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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 19.11.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 40 von 108

 

Ebenso hat der Zinsendienst enorm zugenommen. Klar, wenn die Schulden steigen, steigen auch die Zinsen. Der Zinsendienst ist allein vom Jahr 2011 auf das Jahr 2012 um 157 Prozent angestiegen! Der Zinsendienst beläuft sich im Jahr 2012 auf knapp 96 Millionen EUR im Jahr. Das ist um das Eineinhalbfache mehr, als es im Vorjahr war, also ein enormer Betrag. Daneben kommen die Schweizer Franken dazu. Da darf ich Ihnen sagen, der Bund hat zwischenzeitlich, das heißt, mit Jahresabschluss 2012, alle Schweizer-Franken-Verbindlichkeiten auf null gestellt. Und wie viel hat die Gemeinde Wien? Nach wie vor 37 Prozent der Gesamtverpflichtungen oder 1,65 Milliarden EUR. Ich gebe schon zu, die Buchverluste, die wir Ihnen mehrfach vorgehalten haben, heuer werden es 302 Millionen EUR sein, diese Buchverluste sind jetzt für Sie noch nicht schlagend, wenngleich ich sage, für jedes Unternehmen wären sie schlagend, weil sie müssten wertberichtigt werden. Die Gemeinde muss das nicht. Das heißt, schlagend werden sie dann 2016, wenn die Gemeinde Wien die erste Franken-Anleihe zurückzahlen muss. Da werden sie dann schlagend oder Sie werden sie vielleicht rollieren. Das macht auch Kosten, aber schlagend werden sie dann.

 

Was aber sicher jetzt schon schlagend wird, das sind die Zinsen, die wir dafür zahlen, und die Zinsen machen immerhin auch jedes Jahr 400 Millionen EUR aus, das heißt, in 3 Jahren 1,2 Milliarden EUR. Dann kommen die Schulden der ausgelagerten Unternehmen dazu. Wir haben das heute auch schon einmal gehört. Wir reden ja nicht nur über 4,3 Milliarden Schulden mit Jahresende 2012, sondern wir reden über insgesamt 6,9 Milliarden EUR Schulden, weil wir ja die Schulden von Wien Kanal, Wiener Wohnen und des KAV dazurechnen müssen. Also 6,9 Milliarden EUR Schulden und ein Verlust bei den Wiener Stadtwerken von 930 Millionen EUR, was wollen Sie mehr?

 

Es zeigt also eines ganz klar: Die einnahmenseitige Budgetsanierung hat nicht funktioniert. Es klappt einfach nicht. Sie müssen einen Mix aus Einnahmen- und Ausgabenkonsolidierungen machen. Gleichzeitig, ja gleichzeitig, aber mit all diesen Erhöhungen und gleichzeitig mit den Maßnahmen, die nicht funktionieren, hat die Sozialhilfe zugenommen. Das ist heute auch schon einmal erwähnt worden. Interessanterweise ist diese Position um 178 Millionen EUR auf insgesamt 443 Millionen EUR im Jahr 2012 angestiegen und auf 544 Millionen EUR im kommenden Jahr, das heißt, innerhalb eines Jahres stiegen die Kosten um 101 Millionen EUR an, das heißt, um 23 Prozent. Das führt auch dazu, dass immer mehr Menschen die Bedarfsorientierte Mindestsicherung in Wien in Anspruch nehmen. 129 000 Personen sind es, wir haben das heute schon gehört, mehr als in allen anderen österreichischen Bundesländern zusammen. Das ist bedenklich und da sollten auch Sie darüber nachdenken.

 

Gleichzeitig, indem Sie die sozialen Unterstützungen fördern, kürzen Sie bei der Wirtschaftsförderung und kürzen Sie beim U-Bahn-Ausbau. Insgesamt haben Sie in den ersten 3 Jahren, meine Damen und Herren von Rot und Grün, der rot-grünen Budgets die Wirtschaftsförderung um 34 Millionen EUR gekürzt. Beim U-Bahn Ausbau haben Sie in den ersten 3 Jahren rot-grüner Budgets um 113 Millionen EUR gekürzt. Also das, was heute gesagt wurde, nämlich dass investiert wird, smart investiert wird, das ist ja nicht der Fall. Hier wird das, was Sie nicht tun wollen, mit der Gießkanne gestreut und die kommunalen Investitionen sinken um 1 Prozent im kommenden Jahr, nämlich die Quote von 5,1 auf 4,1. Das heißt, ohne Strukturreformen wird es nicht gehen wie zum Beispiel die Anpassung des Beamtenpensionsgesetzes oder die Neustrukturierung des Wiener Krankenanstaltenverbundes. Ohne diese Strukturreformen wird es nicht gehen und ohne diese Strukturreformen werden Sie, meine Damen und Herren von Rot und Grün, 2016 keinen ausgeglichenen Haushalt vorlegen können. Denn nicht nur die Schulden sind in Wien höher als in allen anderen österreichischen Bundesländern, auch das Wirtschaftswachstum ist in Wien am schlechtesten von allen österreichischen Bundesländern. Die Arbeitslosenrate ist am schlechtesten von allen österreichischen Bundesländern. Die Lehrlingssituation mit einem Lehrplatz für vier Lehrstellensuchende ist die schlechteste von ganz Österreich. Die Exportquote ist die schlechteste von ganz Österreich. Und wenn wir heute schon mehrfach gehört haben, UNO-Studie, Mercer-Studie, Studie der Deutschen Financial Times, - super. Aber es gibt eine ganz interessante aktuelle Umfrage der Wiener Industrie und der Wiener Wirtschaft, die besagt, dass fast jeder zehnte Betrieb Wiens aus Wien wegsiedelt und dass in den letzten Jahren in der Wiener Industrie tausende Arbeitsplätze verloren gingen. Das sollten Sie sich zu Herzen nehmen und hier ist anzusetzen. Hier wollen wir uns um eine Trendwende kümmern. Wir wollen eine Wende hin zu mehr Arbeitsplätzen, hin zu mehr Wirtschaftswachstum und letztlich eine Trendwende hin zu mehr Strukturreformen. Nachdem wir das bei Ihnen nicht sehen, werden wir diesem Budget nicht zustimmen. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Frau Gemeinderätin, Sie haben Ihre Redezeit um 1 Minute und 17 Sekunden überschritten. (GR Dipl-Ing Martin Margulies: Das hat den Kollegen Jung sehr nervös gemacht!) Als Nächste zum Wort gemeldet ist Frau GRin Mag Berger-Krotsch. Sie haben 10 Minuten vorgesehen.

 

13.15.56GRin Mag Nicole Berger-Krotsch (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!

 

Ich bin ja froh, dass ich nach der vielen und umfangreichen Schwarzmalerei von Kollegin Kappel noch mal auf die Rede der Frau Vizebürgermeisterin zurückkommen kann, wo sie sehr stark betont hat, Wien ist eine weltoffene, und das auch in Richtung vom Kollegen Gudenus, der ja dagegen arbeitet, eine moderne, eine wachsende Stadt mit hervorragender Lebensqualität. Die Frau Vizebürgermeisterin hat das eingangs sehr ausführlich mit vielen Beispielen dargestellt, Betriebsansiedlungen, die Weiterqualifizierung unserer ArbeitnehmerInnen,

 

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