten aufzäumt. Ich glaube, dass Kunst und Kultur nicht unbedingt nur Probleme der Gesellschaft reflektieren sollen, sondern dass Kunst und Kultur auch die Probleme und vor allem den Umgang damit vorleben sollen. Und das geschieht unserer Meinung nach auch längst. Es gibt das postmigrantische Theater. Wir haben erst kürzlich die Auszeichnung des Stückes „Habe die Ehre“ von Ibrahim Amir, inszeniert von Hans Escher in einer Produktion der Wiener Wortstätten, mit dem Nestroy-Preis erlebt. Was wahrscheinlich fehlt, ist, dass die großen Repertoirehäuser mit ihrer Vielfalt im Spielplan auch dieses Thema aufnehmen.
Jetzt komme ich aber zu dem Thema, das ich schon am 21. November angesprochen habe: Wenn sich der Herr Stadtrat sozusagen politisch entscheidet, dass er der Juryempfehlung nicht folgt, dann ist das seine Sache. Und wir glauben aber auch, dass die Politik keinen inhaltlichen Einfluss auf die künstlerische Freiheit der Kulturschaffenden nehmen soll. Es könnte allerdings unter Umständen passieren, dass mit diesem postmigrantischen Theater Inseln geschaffen werden und dass sich dieses Thema quasi in diesen Inseln – nämlich vor allem im Kabelwerk auf der einen Seite, aber natürlich auch in der Garage X auf der anderen Seite – selbstständig macht, und im Hinblick darauf wäre es die Aufgabe der Kulturpolitik, dieses Thema insgesamt auf den Level dieser Stadt zu heben, um damit gerade die vielbeschworene Vielfalt auch durch eine breitere Einbindung aller Bevölkerungsschichten zu erreichen.
Das ist der Grund, warum wir diesem Akt nicht zustimmen werden, weil nämlich die postmigrantische Kultur wie eine Art Feigenblatt behandelt wird, wir jedoch meinen, dass eine entsprechende Einbindung in dieser Stadt schon längst stattgefunden hat. Deswegen wollen wir, wie gesagt, diesem Akt nicht zustimmen. (Beifall bei der ÖVP.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Mag Werner-Lobo. Ich erteile es ihm.
GR Mag Klaus Werner-Lobo (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Stadtrat!
Bei aller Liebe, Herr Kollege, aber ich glaube, das Schlimmste, was einem Regierungspolitiker passieren kann, ist eine Opposition, die man quasi nachher fragen muss: Was ist jetzt eigentlich euer Problem?
War das jetzt Kritik, oder war das keine Kritik? Ich könnte auf Kritik wahnsinnig gut antworten, aber irgendwie kenne ich mich jetzt nicht aus, was Sie uns eigentlich mitteilen wollten! Offenbar ist das, was wir tun, eh in Ihrem Sinn, Sie meinen nur, man könnte mehr davon machen, und deswegen stimmen Sie dem, was wir jetzt tun, nicht zu. Das verstehe ich nicht! Ist auch egal, ich werde mich gar nicht darum bemühen.
Ich werde jetzt sagen, warum wir glauben, dass diese Entscheidung richtig war, und ich daher darum bitte, diesen beiden Poststücken zuzustimmen, nämlich der Subvention ans Kabelwerk und an die Garage X: Die Garage X ist schlicht und einfach eines der erfolgreichsten Theater dieser Stadt. Die Garage X platzt aus allen Nähten, sie wird international gelobt.
Ich werde mir jetzt erlauben ein paar Zitate aus internationalen Medien zu bringen: „In Berlin im HAU oder in Wien in der Garage X: Dort trifft man dann auf die Magie, die dem Stadttheater ja längst abhanden gekommen ist.“ – Das schreibt die „FAZ“. „Die Garage X in Wien gilt als Ort, an dem sich auf fruchtbare Weise gesellschaftliche Gegenwart mit zwingenden Theatererlebnissen verbindet.“ Das schreibt das „Hamburger Abendblatt“. „Die Garage X tut sich als eines der führenden Theater Wiens hervor, mit Gastspieleinladungen wie ans Hamburger Thaliatheater“ und so weiter.
Jetzt wieder österreichische Medien: „News“ schreibt: „Die Garage X am Petersplatz macht durch progressive Produktionen auf sich aufmerksam, zeitgenössisches Theater, politisch innovativ, gesellschaftskritisch und aktuell, das auch auf Festivals in wichtigen Theatern im deutschen Sprachraum gastiert.“
Und jetzt auch zum Thema postmigrantisches Theater, das wir ja explizit fördern wollen und das unter anderem dort stattfindet: Wir sind von der Idee abgekommen, nur einen sogenannten postmigrantischen Raum zu schaffen. Vielmehr haben wir dadurch, dass wir diese Signale gesetzt und eine entsprechende Diskussion eröffnet haben, bewirkt, dass sich mittlerweile zahlreiche Wiener Kulturinstitutionen bemühen, die Tatsache auf die Bühne zu bringen, dass Wien eine Zuwanderungsstadt ist.
Dazu schreibt wiederum „News“: „MitbürgerInnen ausländischer Herkunft sollen in Wien Raum bekommen, um ihre kulturellen Wurzeln zu leben und den“ – unter Anführungszeichen – „‚AltwienerInnen’ zu vermitteln. Das ist auch im Koalitionsabkommen zwischen der Wiener SPÖ und den GRÜNEN verankert. Ein Beispiel für positiven kulturellen Austausch, die Projektreihe ‚Pimp my Integration’ feierte im Theater Garage X große Erfolge mit mehr als 2 700 Besuchern. Die Brisanz der Thematik zeigt die Reaktion des Publikums: Oft wurde nach den Vorstellungen zwei Stunden lang diskutiert.“
So geht es dahin in praktisch allen Zeitungsmeldungen im In- und Ausland. Die Garage X wird gelobt als innovatives, zeitgenössisches Theater, das aktuelle gesellschaftliche Themen aufgreift.
Und überall ist das Gleiche zu lesen, etwa auch in einer Meldung im „Falter“: „Selbst die kleinsten Produktionen sind für die Räume der Garage X oft eine Nummer zu groß, deswegen muss man ins Kabelwerk übersiedeln. Das ist ein mutiger Schritt, den die Macher der Garage X, denen der Petersplatz zu klein ist, weil das Theater tatsächlich fast immer aus allen Nähten platzt, an die Peripherie machen.“
Wir haben damit gleich mehrere Punkte im rot-
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