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Gemeinderat, 37. Sitzung vom 26.04.2013, Wörtliches Protokoll  -  Seite 13 von 46

 

Amtsf StR Dr Michael Ludwig: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Hoher Gemeinderat. Sehr geehrter Herr GR Ulm.

 

Lassen Sie mich zuerst auf den von Ihnen erwähnten Goethehof eingehen, der in der Zeit von 1929 bis 1930 erbaut worden ist. Es befinden sich dort 50 Stiegen mit 677 Wohnungen mit rund 1 500 Bewohnerinnen und Bewohnern. Somit zählt der Goethehof zu den insgesamt 2 000 Gemeindewohnhausanlagen, die verteilt in ganz Wien die Grundlage einer sicheren und sozialen Wohnversorgung darstellen. Die Gemeindebauten sind Heimat für insgesamt rund eine halbe Million Wienerinnen und Wiener und sind auch einem sehr großen Teil dieser unserer Bevölkerung zugänglich.

 

Für eine Gemeindebauwohnung werden derzeit in der höchsten Ausstattungskategorie A in der Neuvermietung 5,16 EUR am Quadratmeter Nettomiete verlangt. Anders als bei privaten Vermietern hebt die Gemeinde Wien weder Lagezuschläge noch sonstige Zuschläge zum Richtwertmietzins ein.

 

Mietverhältnisse werden ausnahmslos unbefristet abgeschlossen, ein weiterer großer Vorteil, der sich im Unterschied zum privaten Wohnungsmarkt darstellt. Das ist auch gut so, denn sichere berechenbare Wohnkosten sind Grundlage jeder erfolgreichen Lebensplanung.

 

Für die Erlangung einer Gemeindewohnung wie auch einer geförderten Wohnung gelten Einkommensgrenzen. Anders wie in vielen andern Städten Europas, aber auch international, ist die soziale Durchmischung eine Grundlage der hohen Lebensqualität in Wien. Soziale Ghettos, wie wir sie aus anderen Metropolen kennen, gibt es in Wien nicht. Es ist zweifellos auch ein Ergebnis jahrzehntelanger sehr erfolgreicher Wohnbaupolitik, dass es diese Auswirkungen auch im gesellschaftspolitischen Bereich eben nicht gibt. In Wien kann man an Hand der Wohnadresse, also an Hand der Visitenkarte den sozialen Status eines Menschen nicht erkennen. Das ist auch gut und richtig so und wir werden weiterhin alle Maßnahmen daran setzen, um das auch so beizubehalten.

 

Wenn Sie sich jetzt, Herr GR Dr Ulm, mit dem Salzburger Modell beschäftigen wollen, das nämlich theoretisch vorsieht, Mieten im kommunalen Wohnungsbestand abhängig vom Einkommen zu erhöhen, und wenn man sich das genauer ansieht, dann wird man bemerken, dass vieles von dem, was die Salzburger versuchen umzusetzen, in Wien ja bereits realisiert ist, nämlich der Umstand, dass es zum einen einmal jetzt rein quantitativ große Unterschiede gibt. In Salzburg sind rund 2 000 Wohneinheiten von dieser Regelung betroffen. Das ist nicht einmal 1 Prozent des Wiener Gemeindebaubestandes, also rein von den Dimensionen her nicht vergleichbar.

 

Die Stadt Salzburg vermietet bei einem gewissen Einkommen 30 Prozent unter dem Richtwert. Salzburg hat einen aktuellen Richtwert von 7,12 EUR, also deutlich höher als der Richtwert in Wien, der mit 5,16 EUR limitiert ist. Der verringerte Mietzins beträgt also rund 5 EUR am Quadratmeter. Das heißt, diese Reduktion stellt also eine Beihilfe der Stadt Salzburg dar und ist in etwa dort angesiedelt, wo sich der Wiener Richtwert ohnehin allgemein befindet. Diese verringerte Miete in Salzburg kann aber bei einer Einkommensüberprüfung nach zehn Jahren revidiert werden, erstmals 2016, nachdem man dieses System 2006 eingeführt hat. Es gibt deshalb auch noch keine Erfahrungswerte, inwieweit sich dieses System bewährt hat.

 

Das Modell, das bei einem geringeren Einkommen 30 Prozent unter dem Richtwert liegt, also rund 5 EUR am Quadratmeter vermietet wird, ist mehr oder weniger mit unserer Wohnbeihilfe zu vergleichen und stellt eben aus der Sicht der Stadt Salzburg eine finanzielle Unterstützung für jene Menschen dar, die ein geringeres Einkommen haben. Der gravierende Unterschied jedoch ist, dass wir bei der Wiener Wohnbeihilfe alle zwei Jahre die betreffenden Einkommen überprüfen. Also wenn man so will, haben wir in Wien da ein deutlich strengeres System und von daher denke ich, dass das Salzburger Modell für uns auch hier in Wien keine besondere Relevanz hat.

 

Ungerecht finde ich allerdings, dass am privaten Wohnungsmarkt überhöhte Mieten ungeniert verlangt werden. Ich sehe derzeit am Wohnungsmarkt darin das weitaus größere Problem, denn 90 Prozent aller überprüften Mietverträge aus dem privaten Wohnungsbereich, die bei der Schlichtungsstelle eingebracht worden sind, sind als überhöht eingestuft worden, und zwar nicht nur um ein paar Cent, sondern im Durchschnitt um 3 EUR am Quadratmeter. Das ist, wie wir wissen, nicht nur ungerecht, sondern auch ungesetzlich und mit ein Grund, dass ich auch versucht habe, jetzt eine ganze Reihe von unterstützenden Einrichtungen für Mieterinnen und Mieter anzubieten.

 

Ich fordere auch schon seit Längerem ein Transparenzpaket, wie ich das genannt habe, im Mietrecht, also einer bundesgesetzlichen Materie, wo es auch darum geht, dass wir versuchen, die Wohnkosten von den bundesgesetzlichen Rahmenbedingungen, vom Mietrechtsgesetz her, in einer Art und Weise auch mitzugestalten, dass für die Mieterinnen und Mieter ein erhöhter Schutz gegeben ist.

 

Vielleicht noch eine Zahl, die gerade auch bei Ihrem hier in der Anfrage formulierten Ansinnen nicht unrelevant ist, ist der Umstand, dass 80 Prozent aller Wienerinnen und Wiener im geförderten Wohnraum, sprich, eine geförderte Mietwohnung haben, eine geförderte Eigentumswohnung, ein gefördertes Eigenheim oder eben im Gemeindebau leben. Das heißt, wenn man hier Gehaltsobergrenzen und einen Gehalts-Check verlangen würde, bedeutet das, dass man rund eine Million Wienerinnen und Wiener laufend kontrollieren und überprüfen müsste. Ich will jetzt gar nicht auf die rechtlichen Probleme eingehen, sondern man kann sich vorstellen, dass alleine der administrative Aufwand ein ganz enormer ist und natürlich insbesondere auch für die Mieterinnen und Mieter, aber auch für jene, die ein Eigenheim haben, das sie mit Fördermitteln der Stadt und des Landes Wien errichtet haben, natürlich auch eine zusätzliche Belastung darstellt.

 

Darüber hinaus wissen wir, dass zum Beispiel in Deutschland die sogenannte Fehlbelagsabgabe auf Grund negativer Auswirkungen vor allem im Bereich der

 

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