Gemeinderat, 46. Sitzung vom 20.11.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 15 von 74
Ing Stiftner, die Aktuelle Stunde zu eröffnen, wobei ich bemerke, dass seine Redezeit mit zehn Minuten begrenzt ist.
GR Dipl-Ing Roman Stiftner (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrte Damen und Herren!
Die Geschichte der Mobilitätsagentur ist ja so unglaublich, dass ich sie trotz der sehr knappen Zeit hier kurz ausführen möchte.
Als eine der ersten politischen Maßnahmen haben die GRÜNEN in der Stadtregierung für die Beschaffung von grünen Posten gesorgt. Das stand ganz oben auf der Agenda. Das Resultat ist bekannt: Es gibt einen Wissenschaftsbeauftragten, eine neue Energieplanungsabteilung - schon einmal etwas davon gehört, außer bei deren Einrichtung?, das lassen wir dahin gestellt - und die heute zu diskutierende Mobilitätsagentur, die es wirklich zu einer gewissen Prominenz geschafft hat.
Ich frage mich bis heute, warum hier die GRÜNEN nicht schamrot anlaufen und die Farbe des Koalitionspartners annehmen ob dieser Postenschacherei, die hier passiert ist! Denn eine eigene Parallelstruktur zum bestehenden Fahrradkoordinator und der bisherigen Fußgängerbeauftragten zu schaffen und diese Personen mit hochdotiertem Gehalt auszugliedern in eine GmbH, dann noch zu beschäftigen und damit auch die Möglichkeit dieses Hauses, Kontrollen vorzunehmen, zu verhindern - all das, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist ein Schildbürgerstreich, den dieses Haus noch nie gesehen hat! (Beifall bei der ÖVP.)
Schlanke 8,9 Millionen EUR kostet das grüne Personenkarussell der Mobilitätsagentur in diesen 3 Jahren einschließlich der 1,9 Millionen für den Fußgängerbeauftragten. Die Begleitmusik ist das Schaffen der Agentur für ein Fahrradjahr, einer Velo-city Konferenz, Sensibilisierungskampagnen, und das machte weitere 7,3 Millionen EUR aus. Und das bei einem Höchstschuldenstand der Stadt Wien, wo im Sozialbereich gespart werden muss - das ist der eigentliche Skandal von Rot-Grün in dieser Stadt, sehr geehrte Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)
Anstatt mit diesem Geld wirklich etwas aus dem Boden zu stampfen - man hätte ja etwas bewegen können -, hat der Geschäftsführer des Vereins offenbar seine eigentliche Aufgabe darin gesehen, die grüne Stadträtin politisch mit Rückendeckung auszustatten. Ob das ein Marschbefehl der Chefin war oder nicht, sei dahin gestellt. Es obliegt auch nicht mir, das zu beurteilen, und es ist mir letztendlich auch egal.
Aber wenn es nicht so war und er unabhängig agiert hat, dann ist es umso unprofessioneller von einem sogenannten unabhängigen Fahrradfahrbeauftragten, mit einer solchen Vorgangsweise Politik zu machen. Dann muss man es sich auch gefallen lassen, dass man politisch kritisiert wird. Denn er ist nicht einfach Angestellter der Stadt Wien als Beamter, sondern er ist die Schnittstelle zur Politik und agiert politisch. Deswegen ist er auch hier in diesem Haus zur Rechenschaft zu ziehen und zu kritisieren, sehr geehrte Damen und Herren!
Aber im Verlauf dieser Amtszeit des Fahrradbeauftragten kam es ja noch viel schlimmer. Da ist dieses unkoordinierte, chaotische Fuzo-Projekt, das allseits bekannt ist, immer näher gekommen, und man hat ja annehmen können, dass vielleicht die Fahrradagentur Bruchstellen aufzeigt, Verbesserungen, hier die Frau Stadträtin berät. Nichts kam von diesen Themen zu Tage!
Im Gegenteil: Bei der Einführung der Fußgängerzone könnte man ja erwarten, dass der Fahrradbeauftragte quasi standby steht, um hier mit Kampagnen, mit Informationen auch das Projekt der GRÜNEN zu unterstützen. Aber weit gefehlt: In der für die Fuzo entscheidenden Phase war die Fußgängerbeauftragte auf Urlaub und damit auch einmal mehr nicht vorhanden, sehr geehrte Damen und Herren!
Jetzt kommen wir zum dritten Teil dieser wunderbaren Geschichte, der Mobilitätsagentur des Herrn Blum. Zu seinen Aufgaben - wie gesagt, politisch bestellt oder nicht - gehört auch das unentwegte Bejubeln des triumphalen Anstieges des Fahrradverkehrs in Wien, den man offenbar nur bei der grünen Statistik wahrnimmt, in der Realität ja nicht wirklich. In diesem Zusammenhang haben wir von vielen Zahlenbeispielen des Herrn Blum gehört. Aber das jüngste hat offenbar jetzt endgültig zur Entzauberung dieser in Zahlen gegossenen Fahrradpropaganda der Fahrradagentur beigetragen.
255 000 Wienerinnen und Wiener steigen in Wien in den Wintermonaten aufs Fahrrad, hat die Fahrradagentur in einer Pressekonferenz mit geschwellter Brust artikuliert. Nähere Definitionen hat sie natürlich vermissen lassen: was es denn eigentlich heißt, dass man hier auch in den Wintermonaten aufs Fahrrad steigt. Reicht da offenbar schon das einmalige Aufschwingen auf den Drahtesel dazu? Oder überhaupt nur das Vorstellungsvermögen, das einmal tun zu können, um dann dieser Gruppe zugerechnet zu werden?
Das Ganze ist natürlich relativ bald eskaliert, nachdem man festgestellt hat, dass bei einer Gruppe von etwa einer Million, knapp über einer Million Fahrradbesitzern Wiens die Zahl dann doch ein bisschen überhöht war. Da hat man dann versucht, zurückzurudern, das Dementi folgte aber sehr zögerlich. Nach 10 Tagen wurde dann auf 170 000 Fahrradfahrer in den Wintermonaten reduziert.
Aber auch das ist letztendlich unglaubwürdig. Und letztendlich ist es auch nichts anderes als eine unverhohlene Politikstatistik, die Sie seitens der Grünen Fraktion hier machen. Das ist der Skandal der Steuergeldverschwendung dieser gesamten Mobilitätsagentur! (Beifall bei der ÖVP.)
Wir mussten uns schon mehrfach, auch in den Sommermonaten, mit Zahlendiskussionen über die Sommerradler auseinandersetzen. Da ist von einer Steigerung des Radverkehrs in den Sommermonaten um 5,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr die Rede gewesen, obwohl zeitgleich laut einer unabhängigen Studie der Radverkehr im Juni im Vorjahr um 19,3 Prozent zurückgegangen ist. Bis heute haben die Fahrradagentur und auch die Grüne Fraktion diesen Widerspruch, diese Diskrepanz nicht aufklären können oder wollen. Das liefert einmal mehr ein diffuses Schlaglicht auf diese
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