Gemeinderat, 32. Sitzung vom 14.12.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 15 von 133
zu entnehmen, dass z.B. TaxifahrerInnen mit BusfahrerInnen oder Jugendliche mit älteren Menschen zusammen kamen und Lösungsvorschläge für ein besseres Zusammenleben in Wien erarbeitet haben. Können Sie uns erläutern wie diese Vorschläge aussehen?)
Bitte, Frau Stadträtin.
Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Einen schönen guten Morgen, Herr Gemeinderat!
Zur Charta, die wir ja in unserem Regierungsübereinkommen gemeinsam geplant, festgelegt und jetzt sehr erfolgreich durchgeführt haben, kann ich Ihnen folgende Antwort geben:
Wir haben insgesamt 651 Gesprächsgruppen gehabt, die sehr, sehr gut besucht waren, wo die Wienerinnen und Wiener intensiv und engagiert miteinander darüber gesprochen haben, darüber diskutiert haben, wie sie sich das Zusammenleben in dieser Stadt vorstellen, aber nicht nur, wie sie es sich vorstellen, sondern sie haben auch konkrete Vorschläge und Vorhaben für das gute Zusammenleben miteinander erarbeitet.
Was dieses Projekt eindeutig gezeigt hat - bei über 600 Gruppen, 651 Gruppen, ist das ja, denke ich mir, sehr beachtlich -, ist, dass, wie das Wiener Sprichwort es besagt, beim Reden die Leut' zusammenkommen. Das hört sich jetzt vielleicht am Anfang ein bisschen platt an, aber es hat schon seinen wahren Kern, denn wir haben an sehr konkreten Projekten gemerkt: Wo man mit Regelungen und 1 000 Schildern nicht weiterkommt, kommt man weiter, wenn man miteinander spricht.
Ein konkretes Beispiel: In Floridsdorf in der Autokaderstraße hat es rund um einen Spielkäfig immer und immer wieder Probleme zwischen den Jugendlichen und den Erwachsenen, speziell den älteren Herrschaften, gegeben. - Also man hat bei der Charta auch gemerkt, dass gerade die Gruppen, wo verschiedene Gruppen der Gesellschaft zusammengekommen sind und sich auf etwas geeinigt haben, auch wirklich diejenigen waren, die am spannendsten waren und wo auch wirklich viel herausgekommen ist. In dieser Gruppe zum Beispiel war es einfach so, dass sie miteinander eine Vereinbarung getroffen haben, wann sie diesen Spielkäfig nutzen und wie sie ihn nutzen. Und das Witzige war: Es ist auf diesem Käfig schon alles Mögliche an Verbots- und Gebotsschildern gehangen, aber diese Vereinbarung, die hat gehalten und hat die Leute auch wirklich weitergebracht und hat das Zusammenleben auch sehr, sehr positiv beeinflusst.
Das heißt, was wir gesehen haben, ist, dass der Geist dieser Wiener Charta sich eigentlich sehr rasch verbreitet hat und auch sehr, sehr stark war und dass die Identifikation der Leute mit diesem Projekt auch eine hohe war und wir dadurch wirklich rasch immer dort hingekommen sind, dass wir gesagt haben, okay, was sind die Herausforderungen des Alltags und was verhandeln die Leute miteinander, um da auch tatsächlich zu Ergebnissen zu kommen.
Es hat sich zum Beispiel eine Gruppe von Taxilenkerinnen und Taxilenkern, die in der Ausbildung stehen, mit Busfahrerinnen und Busfahrern und Straßenbahnfahrerinnen und Straßenbahnfahrern getroffen, um da zum Beispiel unterschiedliche Perspektiven im Verkehr einzunehmen. Verkehr war ja auch ein sehr heftig diskutiertes Thema in der Charta.
Oder: Mieterbeirätinnen, die sich mit muslimischen Frauen getroffen haben und wo man wirklich sagen muss, das war eher ein sehr konfliktbehaftetes Zusammenkommen. Es waren viele Vorurteile vorhanden, aber es waren auch viele Gräben offen, die nicht besprochen waren. Und diese Frauen haben dort moderiert, miteinander geredet, haben gegenseitig ihre Erfahrungen und ihre Herausforderungen und Probleme austauschen können, und so konnten wirklich gute Brücken gebaut werden - sogar so gute Brücken gebaut werden, dass diese Frauen mittlerweile mehrere Initiativen miteinander machen und das eigentlich für sie der Kick war, um aufeinander zuzugehen.
Und genau darum ist es uns ja auch gegangen bei dieser Charta: Menschen zueinander zu bringen. Das war dieses Herzstück, dass sich eben in diesen 651 Gruppen Leute in ihrer Freizeit getroffen haben, zwei Stunden lang von Angesicht zu Angesicht engagiert miteinander gesprochen haben und miteinander versucht haben, Lösungen zu finden und zu sagen, was ihnen wichtig ist und was für sie ein gutes Zusammenleben in dieser Stadt ausmacht.
Und was hier auch wiederum ganz deutlich wurde: Natürlich haben die Bedürfnisse der Menschen in dieser Stadt für ein gutes Zusammenleben keinen Reisepass. Es ist also egal, ob die Leute jung oder alt sind, ob sie Frauen oder Männer sind, ob es Menschen mit oder ohne Migrationshintergrund sind – es gibt gewisse Grundbedürfnisse, die die Menschen einfach haben, und der Umgang mit diesen, die Art und Weise, wie man miteinander umgeht, macht eben das Zusammenleben für die Menschen in dieser Stadt und auch ihren Alltag aus. Und das hat in dieser Charta sehr, sehr gut funktioniert.
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Danke schön. - Die 1. Zusatzfrage stellt Herr GR Akkilic. - Bitte.
GR Senol Akkilic (Grüner Klub im Rathaus): Guten Morgen, Frau Stadträtin!
Sie haben schon erwähnt, der Dialog, der Prozess in der „Wiener Charta - Zukunft gemeinsam leben“ war ein sehr, sehr wichtiger Teil, und wir wissen auch, dass die Gesprächsorte eine sehr große Vielfalt aufweisen – Schwimmbäder, Wohnanlagen, Pensionistenklubs und Sonstiges. Wir wissen auch, dass diese Gespräche ohne gröbere Konflikte abgelaufen sind, und das ist eine Auszeichnung für die Gesprächskultur in unserer Stadt.
Nun denke ich mir, dass hier die ModeratorInnen sehr viel dazu beigetragen haben, dass diese Gespräche auch stattfinden konnten. Welche Rolle haben die ModeratorInnen generell in diesem Prozess gespielt?
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Bitte, Frau Stadträtin.
Amtsf StRin Sandra Frauenberger: Die ModeratorInnen waren in diesem Prozess enorm wichtig, denn gerade dann, wenn zwei Gruppen mit zwei unterschiedlichen Interessen aufeinander zukommen und schon diesen Schritt machen, aufeinander zuzugehen, dann
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