«  1  »

 

Gemeinderat, 41. Sitzung vom 26.06.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 18 von 65

 

ranzutreiben und dieses Relikt aus einem obrigkeitsstaatlichen Denken, das als Amtsgeheimnis in der Bundesverfassung leider noch immer verankert ist, endlich wegzubekommen.

 

Ich sage, das ist deswegen in unserem eigenen Interesse, weil ich unterstelle – da wage ich mich jetzt ein bisschen weit heraus –, dass alle hier anwesenden Politiker und Politikerinnen ein eigenes Interesse daran haben könnten, nicht angepatzt zu werden, nämlich wegen Korruptionsfällen, die in der Vergangenheit immer wieder das Ansehen der Politik an und für sich geschädigt und auch uns persönlich als Politiker und Politikerinnen geschadet haben.

 

Wir alle stehen fast unter einem Generalverdacht, weil wegen der vielen Korruptionsfälle, die in der Vergangenheit bekannt geworden sind, wir alle als Politiker und Politikerinnen uns immer wieder verteidigen müssen gegen den Generalvorwurf: Ihr Politiker seid ja alle irgendwie korrupt! Ich glaube, das beste Mittel, um unserem Berufsstand wieder zu einem gewissen Respekt, zu einem gewissen Ansehen zu verhelfen, ist Transparenz, und zwar umfassende Transparenz.

 

In der Bundesverfassung gibt es den Art 20 Abs 3 und 4, die das Amtsgeheimnis festlegen. Dieses Amtsgeheimnis stammt aus der obrigkeitstaatlichen Zeit und ist eigentlich durch nichts mehr zu legitimieren.

 

Wir fordern deswegen die Bundesregierung auf, diese Abs 3 und 4 zu streichen; und zwar nicht ersatzlos zu streichen, sondern es gibt hier einen Vorschlag von sehr, sehr anerkannten Juristen und Wissenschaftern wie Alfred Noll, Hubert Sickinger, Daniel Ennöckl, Walter Geyer, ehemaliger Chef der Antikorruptionsstaatsanwaltschaft, und Franz Fiedler, ehemaliger Rechnungshofpräsident. Das ist ein Expertenentwurf, der die Transparenz und die Informationsfreiheit in der Bundesverfassung als Staatsziel festlegen möchte.

 

Das heißt, wir wollen, dass sich die Republik Österreich dazu bekennt, dass Politik und Verwaltung nicht etwas ist, das im stillen Kämmerlein passieren soll, sondern etwas, das für alle Bürgerinnen und Bürger, für die wir letztendlich Politik machen, zur Verfügung stehen soll; und dass all diese Dinge, die wir da verhandeln, alle Akten, alle Dokumente veröffentlicht werden sollen, und zwar nicht erst auf Nachfrage, sondern von selbst. Alles, was wir hier in Ausschüssen an Verträgen und so weiter behandeln, soll zur Verfügung gestellt werden, aber mit zwei ganz wichtigen Ausnahmen.

 

Die erste Ausnahme ist überall dort, wo Persönlichkeitsrechte verletzt werden. Deswegen haben wir die heutige Aktuelle Stunde „Gläserne Stadt statt gläserne BürgerInnen“ benannt. Es geht ausdrücklich nicht darum, Persönlichkeitsdaten zu veröffentlichen. Da gibt es berechtigte Interessen von Bürgerinnen und Bürgern, dass ihre Persönlichkeitsdaten nicht veröffentlicht werden. Allerdings muss das begründet werden, dass es eben aus diesem Interesse nicht geschieht.

 

Ich sage auch explizit dazu: Das heißt nicht, dass man Akten, zum Beispiel Berichte, Untersuchungsberichte und so weiter deswegen zurückhalten soll, weil sie Persönlichkeitsdaten enthalten; sondern diese Persönlichkeitsdaten kann man schwärzen und den Rest, alles, was für die Öffentlichkeit relevant ist, zugänglich machen.

 

Der zweite Punkt betrifft all jene Bereiche, wo das Gemeinwohlinteresse verletzt wird. Das betrifft in Wien wahrscheinlich relativ wenige Bereiche. Auf Bundesebene kann das Sicherheitsziele betreffen. Aber auch etwa, ich nehme jetzt ein Beispiel aus unserer Geschäftsgruppe, wenn zum Beispiel Flächenwidmungspläne verhandelt werden: In der Verhandlungsphase könnte eine unmittelbare Veröffentlichung dazu führen, dass die Grundstückspreise steigen und der Spekulation Tür und Tor öffnen. Diese Dinge müssen also in begründenden Fällen ausgenommen werden.

 

Wir sind jetzt in Wien in der schwierigen Situation, dass wir eigentlich damit konfrontiert sind, dass das auf Bundesebene verschleppt wird. Es hat ursprünglich sehr, sehr klare Bekenntnisse gegeben von Sebastian Kurz, und es gibt nach wie vor ein sehr, sehr klares Bekenntnis von Herrn Staatssekretär Ostermayer. Die ÖVP steht leider jetzt wieder auf der Bremse, und wie sich abzeichnet, wird sich da vor der Nationalratswahl nichts tun. Die Bürgerinnen und Bürger können dagegen etwas tun. Sie können bei der Nationalratswahl am 29. September entweder die SPÖ oder die GRÜNEN wählen, je nach persönlichem Geschmack, dann wird da sicherlich eher etwas weitergehen.

 

Wir Wiener und Wienerinnen wollen jedenfalls ein Transparenzgesetz auf den Weg bringen. Man kann das Hamburger Modell als Vorbild nehmen. Wir wollen das auf den Weg bringen, um wirklich so etwas wie ein Datenregister zu schaffen, so etwas wie ein Transparenzregister zu schaffen.

 

Man braucht dazu ein Organ, das darüber wacht, wenn Bürgerinnen und Bürger Informationen haben wollen und möglicherweise nicht bekommen, ein Organ, das als eine Art zweite Instanz diese Daten herausrücken kann. Dazu gibt es ein tolles Vorbild in Slowenien. Da gibt es eine slowenische Transparenzbeauftragte, die, wenn Daten nicht freigegeben werden, dafür sorgt, dass sie freigegeben werden. Der Weg dazu ist, glaube ich, das Wichtigste. Wir haben hier in Wien – und da bedanke ich mich sehr für die Initiative der StRin Frauenberger – ein international sehr anerkanntes, vorbildliches Modell im Bereich Open Data und Open Government geschaffen.

 

Ich glaube, das Erfolgsgeheimnis dafür, dass wir da internationale Preise und Anerkennung gewonnen haben und europaweit als Vorbild gelten, liegt darin, dass wir das nicht allein gemacht haben, sondern gemeinsam mit Stakeholdern und Stakeholderinnen, Experten und Expertinnen aus der Zivilgesellschaft. Regelmäßig – morgen Nachmittag zum Beispiel wieder – sitzen Menschen aus der Zivilgesellschaft gemeinsam mit der Stadtverwaltung zusammen und sagen, was wir jetzt noch offener machen können, wie Wien eine offenere Stadt werden kann, wie Wien eine transparentere Stadt werden kann.

 

Es gibt eine hervorragende Initiative, nämlich die Initiative Transparenzgesetz.at, die da in den vergangenen Monaten bereits viel weitergebracht hat, das Thema in den öffentlichen Diskurs gebracht hat. Unser erklärtes Ziel ist, dass wir gemeinsam mit diesen Menschen ein

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular