Gemeinderat, 37. Sitzung vom 26.04.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 40 von 46
jetzt immer wieder Reportagen, wo ich mir denke, es ist schon genug, zu erzählen, wie cool es selbstbezeichnete Piefke - selbstbezeichnet, ja, sonst hätte ich das hier nicht gesagt - finden, wenn Piefke unter Ösis leben. Die erzählen sozusagen aus deutscher Sicht, wie es sich so in Wien lebt. Da denke ich mir jedes Mal: Wenn sie das auf „Spiegel online“, der meistgesehene News-Seite von Deutschland, noch oft erzählen, fühlen sich noch mehr motiviert, nach Wien zu kommen, weil das einfach eine interessante Stadt ist.
Das Wesen dieser interessanten Stadt besteht auch darin: Wenn Sie sich kurz nur die Bevölkerungsentwicklung der letzten 200 Jahre - Achtung, kein großer Exkurs! Aber das ist auch noch nicht ganz bewusst. Vor dem Jahr 1800 hatte Wien 200 000 Einwohner. 200 000. In gut 100 Jahren ist es von 200 000 - berühmte Gründerzeit - auf 2,2 Millionen gestiegen. Von 200 000 auf 2,2 Millionen bis 1914. Von 1914 bis Ende der 80er Jahre hat es sich sozusagen redimensioniert auf Österreich: erst 40 Millionen Einwohner, dann 8 Millionen Einwohner. Seit Ende der 80er Jahre versteht sich Wien - nicht sozusagen auf Grund eines Beschlusses der Wiener Landesregierung, sondern aus geopolitischen Gründen ist Wien größer als Österreich, ist es eine europäische Metropole, wo eben aus Mitteleuropa und weit darüber hinaus Wien enorm attraktiv ist.
Das heißt, um diese Gemeinwohlorientierung noch einmal zu sehen: Wir fühlen uns jenen verpflichtet, die in Wien - gar nicht eine Wohnung - leben wollen und nicht freiwillig ins Umland ziehen, mit all den Konsequenzen, die die Suburbanisierung hat, wo es irgendwie argumentierbar ist, unter Aufrechterhaltung des hohen Grünanteils vor allem entlang hochrangiger oder in der Nähe von hochrangigen Verkehrsmitteln Stadt zu bringen, zu verdichten.
Wir verstehen BürgerInnenbeteiligung so, dass wir Anrainer und Anrainerinnen intensiv in den Dialogprozess einbeziehen. Aber BürgerInnenbeteiligung heißt nicht, dass Anrainer - aus ihrem verständlichen, nachvollziehbaren Grund - bestimmen können, in welchem Ausmaß Stadtentwicklung stattfindet. Es gilt, auch im Sinne des Gemeinwohls jene zu integrieren, die einmal in fünf, sieben Jahren dort leben werden. (GR Mag Wolfgang Jung: Die dann irgendwann dort leben werden - Sie denken für die mit?)
Bitte? (GR Mag Wolfgang Jung: Sie denken für die mit, die noch gar nicht da sind?) Sie lächeln - wir denken für die mit, die da sind, ja! Fünf Rufzeichen! Kollege Jung, Sie haben recht: Wir bemühen uns, über Strukturen jene mitzudenken. (GR Mag Wolfgang Jung: Sie wiederholen sich!) Das ist: die Flüchtlinge aus dem Südburgenland, die Flüchtlinge aus Kärnten, die Flüchtlinge aus Oberösterreich. (Zwischenruf von GR Mag Wolfgang Jung.) Ich sage es Ihnen noch einmal, damit Sie es zumindest gehört haben: Jene Nationalität, die mit Abstand die größte Zuwanderung nach Österreich seit einigen Jahren hat, sind Deutsche.
Wir bestimmen nicht danach, und wir sind in der Europäischen Union, wir sind froh darüber. Jetzt sage ich Ihnen noch etwas, was Sie nicht vergessen dürfen. Es geht ja nicht nur um Menschen, die nach Wien kommen - das ist Europa -, sondern Europa ist auch, dass meine Tochter frei entscheiden kann, ohne wo anzusuchen, in ein anderes Land zu ziehen, und das Recht hat, dort zu leben, zu arbeiten und dieselben Rechte zu haben. Ich bin stolz, in so einem Europa zu leben, wo nicht eine lokale Regierung darüber bestimmt, wer einwandern oder auswandern darf. Das ist ein enormer Fortschritt! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Unsere kommunalpolitische Aufgabe ist es, Wien weiterzuentwickeln, AnrainerInnen einzubeziehen, Sorgen nicht nur ernst zu nehmen, sondern auch häufig berechtigte Wünsche, Vorstellungen und lokale Expertise aufzugreifen, um so einen Stadtteil zu bringen, der es für viele besser macht, als es vorher ist. Und wenn oft über Dichten geredet wird, schaffen erst gewisse Mindestdichten die Voraussetzungen, dass öffentlicher Verkehr weiter verdichtet wird. Da glauben wir in der Tat, dass im 23. Bezirk kurz-, mittel- und langfristig noch einiges passieren soll.
Ich bin froh, dass jetzt in vielen Teilen der Stadt neue Straßenbahnen gebaut werden. Ohne jetzt etwas vorwegzunehmen, glaube ich, dass zusätzliche Beschleunigungen von Linien auch im 23. Bezirk notwendig sind, der von seiner geschichtlichen Entwicklung her jener Bezirk ist - ich glaube, ich irre mich da nicht -, der am spätesten zu Wien gekommen ist, der in weiten Teilen historisch noch nicht in dem Maß urban geprägt war. Hier haben wir einen Nachholbedarf.
Aber: Ja, es bedarf der Stadtentwicklung in allen 23 Bezirken, es bedarf der Stadtentwicklung auch im 23. Bezirk. Wenn wir nicht dafür verantwortlich, um nicht zu sagen, daran schuld sein wollen, dass Leute, die nach Wien ziehen, gezwungen sind, ins Umland auszuweichen, werden wir Widmungen wie diese vornehmen, werden wir die bewährten Instrumente des Bauträgerwettbewerbs in Anspruch nehmen, um dort qualitätsvolle Stadtentwicklung vorzunehmen. Insofern ersuche ich um Zustimmung zu diesem Akt. - Danke schön. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Zum Wort gemeldet ist Frau GRin Karner-Kremser. Ich erteile es ihr.
GRin Waltraud Karner-Kremser, MAS (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Herr Vorsitzender! Frau Berichterstatterin! Meine Damen und Herren!
Wir haben heute schon mehrmals gesagt und reden immer wieder darüber, wie sehr wir dazu stehen, Wien als Metropole zu sehen. Wien ist eine Großstadt, wir wollen das auch. Das bedeutet, dass wir auch dem Rechnung tragen müssen, dass diese Stadt wächst, dass diese Stadt Arbeitsplätze braucht.
Das gilt in vielen Bereichen. Da muss unser Fokus nicht nur im Bereich des Wohnens liegen, sondern auch im Bereich der Daseinsvorsorge - Herr Kollege Wutzlhofer hat das heute schon konkret angesprochen -, im Bereich der primären und der sekundären Ausbildung, im Bereich der Bildung, im Bereich des Verkehrs müssen wir Angebote schaffen, die wichtig und wesentlich sind,
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