Gemeinderat, 45. Sitzung vom 19.11.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 29 von 73
war unter der Gürtellinie. Sie waren sexistisch, sie waren rassistisch. (Zwischenruf von GR Dominik Nepp.)
Sie haben vom Umerziehungslager gesprochen, sie haben Menschen Kulturlosigkeit unterstellt, und Sie haben Frau Wurzer persönlich in einer Weise angegriffen, die in puncto Sexismus nicht mehr überboten werden kann. Ich erwarte von Ihnen eine Entschuldigung! Das wäre ganz, ganz wichtig! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Wir reden hier über Frauen. Ich sage nicht, Frauenfragen. Wir sollten nämlich darüber nachdenken, ob wir nach wie vor die Bezeichnung Frauenfragen im Titel des Ressorts haben wollen oder ob es nicht einfach „Frauen“ heißen sollte. Ich denke mir, das wäre gescheiter.
Emanzipierte Frauen setzen emanzipierte Männer voraus. Die Gleichstellung der Frauen in der Gesellschaft setzt voraus, dass Männer auch einen emanzipierten Zugang zum Haushalt, zum Gesellschaftsleben, zu Frauenrechten auf allen Ebenen der Gesellschaft haben. Die Emanzipation der Männer beginnt dann, wenn wir zu Hause im Haushalt die Aufgaben teilen, wenn wir uns nicht dagegen stellen, dass Frauen für die gleichen Jobs den gleichen Lohn bekommen und wenn wir nicht irgendwelche prinzipielle Einstellungen, die meine Kollegin Martina hier zum Ausdruck gebracht hat, in Frage stellen.
Frau Anger-Koch! Sie vertreten hier eine Partei, halten nach Herrn Aigner eine Rede und haben für Herrn Aigner nur übrig: Lieber Wolfgang! Sei mir nicht böse! Und dann stürzen sich auf Frau Wurzer. – Ich erwarte mir von der ÖVP klare Worte, was die Aussagen von Herrn Aigner betrifft. (Zwischenruf von GRin Ing Isabella Leeb.) So geht das nicht! (Zwischenruf von GRin Mag Ines Anger-Koch.)
Zur Integrationsfrage: Migration und insbesondere Immigration sind Themen, die uns ständig bewegen und ständig begleiten. Es ist dies nicht nur eine neue Aufgabe, vor der wir jetzt stehen und mit der wir uns auseinandersetzen müssen. Migration, das heißt Völkerwanderung, hat immer wieder stattgefunden. Die Frage ist, in welchen Formationen wir heute darüber reden.
Bei der ÖVP orte ich immer, dass sie den defizitären Ansatz wählt, indem sie nur die Defizite der Immigration in den Vordergrund stellt: Sprachdefizite, Anpassungsprobleme, ein mangelndes Sich-Auskennen mit der neuen Kultur, und so weiter, und so fort. – Ich glaube, dass wir sowohl Aufholbedarf als auch Verbesserungsbedarf in der Frage des Erlernens der Sprache haben. Wir haben auch einen Aufholbedarf, was die Qualifikation der Menschen anbelangt.
Außerdem haben wir auch Aufholbedarf insofern, als viele Menschen aus der Aussichtslosigkeit in Abschottungstendenzen geraten. Diese Abschottungstendenzen gibt es, diese sind keine Erfindung der FPÖ. Diese Abschottungstendenzen entstehen dadurch, dass die Menschen, wenn sie immigrieren, zunächst einmal Unterstützung in ihren eigenen sozialen Netzwerken suchen, die oft ein Begleiter im Leben dieser Menschen werden. Die Frage wird sein: Wie brechen wir diese Abschottungstendenzen?
Es gibt aber zahlreiche Beispiele in unserer Gesellschaft, dass es Menschen gibt, die diese Abschottungstendenzen durchbrochen und sich in die Gesellschaft eingegliedert haben – so wie wir hier nach 35 oder 37 Jahren – und die auch die österreichische Staatsbürgerschaft erworben haben, dennoch aber dazu stehen, dass wir eine Immigrationsbiographie haben.
Jede Anspielung mit einem negativen Ansatz betreffend Migration trifft auch mich. Das muss Ihnen bewusst sein! Als ich nach Österreich gekommen bin, konnte ich null Deutsch. Ich bin mit null Deutschkenntnissen in die Hauptschule Märzstraße gegangen. Und was ist aus mir geworden? – Ein Landtagsabgeordneter in Wien! Das ist möglich. Wien macht es möglich. Das ist in Wien möglich.
Die zentrale Frage ist: Worüber reden wir, wenn wir von Migration reden? Worüber reden wir, wenn wir über Integration reden? Ich glaube, dass es eine sehr starke Realitätsverweigerung und Realitätsablehnung von bestimmten Kreisen in dieser Gesellschaft gibt, die die ImmigrantInnen einfach nicht als Teil dieser Gesellschaft akzeptieren wollen, vor allem bestimmte ImmigrantInnengruppen, hinsichtlich welcher auch pauschaliert wird. Ständige Anspielungen auf Türken oder Moslems lösen das Problem jedoch nicht.
Wir müssen unseren Blick schärfen, um zu sehen, wie sich unsere Gesellschaft durch die Immigration verändert. Ich habe das schon einmal erzählt und erzähle es gerne noch mal: Durch die Immigration hat sich die österreichische politische Landschaft verändert. Und wenn Herr Strache nach Serbien geht – ich wiederhole das noch einmal – und sich mit einer serbischen Sängerin fotografieren lässt, dann finde ich das nicht okay, weil ich seine politische Einstellung nicht okay finde. Aber Sie müssen ja zur Kenntnis nehmen, dass mittlerweile Kosovo- und Serbien-Politik ein Teil der freiheitlichen Politik geworden ist. Das heißt: Die Internationalisierung der kommunalen Politik beziehungsweise der nationalen Politik findet immer statt. Sie haben ja auch Kontakte zu serbischen Dachverbänden, mit denen Sie hier Politik machen.
Also ich denke mir, wenn es zum Beispiel um den Herrn Erdogan geht oder um seine Anhänger und Anhängerinnen, da spreche ich wieder die ÖVP an. Das habe ich schon einmal gemacht und mache es gerne noch einmal. Der Herr Juraczka ist jetzt nicht da, aber der Herr Juraczka saß neben dem Herrn Hasan Vural in einem türkischen Veranstaltungssaal, als Herr Hasan Vural über die Grünen hergezogen ist, weil wir Kondome verteilen. Außer der Herkunft, dass wir aus demselben Land kommen, ich und der Hasan Vural, verbindet uns gar nichts, überhaupt nichts, wir sind politisch gegensätzlich. Die ÖVP, die immer wieder Öffnung einfordert, gegen Ghettos kämpft, gegen Abschottungstendenzen kämpft, müsste sich fragen, ob der Hasan Vural die richtige Person in ihrer Partei ist. Hasan Vural ist jemand, der zu Erdogan-Demos aufgerufen hat, zu Solidarität für Erdogan-Demos.
Ich stehe auf der Seite der Gezi-Park-Leute, wir Grünen stehen auf der Seite der Gezi-Park-Leute, und
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