Gemeinderat, 35. Sitzung vom 04.04.2013, Wörtliches Protokoll - Seite 23 von 85
jedenfalls bei der Frage Staat oder privat der festen Überzeugung sind, dass sich der Markt und nicht der Staat durchsetzen wird. Sie sind die Oberprivatisierer in diesem Land gewesen, Ihre Privatisierungen sind schiefgegangen, die Staatsanwaltschaften ermitteln in vielen, vielen Fällen. Und jetzt wollen Sie den Wienerinnen und Wienern weismachen, dass Sie hier vor Privatisierung schützen. Das tun Sie nicht. Vor Privatisierung schützen die Sozialdemokratie und die rot-grüne Wiener Landesregierung, sehr geehrte Damen und Herren, und das wird auch so bleiben. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Es gäbe hier noch viele, viele Dinge zu diskutieren, aber vielleicht noch ein paar Anmerkungen zu Herrn Juraczka: Das Kontrollamt ist nicht irgendjemand. Es gibt einen Ausschuss und in dem sitzen, wie wir wissen, Gemeinderätinnen und Gemeinderäte. Das heißt, diese Kontrollmöglichkeiten sind da, die Gemeinderätinnen und die Gemeinderäte haben diese Kontrollmöglichkeiten. Und soweit ich informiert bin, wird dieses Instrument auch entsprechend genützt und auch hier entsprechend berichtet.
Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben als Sozialdemokratie mit der Volksbefragung die Wienerinnen und Wiener gefragt, was sie von einer Privatisierung der Daseinsvorsorge halten. Die Wiener Bevölkerung anerkennt, dass jene 90 Prozent der Gemeindebediensteten, die in der Daseinsvorsorge beschäftigt sind, eine tolle Arbeit machen, einen tollen Job machen. 87 Prozent können nicht irren. Und diesen erfolgreichen Weg, sehr geehrte Damen und Herren, werden wir als Sozialdemokratie auch weitergehen. – Danke schön. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner hat sich Herr GR Dr Aigner zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.
GR Dr Wolfgang Aigner (Klubungebundener Mandatar): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
Die Quintessenz aus der heutigen Fragestunde und der Aktuellen Stunde ist meines Erachtens folgende: Es gibt gute Privatisierungen und es gibt schlechte Privatisierungen. Gut sind Privatisierungen dann, wenn sie von der SPÖ durchgeführt werden, in allen anderen Fällen sind es schlechte Privatisierungen und davor müssen wir die Menschen schützen.
Wenn Sie die Begrifflichkeit ansprechen, lässt sich etwa folgendes Beispiel heranziehen: Werden die U-Bahn-Garnituren verleast und zurückgeleast, dann ist das offenkundig völlig in Ordnung. Auch hier wird wirtschaftliches Eigentum übertragen, da finden sich dann sogar die Prüfplaketten von irgendwelchen Hedgefonds auf den Garnituren. (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Ihr habt zugestimmt!) – Bitte? (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Ihr habt zugestimmt!) – Ich habe mein Lebtag keinem Cross Border Leasing zugestimmt. Aber ich sage, das ist kein Problem, genauso wie ein Fremdwährungskredit, den die Stadt Wien abschließt, auch keine Spekulation ist. Also, das heißt, es ist offenkundig etwas ganz Unterschiedliches: Wenn Sie es machen, ist es kein Problem.
Es gibt aber auch sehr erfolgreiche Privatisierungen, bei denen auch das wirtschaftliche Eigentum übertragen worden ist. Ich darf daran erinnern, die Voestalpine, eines der erfolgreichsten österreichischen Unternehmen, würde es heute nicht mehr geben, wenn sie nicht privatisiert worden wäre. (Beifall bei FPÖ und ÖVP.) So ist es nicht, dass Privatisierungen prinzipiell etwas Schlechtes sind.
Wenn die Stadt Wien einen Verein nach dem anderen gründet, steht sie natürlich eigentumsmäßig dahinter, sie schafft aber einen privaten Rechtsträger, der sich selbst gehört. Im Endeffekt ist jede Subventionierung dieser stadtnahen Vereine nichts anderes als die Privatisierung von Steuergeldern. (Beifall bei der FPÖ.) Und es kann ja in keiner Weise gesagt werden, worin der Vorteil dieser Privatisierungen besteht, außer dass man aus dem Beamtenschema ausbricht, dass man aus der Kontrolle durch den Gemeinderat ausbricht, dass man sich die politischen Funktionsträger, die dort sitzen dürfen, aussuchen kann, dass es also keine Proportionalität mehr gibt. Nun kann man natürlich sagen, jetzt sitzt überall der Kollege Akkilic drinnen – das ist für die dort engagierten MitarbeiterInnen eher eine Form von Bestrafung –, aber das ist ja letztendlich auch etwas, wo Sie sich aus dieser ganzen politischen Verantwortung davonstehlen.
Im Endeffekt arbeiten in Ihren Vereinen, in Ihren Stiftungen lauter Menschen, die dort nicht aus Idealismus tätig sind, sondern die letztendlich auch wiederum ein Geld verlangen und einen Dienstvertrag haben, und die Geschäftsführertätigkeiten sprengen das Beamtenschema bei Weitem. Das ist letztendlich etwas, was sehr kritisierenswürdig ist. Wenn man Sie beim Wort nimmt, dann schützen Sie die Wienerinnen und Wiener auch vor dieser Art von Privatisierung. Und es handelt sich um nichts anderes.
Im Endeffekt war der Anlass für die Fragestellung bei der Volksbefragung ja nur das Bestreben der EU, die Dienstleistungserbringung zu privatisieren, und nicht, dass das Eigentum am Wasser privatisiert wird. Und jetzt kommt man drauf, dass Sie nicht nur bei der Dienstleistungserbringung, wie man es im Bereich der Jugendarbeit sieht, sondern auch beim Eigentum keine Hemmungen haben, das Eigentum abzugeben.
Ich glaube, im Endeffekt sind Privatisierungen für sich genommen weder gut noch schlecht, es gibt sehr viel gute Beispiele, es gibt missglückte Beispiele. Aber tun Sie nicht so, als ob Sie diejenigen wären, die die Wienerinnen und Wiener vor dieser Art von Kontrollverlust sicher schützen. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner hat sich Herr GR Dr Aichinger zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort.
GR Dkfm Dr Fritz Aichinger (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Privatisierungen dürfen kein Tabuthema sein, meine Damen und Herren. Darüber muss man diskutieren dürfen, man muss sagen, wie schaut es aus, gibt es die Privatisierungen, die gut oder nicht gut sind.
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