Gemeinderat, 32. Sitzung vom 14.12.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 69 von 133
diese Verluste tatsächlich sind. Deshalb ist es für uns in höchstem Maße hinterfragenswert, warum bis heute nicht bekannt ist, wie hoch die Verluste aus den Cross-Border-Leasing-Geschäften bei den Wiener Stadtwerken und den Wiener Linien als deren hauptbetroffene Tochtergesellschaft sind. Auch hier fordern wir eine Follow-up-Prüfung! Wir fordern, dass unabhängige Finanzexperten die Bücher der betroffenen Unternehmen prüfen, sich diese Verluste ansehen und den Wiener Steuerzahlern aufzeigen, wie viel Geld hier von der Gemeinde verspekuliert wurde. (Beifall bei der FPÖ.)
Damit es solche Spekulationen in Zukunft auf der Ebene der Gemeinde Wien nicht mehr gibt, bringe ich nun zwei Beschlussanträge gemeinsam mit meinen Fraktionskollegen des Finanzausschusses ein. Ein Beschlussantrag bezieht sich auf die Ebene der Gemeinde Wien im engeren Sinne. Hier fordern wir ein Spekulationsverbot für Gebietskörperschaften, insbesondere für die Gemeinde Wien und deren angeschlossene Unternehmen, es handelt sich um eine Richtlinien für sichere Geldgeschäfte auf der Ebene der Gemeinde Wien.
Der zweite Beschlussantrag, den wir einbringen, ist ein Ersuchen unsererseits an die Frau Finanzstadträtin, auf der Ebene des Bundes tätig zu werden, damit alle erforderlichen Maßnahmen ergriffen werden, die sicherstellen, dass Gebietskörperschaften, ausgegliederte Rechtsträger, Anstalten der österreichischen Sozialversicherung und Pensionskassen sowie Gesellschaften, die der Rechnungshofkontrolle unterliegen, spekulative Geschäfte mit Steuergeld ab sofort nicht mehr vornehmen dürfen und dass entsprechende gesetzliche Regelungen auf Bundesebene geschaffen werden.
Meine Damen und Herren, es soll keine Spekulationen und keine Verschwendung von Steuergeld mehr geben. Dafür stehen wir! Denn wir sind die einzige Partei, die hier Kontrolle wahrnimmt. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Dipl-Ing Margulies. Ich erteile es ihm.
GR Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Sektionschefin! Sehr geehrte Damen und Herren!
Ich werde ebenfalls versuchen, es nicht allzu lang zu machen. Auch ich erlaube mir, mich vorab seitens meiner Fraktion beim Rechnungshof, bei Ihnen, Herr Präsident, und bei all Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die Arbeit zu bedanken. Rechnungshofberichte sind nämlich nicht nur, wenn man in Opposition ist, unglaublich interessant zu lesen, sondern auch für Mitglieder einer Regierungspartei sind Rechnungshofberichte durchaus eine Bereicherung, und ich meine, die Anregungen sollten immer wieder in die politische Gestaltung einfließen.
Als Mitglied einer Regierungspartei erlaube ich mir aber, in einem kleinen Punkt anzumerken, wo ich hin und wieder doch Differenzen sehe. Für mich beginnt das Problem des Rechnungshofes immer dann, wenn der Rechnungshof beginnt, die Gebarungsprüfung und die Kontrolle unter dem Aspekt des selbst Politik Machens durchzuführen. Ich wünsche und erwarte mir auch von unserem Kontrollamt, dass es nicht Politik macht, denn wenn es damit beginnt, dann ist es vorbei damit, dass es über jeden Zweifel erhaben ist. Wenn man beginnen will, Politik zu machen, ist es besser, man geht in die Politik. Von jemandem, der kontrollieren will, erwarte ich mir aber wirklich objektiv dargestellte Fakten, die im Großen und Ganzen für jeden und für jede, der oder die diese Berichte liest, zweifelsfrei dargestellt sind und ernst genommen werden können. Und darüber kann man dann die politische Diskussion führen.
Es gibt den einen oder anderen Bericht beziehungsweise hin und wieder die eine oder andere Aussage in der Öffentlichkeit, wovon ich denke, dass es diesfalls vielleicht einen Hauch zu viel in Richtung Politik und weg von der Kontrolle war. Aber ansonsten muss ich sagen, dass ich die Berichte tatsächlich sehr interessiert lese.
So lässt sich zum Beispiel über den Aktivitätsaufwand trefflich diskutieren. Man kann natürlich als Politiker oder Politikerin, wie es die ÖVP getan hat, sagen, dass der Rechnungshof das für den Zeitraum 2005 bis 2010 festgestellt hat, und ausblenden, was sich in dieser Zeit eigentlich ereignet hat. Man kann ignorieren, ob in dieser Zeit eine große Krise war oder nicht, was sich in Wien verändert hat, etwa im Hinblick auf den Gratiskindergarten, für den beispielsweise mehr Personal benötigt wird. – All das kann man ausblenden.
Man kann das aber auch in die politische Diskussion einbeziehen und dann bewerten. Dann kann man feststellen: Ja. In manchen Bereichen hat sich der Aktivitätsaufwand der Stadt Wien vergrößert, in anderen wurde er reduziert, und in dem einen oder anderen Bereich, den der Rechnungshof auch aufgezeigt hat, wurde er entgegen der Vorgabe dennoch vergrößert. – Das ist eine differenzierte Darstellung, und dann kann man sich damit auseinandersetzen und versuchen, Lösungsmöglichkeiten und Interpretationsmöglichkeiten zu finden und diese politisch zu bewerten.
Ich denke, darum geht es bei Rechnungshofberichten. Es geht darum, Schlüsse für die eigene politische Arbeit zu ziehen, sich möglicherweise eine Argumentationskette zurecht zu legen und auch Sachverhalte zu erklären. Dann wird der Blick auf einen Rechnungshofbericht einmal nicht mehr getrübt davon, ob man in der Opposition oder in der Regierung ist, sondern es kann tatsächlich eine sachlich fundierte Auseinandersetzung geben. Das wünsche ich mir, und in diesem Sinne danke noch einmal dem Team des Rechnungshofs. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Ansonsten will ich die Zeit jetzt nicht allzu lang strapazieren, sondern nur noch auf ein paar Punkte eingehen, die von meiner Vorrednerin genannt wurden, zum Beispiel im Hinblick auf die Cross-Border-Leasing-Geschäfte: Mir muss man Gott sei Dank hier nicht erzählen, was man von Cross-Border-Leasing-Geschäfte halten muss. Wir waren uns dennoch immer, selbst als wir 2008 noch gemeinsam in Opposition waren, aber auch 2010 und 2011 einig: Wir steigen nicht auf Biegen und Brechen mit massiven Verlusten aus diesen Geschäften aus! Darüber waren wir uns alle hier einig.
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