Gemeinderat, 35. Sitzung vom 04.04.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 25 von 85
testen öffentlichen Sektoren. Wir werden hier auch international immer als Vorbild gesehen, auch als eine der lebenswertesten Städte, was die Qualität der öffentlichen Dienstleistungen betrifft.
Was ich eingangs sagen wollte, ist, diese Aktuelle Stunde ist eigentlich eine Themenverfehlung. Denn der Druck zur Privatisierung, Liberalisierung, Deregulierung, der Verlust von Kontrollmöglichkeiten spielt sich eigentlich nicht hier in Wien ab, der spielt sich auf Ebene der Europäischen Union ab (GR Mag Wolfgang Jung: Ja genau! Und dem stimmen Sie zu!) –, und dort ist Wien auch wirklich europaweiter Spitzenreiter in stadtaußenpolitischen Aktivitäten zur Absicherung der Daseinsvorsorge. (Beifall bei den GRÜNEN.)
Meine Damen und Herren, die Bedrohung ist nicht das rot-grüne Wien in Sachen Privatisierung, Auslagerung und mangelnden Kontrollmöglichkeiten der Bevölkerung. Das Problem ist die unreflektierte Liberalisierungspolitik der EU-Kommission – Deregulierung, Privatisierung, Flexibilisierung –, die seit Jahren gefahren werden. Sie tragen das gescheiterte Credo der Marktöffnung im Europaparlament seit Jahren mit, meine Damen und Herren von der ÖVP – Sie von der FPÖ schaue ich da gar nicht an, weil Sie haben, Gott sei Dank, auf europäischer Ebene nichts mitzureden, da Ihr Abgeordneter Mölzer absolut nichts zu reden hat im Europaparlament –, das uns auch hier in Wien in Form von zusätzlichem Privatisierungsdruck, Auslagerungs- und Liberalisierungsdruck auf den Kopf fällt. Und da ist es schon eine Chuzpe von beiden Parteien, sich hier herauszustellen und sich als die Garanten des öffentlichen Eigentums hinzustellen, bei Ihrer Vergangenheit und bei Ihrer aktuellen Politik. Das ist wirklich nicht zu akzeptieren.
Aber, wenn Sie es ernst meinen bei dem Thema, erwarten wir eigentlich, dass Sie Rot-Grün unterstützen beim Abwehrkampf der Kommunen, der jetzt gegen noch weitere Liberalisierungsschritte der EU-Kommission geführt wird. Und diese Gelegenheit hatten Sie ja einige Male und die haben Sie auch einige Male verpasst.
Liebe Damen und Herren, vor allem von der ÖVP, bitte unterstützen Sie uns doch zum Beispiel bei der Reform des vierten Schienen-Eisenpaketes, das wir in Form einer Subsidiaritätsrüge im Europaausschuss hatten. Die ÖVP hat plötzlich dagegen gestimmt, im Bundesrat dann dafür gestimmt – die wissen also überhaupt nicht, was sie wollen. Unterstützen Sie uns bei der Ablehnung der Konzessionen, die auch indirekt eine Privatisierung durch die Hintertür zur Folge haben könnten, bei der Unterstützung der Europäischen BürgerInneninitiative zum Wasser und – last but not least, ein wichtiges Thema, weil die Zeit davonläuft – bei der Absicherung des sozialen Wohnbaues in Wien. Denn auch der ist massiv betroffen von der Politik der Europäischen Kommission, die plötzlich die soziale Durchmischung im sozialen Wohnbau verhindern will, was in anderen Ländern schon zu Privatisierung von Gemeindewohnungen geführt hat. (StR Mag Manfred Juraczka: Bei der Formulierung ist die Durchmischung gefährdet!) Darin könnten Sie uns unterstützen! Rot-Grün ist gut für Wien, Rot-Grün ist gut für Europa! (Beifall bei den GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner hat sich Herr GR Nepp zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
GR Dominik Nepp (Klub der Wiener Freiheitlichen): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Margulies! (Der Redner trinkt aus einer Plastikflasche und stellt diese auf das Rednerpult.)
Ein Schluck Wiener Wasser, öffentliches Eigentum oder privatisiert? Sehen Sie, so kommen Sie ständig hier heraus und prahlen mit Unwissen. Sie können wirklich froh sein, dass man durch Unwissen nicht fliegen kann, sonst wären sie ein Komet, Herr Margulies. (Beifall bei der FPÖ.)
Herr Meidlinger, Sie wissen ganz genau, dass es eine einstweilige Verfügung vom Gericht gibt, dass Sie uns diese Privatisierungspläne nicht mehr vorwerfen dürfen, weil sie unwahr sind. Darum hören Sie auf, hier herauszukommen, Unwahrheiten zu sagen, halten Sie sich an gerichtliche Beschlüsse und setzen Sie sich nicht über die Justiz hinweg. (Beifall bei der FPÖ. – GR Dipl-Ing Martin Margulies: Ihr wollt alles privatisieren!)
Aber das, was die SPÖ hier abzieht, ist ja überhaupt eine Frechheit. Sie kommen hier heraus und behaupten ernsthaft, Sie wollen die Wiener vor Privatisierung schützen. Dabei machen Sie das seit Beginn Ihres Machtrausches, der schon Jahrzehnte dauert, Stück für Stück, immer mehr, scheibchenweise verscherbeln Sie unser Familiensilber, meine sehr geehrten Damen und Herren. Und das ist eine Frechheit. Wien Energie, Wienstrom, Fernwärme, alles wurde von Ihnen privatisiert und ausgelagert, wie der Fonds Soziales Wien, wie überhaupt einmalig weltweit, dass man ein Sozialsystem auslagert, Wiener Wohnen, unser Kanalsystem, die Öffis, darüber bestimmen nur noch irgendwelche US-Investmentbanker. Ja, genau an diejenigen haben Sie das verscherbelt, nämlich unseren Kanal und unsere Öffis, die Sie Tag für Tag, Tag ein, Tag aus für die Wirtschaftskrise verantwortlich machen, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Und dann kommt noch das Größte. Sie plakatieren, die SPÖ schützt das Wiener Wasser. In Wahrheit haben Sie das Heiligste und Wertvollste, was Wien zu bieten hat, nämlich das Wiener Wasser an einen australischen Pokerspieler verscherbelt. Das ist scheinheilig, meine sehr geehrten Damen und Herren von der SPÖ. (Beifall bei der FPÖ.)
Eines läuft ja perfekt in dieser Stadt, das ist Ihr roter Privatisierungsmotor. Aber das Ergebnis der Volksbefragung hat Ihnen ja gezeigt, was die Wiener und die Bürger hier in Wien davon halten. Sie haben ja hier eigentlich eine Abstrafung bekommen, denn 87 Prozent der Wiener haben sich gegen Ihre Privatisierungspolitik entschieden, meine sehr geehrten Damen und Herren.
Die wichtigste Aufgabe dieser Stadt haben Sie auch schon längst privatisiert. Das ist die Bildung, in diesem Fall die außerschulische Bildung. Dieses enorm wichtige Anliegen der Stadt haben Sie privatisiert, haben Sie in Vereine ausgelagert, wie wienXtra, wie die Wiener Jugendzentren oder – auch einer meiner Lieblingsvereine – den Wiener Bildungsserver, meiner sehr geehrten Da
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