Gemeinderat, 46. Sitzung vom 20.11.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 51 von 74
und keiner weiß, womit.
Für die Produktionen und Arbeiten werden dem Verein 120 000 EUR zugestanden, und das auf 4 Jahre fixiert. – Ich meine, wenn man nicht einmal weiß, was damit geschieht und was man den Kindern vorsetzen wird, dann ist das für eine Subvention viel zu wenig!
Dass ich zu Recht Sorge habe, wird durch die Tatsache bestätigt, dass heute in der Garage X eine Premiere der „Feuchtgebiete“ stattfindet. – Ich habe kein Problem damit, die sollen diesen literarischen Schocker aufführen, wo sie wollen. Aber es kann doch nicht sein, dass die Garage X mit solchen Inszenierungen am Subventionstropf hängt. Ich glaube, das kann niemand wollen! Und daher würde ich sagen: Die Garage X kann keine Subvention bekommen, wenn dort solche Stücke aufgeführt werden! – Danke. (Beifall bei der FPÖ und von GR Dr Wolfgang Aigner.)
Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Zum Wort gemeldet ist Frau GRin Bluma. Ich erteile es ihr.
GRin Susanne Bluma (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Zuerst einmal ganz prinzipiell: Wir reden hier von einem System der Konzeptförderung: Die Konzeptförderung, die im Zuge der Theaterreform eingeführt wurde, bedeutet nichts anderes, als dass eine unabhängige Theaterjury Empfehlungen an uns abgibt. Wien hat eine großstädtische Theaterlandschaft, und ich glaube, wir alle wollen diese erhalten und ausbauen. Die Jury, die diese Empfehlungen abgibt, hat natürlich allgemein gültige Kriterien, die überall gleichermaßen angewandt werden. Das oberste Kriterium ist das Künstlerische, gefolgt von Leitungs-Know-how, Personalführung und finanzieller Gebarung.
Zum Theaterverein Wiener Klassenzimmertheater: Werte Frau Kollegin! Es tut mir sehr leid, dass Sie da nicht zustimmen. Dieser Theaterverein macht nämlich in dieser Stadt ausgezeichnete, künstlerisch hochwertige Arbeit. Die SchauspielerInnen und die RegisseurInnen gehen gemeinsam mit KulturvermittlerInnen in die Schulen, in die Klassenzimmer. Das ist oft der erste und ausschließliche Kontakt, den junge Menschen, den Kinder und Jugendliche mit dem Theater haben, denn Sie wissen genauso gut wie ich, dass nicht auf jedem Wohnzimmertisch zu Hause die Theater-Abos für die Kinder liegen. Dass man einem solchen Projekt, das Kultur und Kunst für alle ohne Schranken und Barrieren bringt, kann ich nicht nachempfinden!
Was ich auch nicht nachempfinden kann, ist, was Sie gegen eine Theateraufführung der „Feuchtgebiete“ haben, die mit dem Theaterverein Klassenzimmer nichts zu tun hat! Ich meine, wir sind hier als Kulturpolitikerinnen und Kulturpolitiker tätig und maßen uns nicht an, zu beurteilen, was Kunst und Kultur ist. Ich weiß nicht, ob Sie das Buch gelesen haben, Sie werden jetzt sagen, dass Sie es nicht gelesen haben wie viele andere. Ich habe es gelesen. (GRin Uta Meyer: Ich habe es auch gelesen!) Sehen Sie! Wir haben es beide gelesen. (Zwischenruf von GR Mag Wolfgang Jung.) Und auch die Kollegen haben es gelesen. Wir sprechen jetzt also über ein Buch, und es ist absolut nicht uninteressant, wie das auf der Bühne umgesetzt wird! Ich meine, wir alle sind doch offene, tolerante Menschen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Noch einmal, Frau Kollegin Meyer: Über Kunst und Kultur kann man streiten. Aber dass Sie hier gerade der Subvention für einen Verein nicht zustimmen, der jungen Menschen den Zugang zu Theater, zu darstellender Kunst ermöglicht, das bedaure ich persönlich sehr!
Ich ersuche natürlich um Zustimmung. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Zum Wort gemeldet ist Herr GR Werner-Lobo. Ich erteile es ihm. (GR Mag Wolfgang Jung: Herr, lass den Kelch an uns vorübergehen!)
GR Mag Klaus Werner-Lobo (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich musste mich jetzt noch kurz nachmelden, weil das ja doch belustigend ist. Frau Meyer geht so wie ich häufig ins Theater, und sie erzählt so wie ich gerne hier vom Pult aus, wie ihr Stücke gefallen. Der Unterschied ist nur: Frau Meyer redet meist darüber, wenn ihr etwas nicht gefallen hat, und ich bemühe mich meistens, für Aufführungen zu werben, die mir gefallen haben, weil ich gerne hätte, dass mehr Menschen ins Theater gehen und auch sie sich am Theater bereichern. (Zwischenruf von GRin Uta Meyer.)
Frau Meyer! Ich habe zwei Karten für heute Abend. Ich lade Sie ein, mit mir heute Abend in die „Feuchtgebiete“ in der Garage X zu gehen. (GR Mag Wolfgang Jung: Wir lassen Sie allein im Sumpf!)
Ich habe das Buch auch gelesen. Dieses Buch von Charlotte Roche war 2008 übrigens das meistverkaufte Buch in ganz Europa. Es ist ein großartiges Buch, das die Sexualität junger Mädchen thematisiert und das junge Mädchen ermutigt, selbstbewusst zu ihrer Sexualität zu stehen. (Zwischenrufe bei der FPÖ.) Wenn die FPÖ damit ein Problem hat, dann ist das ihr Problem, und das soll auch ihr Problem bleiben! Ich kann Ihnen die das nur empfehlen.
Charlotte Roche ist übrigens für mich nicht nur eine großartige Autorin. Sie hat, als sie 2008 diesen Bestseller geschrieben hat, das Buch, das ich damals geschrieben habe, als ihr Lieblingsbuch bezeichnet. Darüber freue ich mich besonders, und ich nütze jetzt das Podium für Werbung in eigener Sache.
Dass die FPÖ ausgerechnet – wie Frau Bluma schon gesagt hat – der Subvention für ein Kulturprojekt nicht zustimmt, das Vermittlung von Kunst an junge Menschen zum Gegenstand hat, also das Beste, was Kunst überhaupt leisten kann, halte ich allerdings wirklich für schäbig, so wie alle anderen Empfehlungen von dieser Seite. Ich bitte um Ihre Zustimmung. All das sind wirklich ganz großartige Projekte, und deren Ablehnung zeigt halt, wes Geistes Kind die FPÖ ist. – Danke.
Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Zum Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen. Der Herr Berichterstatter verzichtet auf sein Schlusswort.
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