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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 20.11.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 54 von 79

 

haben vorher gesagt, Kultur und Kunst sind ein identitätsstiftendes Merkmal. – Das kann ich wirklich nur unterstützen und unterschreiben! Man darf aber auch nicht vergessen, dass es für die Bevölkerung und überhaupt für die ärmeren Bevölkerungsschichten auf Grund des Gebührentsunamis von Rot und Grün immer schwieriger ist, auch am Kulturleben der Stadt teilzunehmen. Warum? – Weil sie es sich einfach nicht mehr leisten können!

 

Womit ich schon beim Budget wäre: Aber keine Sorge! Ich werde Sie jetzt nicht mit Zahlen quälen. Wir haben schon genug Zahlen gehört. Mir ist aber im Zuge der Debatte des Budgets des Ressorts für Kultur und Wissenschaft aufgefallen, dass seit vielen Jahren sehr hohe Geldmittel für Förderungen von diversesten Vereinen zur Verfügung stehen. Wie Sie wissen, haben wir von den Freiheitlichen in den vergangenen Jahren immer wieder etlichen Förderungen zugestimmt, viele auch abgelehnt, keine Frage.

 

Was mich persönlich aber sehr nachdenklich stimmt, ist der Umgang mit der Vergangenheit, und zwar konkret der Umgang mit der Vergangenheit Wiens als Welthauptstadt der Musik. Leider ist nämlich zu bemerken, dass die Musikerziehung in Wien schon seit Jahren im Vergleich zu den anderen Bundesländern, aber vor allem – und das ist besonders traurig – auch im internationalen Vergleich stark vernachlässigt wurde. Es ist zu befürchten, dass der Ruf der Stadt Wien als Weltmetropole der Musik, wovon wir auch touristisch sehr profitieren, nur noch auf die Vergangenheit bezogen wird.

 

Warum spreche ich das jetzt hier an? Ich bin auch gleich fertig: Trotz aller Ansprüche der Verantwortlichen der Stadt Wien, auch in Zukunft die Musikstadt Wien international mit einer herausragenden Rolle zu versehen, fehlt es schon am Beginn, und zwar an ausreichenden Plätzen in Musikschulen. Viele Kinder können in räumlicher Nähe zu ihrem Wohnort keine Musikschule besuchen. Im Hinblick darauf stellt sich die Frage nach dem Warum. – Das ist ganz einfach: Es gibt dort keine! Wir haben in Wien für 23 Bezirke 17 Musikschulen. Der Rest sind reine Singschulen. Und es gibt seit Jahren keinerlei Fortschritt in diesem für Wien und seine künftige Musikgeschichte so wichtigen Thema. Es ist nämlich wichtig, der Jugend eine Möglichkeit zur Entwicklung ihrer Talente zu bieten.

 

Wir von den Freiheitlichen fordern seit Jahren, dass die Mittel des Budgets für den Ausbau der Musikschulen aufgestockt werden, und zwar mit dem Ziel, dass jeder Bezirk zumindest über eine einzige Musikschule verfügt. Ich weiß schon, das ist nicht direkt Ihr Ressort! Aber ich erlaube mir, nachdem die Bemühungen bis dato nichts gefruchtet haben, im Hinblick auf die Mittel der unterfertigten Stadträte gemäß § 27 Abs 4 der Geschäftsordnung für den Wiener Gemeinderat nachfolgenden Beschlussantrag einzubringen:

 

„Der amtsführende Stadtrat für Kultur und Wissenschaft möge sich zukünftig dafür einsetzen, dass eine ausreichende Anzahl an Musikschulen sichergestellt ist. Als Ziel wird je eine Musikschule für jeden Bezirk angestrebt.

 

In formeller Hinsicht wird die sofortige Abstimmung verlangt.“ (Beifall bei der FPÖ.) Danke.

 

Ich ersuche Sie um breite Zustimmung zu diesem wichtigen Antrag im Sinne der Zukunft unserer Kinder und auch der Zukunft Wiens als Musikmetropole und bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau GRin Prof Dr Vitouch. In diesem Fall sind 12 Minuten Redezeit vorgesehen.

 

15.14.33GRin Prof Dr Elisabeth Vitouch (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates)|: Ich möchte den Vorredner nur ganz kurz berichtigen: Ich finde, dass Herr Prof Van der Bellen nicht nur ein honoriger, sondern vor allem auch ein humoriger Professor ist! Und ich finde, das trägt sehr zur Stimmung in diesem Saal bei. – Danke schön. (Beifall bei den GRÜNEN.)

 

Zitiert wurde heute schon viel. Klaus Werner-Lobo hat Max Weber und die Politik als Bohren harter Bretter angeführt. Von Kollegen Kowarik, der nicht mehr da ist, kam eine Jandl’sche Einlage à la: Lechts und Rinks kann man leicht velwechsern.- Ja, das ist heikel!

 

Ich halte es mehr mit Theodor Heuss, der einmal gesagt hat: „Kultur ist nicht alles, aber ohne Kultur ist alles nichts.“ – Das ist wohl bekannt.

 

„Alle wirtschaftlichen und politischen Mächte verdorren, wenn sie nicht von einer stetigen geistigen Erneuerung gespeist werden, und wirtschaftliche Enge und kulturelle Banalität sind die wirkliche Gefahr für die geistigen Lebenskräfte.“ – Das hat einst die Hamburger Kultursenatorin Christina Weiss gesagt und damals einen „contrat culturel“ gefordert, dessen grundlegendes Postulat die Autonomie der Kunst ist, die weder machtpolitisch vereinnahmt noch wirtschaftlich instrumentalisiert werden darf.

 

Kulturpolitik sei Politik der Vermittlung, nicht nur als bloße Organisation und Ermöglichung von Veranstaltungen, sondern als Weg zu einem Klima der Offenheit und der bewussten Pluralität. Sie müsse die ganze Breite des Spektrums im Blickfeld haben und wahren. Sie muss – Zitat: „die Kulturorte zugleich als Kommunikationsorte begreifen, die Menschen anlocken, zusammentrommeln und zugleich auch in Kontakt und Kommunikation miteinander bringen.“ – Diesem erweiterten Kulturbegriff, den Joseph Beuys schon vor Jahrzehnten eingeführt hat, sieht sich auch die Wiener Kulturpolitik verpflichtet.

 

Davon legt der Kunst- und Kulturbericht der Stadt Wien auf fast 300 Seiten ein hervorragendes Zeugnis ab. Es ist dies ein Buch voller Bilder und Wunder, um den Herrn Stadtrat zu zitieren. Hinter jeder Zahl verbirgt sich eine eigene Welt. Ich möchte exemplarisch nur ein paar Welten herausgreifen, zum Beispiel die Welt des Jura Soyfer, dessen Geburtstag sich zum 100. Mal jährt. Dazu gibt es nicht nur im Waschsalon im Karl-Marx-Hof Veranstaltungen. Im 3. Bezirk – Kollege Woller hat es erwähnt – im Gemeindebau-Theater Rabenhof steht „Der Weltuntergang“ auf dem Programm, und last not least läuft „Die „Botschaft von Astoria“ ebenfalls im 3. Bezirk in einem Stationentheater von theaterfink und Romano

 

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