Gemeinderat, 32. Sitzung vom 14.12.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 20 von 133
erwähnt: UN-HABITAT hat uns gerade wegen nicht nur wirtschaftlichen, sondern auch allen anderen Fragen an die Spitze gesetzt.
Unsere Ansiedlungsbilanz kennen Sie: 200 internationale Konzerne haben hier ihre Osteuropazentrale, wir sind ein Headquarter-Standort, und es sind im Jahr 2011 fast 130 Neuansiedlungen mit 2 000 neuen Arbeitsplätzen erfolgt.
Dass zum Thema Verwaltungsvereinfachung hier auch immer wieder Kritik angebracht wird, wundert mich insofern ein bisschen, als die Wirtschaftskammer ja in der Arbeitsgruppe, die wir dazu eingerichtet haben und die unter der Leitung des Herrn Magistratsdirektor-Stellvertreters, wie ich weiß, sehr aktiv ist, drinnensitzt. Daher würde ich mir erwarten, wenn es hier konkrete Kritikpunkte gibt, dass man diese dort einbringt. Genauso wie die Wirtschaftskammer ja auch in der Wirtschaftsagentur selbst präsent ist. Also alles, was dort gemacht wird, beschließen wir ja miteinander. Und deswegen müssten die Damen und Herren aus der Kammer auch wissen, dass wir eine Wirtschaftsverträglichkeitsprüfung haben, dass wir über das Internet schon sehr viel abwickeln können, den One-Stop-Shop-Ansatz schon überall verfolgen. Ein konkretes Beispiel: die neue Kompetenzstelle Brandschutz, die mit 1. Jänner nächsten Jahres beginnen wird.
Und zum Kritikpunkt der Schrumpfung der Industrieflächen: Gerade in den nächsten Tagen werden wir gemeinsam - auch hier Wirtschaftsagentur und Wirtschaftskammer gemeinsam - präsentieren, was im Industriegebiet Liesing passiert. Und Sie alle wissen, dass wir mit der Seestadt Aspern, mit dem größten Stadterweiterungsgebiet genau das, was in Wien - wie in jeder anderen Millionenstadt - natürlich kostbar ist, nämlich Platz, anbieten können.
Es gibt auch sehr positive andere Beispiele. Ich darf Sie nur auf die letzten Aussendungen verweisen, denen zu entnehmen war, dass es offensichtlich doch sehr viele Unternehmungen gibt, die ein positives Zukunftsbild haben und die mit uns gemeinsam etwas weiterbringen wollen, wie zum Beispiel die Firma Manner, die sich jetzt zu einer 30-Millionen-Investition entschlossen hat, wie Frequentis und Kapsch, die investieren, wie der Traditionsbäcker Mann, der Marmeladenhersteller Staud, der gerade jetzt 3,5 Millionen EUR in 1 000 m² zusätzliche Produktionsfläche investiert.
Also zusammengefasst: Ich nehme jeden einzelnen Kritikpunkt sehr ernst, lade noch einmal die betroffenen Unternehmen zu einem direkten Gespräch mit der Wirtschaftsagentur ein - und biete auch, wo immer es möglich ist, Unterstützung an. Ich denke aber, dass die Zahlen, die auf dem Tisch liegen, die internationalen Rankings und auch das eindeutige Agieren der Unternehmungen zeigen, dass es jedenfalls kein allgemeiner Trend ist, dass die Zukunftsperspektiven so negativ eingeschätzt werden.
Und ich denke auch, dass man in einer Wirtschaftskrise, von der wir alle wissen, dass sie sehr stark auch eine Krise der Erwartungen ist, mit negativen Szenarien, um nicht zu sagen. mit Horrormeldungen - ohne das in diesem Fall unterstellen zu wollen - schon auch vorsichtig sein soll, im Interesse des Wirtschaftsstandortes.
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Die 1. Zusatzfrage stellt Frau GRin Dr Kappel. - Bitte schön.
GRin Mag Dr Barbara Kappel (Klub der Wiener Freiheitlichen): Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin! Ich freue mich, dass wir heute bereits das zweite Mal die Möglichkeit haben, miteinander zu sprechen. Sie wissen, dass in den letzten Jahrzehnten tausende Industriearbeitsplätze in Wien verloren gingen, und deshalb nehme ich eine solche Studie schon sehr ernst. Und ich denke, wir sollten alle bestrebt sein, Abwanderungstendenzen der Wiener Industrie wirklich nachhaltig zu bekämpfen.
Wenn Sie nun die Methodik der Studie ansprechen und das Sample von 7 Prozent kritisieren, so sage ich Ihnen: Ja, es waren 7 Prozent, aber ich gehe davon aus, dass die Wirtschaftskammer solche Umfragen korrekt, das heißt, und auch methodisch korrekt durchführen lässt.
Deshalb möchte ich gerne noch einmal folgende Frage an Sie stellen: Welche Maßnahmen strukturell-inhaltlicher Natur werden Sie setzen, um solchen Tendenzen - auch wenn vielleicht, wie Sie sagten, nicht so viele Unternehmen im Sample sind -, um diesen Abwanderungstendenzen nachhaltig entgegenzuwirken?
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Frau Stadträtin, bitte.
VBgmin Mag Renate Brauner: Sie haben jetzt das richtige Stichwort verwendet, nämlich: strukturelle Fragen. Was sich in Wien tut, ist nicht die Abwanderung von Unternehmungen - die gibt es ab und an auch, genauso wie es die umgekehrte Tendenz gibt -, was sich in Wien tut, wie in allen anderen Millionenstädten, ist ein massiver Strukturwandel: weg von der Produktionsgesellschaft hin zu einer wissensbasierten, technologieorientierten Dienstleistungsgesellschaft.
Es ist also ein Strukturwandel. Und die Tatsache, dass – jawohl - im traditionellen Produktionsbereich Arbeitsplätze verloren gegangen sind, ist nicht darauf zurückzuführen, dass er so schlecht ist, sondern dass er so gut ist. Die Produktivität im traditionellen Produktionsbereich, im traditionellen Sachgüterbereich steigt in Wien um 40 Prozent! Das ist noch einmal um 10 Prozent mehr als im europaweiten Vergleich.
Das heißt, wir haben hier eine Produktivitätssteigerung, die natürlich zu Lasten der Arbeitsplätze geht, und wir haben einen Strukturwandel, der zeigt, dass der traditionelle Produktionsbereich an Arbeitsplätzen verliert. Das ist aber durch die weitere Entwicklung im Dienstleistungsbereich mehr als wettgemacht worden. Sonst wäre es ja nicht erklärbar, dass wir heute in Wien ein absolutes „all time high“ an Arbeitsplätzen haben (GR Dipl-Ing Roman Stiftner: ... mehr Arbeitslose!), wenn wir gleichzeitig wissen, dass im traditionellen Produktionsbereich hier die Zahlen entsprechend zurückgegangen sind - seit den 70er Jahren von über 300 000 auf heute unter 100 000 -, ein Trend, der in allen europäischen Metropolen so festzustellen ist.
Das heißt, um es in einem Satz zusammenzufassen: Früher haben die Schlote geraucht, jetzt rauchen die
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