Gemeinderat, 38. Sitzung vom 22.05.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 31 von 94
Im Übrigen gibt es da auch Räder für den Kindertransport, natürlich nur für die, die das wollen, Herr Kollege Ulm! Ein Fahrrad ist allerdings hervorragend geeignet, ein, zwei oder drei Kinder zu transportieren. Ich darf in diesem Zusammenhang die Frau Vizebürgermeisterin noch in einem Punkt ergänzen: Ich selbst fahre mit so etwas, und dabei ist so klass, wie einem die Leute entgegentreten. Wenn man mit einem kleinen Kind auf dem Rad unterwegs ist, erntet man in der angeblich so grantigen Stadt Wien ausschließlich Lächeln. Ausschließlich! Wenn ich mit einem Kind in einer solchen holländischen Kiste durch Wien gefahren bin, hat sich noch nie einer aufgeregt oder ist mir böse gekommen. Auch das ist also möglich!
All das sind Möglichkeiten, den Leuten zu zeigen, dass das eine klasse Form der Bewegung ist, dass aber für diese klasse Form der Bewegung eine entsprechende Stadtplanung notwendig ist und in der Stadt entsprechende Voraussetzungen geschaffen werden müssen.
In aller Kürze will ich einige Punkte herausgreifen. Ich wiederhole das jetzt nicht fürs Protokoll, sondern weil immer so getan wird, als wären diese Maßnahmen kontraproduktiv: Der Wiener Gemeinderat spricht sich dafür aus, dass der Magistrat folgende Maßnahmen, natürlich unter Einbeziehung der Bezirke, mit hoher Priorität verfolgen möge. – Ich greife jetzt nur zwei, drei Maßnahmen heraus.
Vor allem soll es eine möglichst flächendeckende Öffnung von Einbahnen für Radfahrende unter Berücksichtigung der Interessen des öffentlichen Verkehrs geben. Ich möchte nur daran erinnern: Einbahnen wurden erst für den Autoverkehr erfunden. In der abertausendjährigen Geschichte der europäischen Stadt gab es nie Einbahnstraßen, weil sich Menschen, die einander in die Augen sehen, organisieren können. Erst als das Auto erfunden wurde, wurden Einbahnen notwendig. Und richtigerweise ist es, wie sich im Übrigen in London, in München, in Berlin, in Amsterdam, in Rotterdam oder in Bogotà zeigt, gut möglich – und ich füge hinzu: die sicherste Maßnahme –, den Radverkehr zu fördern, indem man Einbahnen öffnet. Warum? – Weil einander zwei Menschen dann ins Auge sehen. Der Radfahrer auf der einen Seite und Autofahrer auf der anderen Seite sehen einander an.
Wo passieren denn die Unfälle? – Unfälle ereignen sich nicht, weil irgendjemand, in diesem Fall die Autofahrer, aggressiv auf Radler losgehen. Nein! Die Radunfälle geschehen dort, wo auf Grund schlechter Sichtverhältnisse Radfahrer übersehen werden. Insofern gibt es eine jahrzehntelange Praxis, Einbahnen in Wien zu öffnen. Das verkürzt die Wegzeit für Radfahrer, und das ist die sicherste Maßnahme, daher soll diese Variante weiterhin intensiv ausgebaut werden.
Ein wichtiger Punkt ist auch die Schaffung eines Beschilderungs- und Markierungssystem für hochrangige und wichtige Radverbindungen, zum Beispiel Langstreckenverbindungen. Sie haben richtigerweise einige Kritikpunkte an der Westroute aufgezählt. Diese ist in der Tat, wie viele andere, verbesserungswürdig.
Es geschah aber nicht aus Jux und Tollerei, dass die Rathausbeamten das so angelegt haben, sondern die Umsetzung großzügiger Strecken ist, wie wir wissen – lassen Sie mich das sehr vornehm, diesem schönen Frühlingstag entsprechend, sagen –, nicht ganz konfliktfrei. Wenn es entsprechend breite, großzügige Radwege geben soll, muss der Platz dafür ja irgendwo herkommen. Dieser Platz ist derzeit entweder für Fußgänger reserviert, und diesen wollen wir nicht reduzieren, oder es stehen dort Häuser, und diese wollen wir und können wir nicht niederreißen, selbst wenn wir wollten, aber wir wollen ja nicht! (GRin Ing Isabella Leeb: Gott sei Dank!) Ja, Gott sei Dank, Frau Kollegin! Für den Autoverkehr geschieht das manchmal aber sehr wohl, dass Häuser wegen Verbreiterungen von Straßen niedergerissen werden.
Es bleibt also nur die Möglichkeit, Platz entweder für eine Spur oder für parkende Autos wegzunehmen, und da die Kooperation mit den Bezirken gesucht wird, ist es gar nicht so einfach, das, was richtigerweise vorgeschlagen wird, umzusetzen. Wir tun es trotzdem. Es ist zäh, es geht manchmal nicht so schnell, wie wir wollen, aber es soll geschehen. Die Weststrecke ist eine solche Langstreckenverbindung, bei der nicht nur eine Beschilderung, sondern auch eine Verbreiterung und ein Ausbau mit Hochdruck stattfinden sollen.
Aufhebung der Benützungspflicht von Radwegen, wo dies die Verkehrssicherheit zulässt: Erstens nenne ich da den sehr überlasteten Radweg in der Operngasse, ebenso natürlich die Ringstraße. Was soll man tun, wenn man nicht Ampeln machen will, dass es da wirklich zu null Konflikten kommt? – Ich habe Ihnen wirklich gut zugehört und bin jetzt gutwillig.
Erstens übersehen nicht nur Touristen, sondern Menschen überhaupt, oft die Radfahrer, weil diese Gott sei Dank leise sind und nicht laut brummend daherkommen. Wir werden jetzt aber trotzdem keine akustischen Brummsignale für Radfahrer einführen. Das Gehen auf Radwegen ist ein Problem, und das ist ja ein Grund dafür, dass die Frau Vizebürgermeister diese Markierung angesprochen hat. Wenn man nämlich aus dem Volksgarten kommt, müsste man entweder eine Ampel einführen, aber ich glaube, das halten weder Sie noch ich für sinnvoll, oder man wird genau an das appellieren müssen, was der urbane Mensch ist: Es muss Rücksicht auf andere Menschen und auf andere Verkehrsteilnehmer genommen werden.
Da gibt es für mich eine ganz klare Hierarchie, das habe ich immer gesagt und sage es heute wieder: Fußgänger haben Priorität 1. Jetzt schaue ich, ob ich da etwas Despektierliches sagen darf. Ein A…loch bleibt ein A….loch, unabhängig davon, in welchem Verkehrsmittel es sich befindet.
Damit will ich nur sagen: Ja, es gibt auch in sehr geringem Ausmaß ein Verkehrsverhalten, dass Fußgänger nicht so Rücksicht nehmen, wie wir uns das erwarten. Das halten wir für falsch, dem treten wir auch entgegen. Das heißt aber auch nicht, dass die Radfahrer rücksichtslos sind, sondern man muss sich eben die reale Unfallsituation ansehen, die sich so darstellt, wie einem das der gesunde Menschenverstand sagt. Ich spare es
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