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Gemeinderat, 29. Sitzung vom 19.11.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 5 von 108

 

Neuverschuldung hätte der Versuch des privaten Sektors, insgesamt weniger auszugeben, als er verdiente, in eine tiefe Krise geführt.“ – Zitat Ende.

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Wiener Finanzpolitik liegt ein klares Konzept zu Grunde, das von namhaften Experten und Expertinnen unterstützt wird. Wir investieren gegen die Krise an, um die Wirtschaft am Laufen zu halten, Arbeitsplätze zu sichern und die Infrastruktur modern und für alle zugänglich zu erhalten. Das ist die Rolle der öffentlichen Hand in einer Wirtschaftskrise, und diese Rolle werden wir mit Bedacht weiterhin erfüllen. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Wir sehen nämlich, was andernorts geschieht, wo öffentliche Investitionen eingefroren und mit – wie ich meine – falschem Stolz Sparprogramme veröffentlicht werden: Die Öffis werden nicht ausgebaut, der Gratiskindergarten wird wieder zurückgenommen; in Wien geht es beim Gratiskindergarten immerhin um eine Ersparnis von bis zu 226 EUR pro Kind und Monat. Wohnungen werden nicht gebaut, sondern Wohnbaugelder zweckentfremdet für andere Dinge verwendet. Pflegewohnhäuser werden nicht errichtet. – Diese Art von Einsparungen, sehr geehrte Damen und Herren, wird es mit uns nicht geben! Wir sparen die Stadt nicht kaputt, sondern investieren weiter in Zukunftsbereiche und in die Attraktivität unserer Stadt (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Dazu sind – ich habe es bereits erwähnt – Reformen notwendig, denn am Konsolidierungskurs mit einem Nulldefizit im Jahr 2016 halten wir ebenso fest. Wichtig ist bei dem Reformkurs, den die Stadt eingeschlagen hat, dass es nicht das Sparen mit dem Rasenmäher gibt. Letzteres würde nach einer einfachen Lösung klingen: Sparen wir überall 5 Prozent, und die Sache ist erledigt. – Dazu sage ich wieder einmal: Das ist der falsche Weg!

 

Nebenbei bemerkt: Für minus 5 Prozent überall bräuchte man keine Politik und keine politischen Entscheidungen, dazu braucht man nur einen Rechenschieber, und eine Politik mit dem Rechenschieber wäre dann wohl eine so kalte Politik, wie es ein Rechenschieber eben ist. Was würde es nämlich bedeuten, 5 Prozent überall zu kürzen? – 5 Prozent weniger Budget hieße zum Beispiel 5 Prozent weniger Müllabfuhr: Drei Wochen im Jahr holt niemand den Müll ab? 5 Prozent weniger Krankenpflegepersonal, 5 Prozent weniger Ärztinnen und Ärzte, Ambulanzzeiten, Operationen: Das kann niemand ernsthaft meinen! Soll man 5 Prozent Obdachlose einfach auf der Straße stehen lassen und sich nicht um sie kümmern? Oder soll man nur mehr jedes 20. Schlagloch reparieren?

 

Sehr geehrte Damen und Herren! Dieser Vorschlag, einfach überall ein paar Prozent zu kürzen, ist nicht nur zynisch, weil damit viele Arbeitsplätze verloren gehen, sondern das ist auch wirtschaftspolitisch ganz falsch, denn Einnahmen aus Steuern, die dann entstehen, wenn investiert wird, würden uns ebenfalls entgehen. Die Wirtschaft ist nämlich ein dynamischer Prozess: Was wir heute investieren, kommt in Form von Steuerzahlung auch wieder zurück, was wir heute aber vernachlässigen, zahlen wir später in Form von Arbeitslosigkeit oder damit, dass Firmen Probleme bekommen.

 

Man würde eine Stadt auf diese Art und Weise sozusagen schlechtsparen. Das sind Einsparungen am falschen Platz, und diese rächen sich. Das tun wir daher nicht, sondern wir praktizieren intelligentes Sparen, und dieses intelligente Sparen kommt ohne den Rasenmäher aus. Die Reformen, wie wir sie in Wien anpacken, werden uns in die Lage versetzen, trotz enger finanzieller Spielräume sinnvolle Investitionen und nötige nachfragewirksame Ausgaben für Wirtschaftswachstum und für Arbeitsplatzsicherung zu tätigen.

 

Das sind die Grundpfeiler des Wiener Reform- und Wachstumspakts, und sie gelingen durch folgende Maßnahmen: Wir schaffen straffere und flexiblere Strukturen in der Stadt, etwa durch die Organisationsreformen beim Wiener ArbeitnehmerInnen Förderungsfonds, durch die Zentralisierung des Kundenservice von Wiener Wohnen oder die Standortkonzentration der MA 48 und der Bioabfallaufbereitung.

 

Wir suchen neue Wege in der Finanzierung, wie wir es bei der Wohnbauinitiative und bei der Wohnbauanleihe getan haben und wie wir es bei PPP-Modellen beim Schulneubau praktizieren werden.

 

Wir setzen inhaltliche Strukturreformen um. Das bedeutet, dass sich das Angebot der Stadt an die demographische und städtische Entwicklung anpasst, zum Beispiel beim Spitals- und Geriatriekonzept, aber auch beim Top-Jugendticket, das auf die Bedürfnisse der jungen Menschen eingeht und gleichzeitig eine massive Verwaltungsvereinfachung und damit Einsparung darstellt. Durch bessere Organisation und effizienteren Personaleinsatz sowie bessere Nutzung von neuen Technologien kommt es zu einer Steigerung der Effizienz der Stadt bei den Leistungen und Angeboten.

 

Ein ganz wichtiger Punkt ist die Reform unseres Besoldungssystems mit dem Ziel eines optimalen Einsatzes und optimaler Arbeitsbedingungen für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit mehr Transparenz, mehr Durchlässigkeit, mehr Mobilität. Wir schaffen eine weitere Produktivitätssteigerung durch die Forcierung von E-Government-Anwendungen. Wir haben die Förderungen evaluiert, und wie Sie wissen, erneuern wir diese und machen sie zielgerichteter. Wir sind permanent dabei, Verwaltungsabläufe zu verbessern, zum Beispiel mit einer zentralen elektronischen Eingangserfassung im Magistrat der Stadt Wien, bei dem eine Abteilung für alle anderen dieses Scan-Verfahren übernimmt. – Sehr geehrte Damen und Herren! Es wird in diesem Zusammenhang in den nächsten Jahren noch viele Beispiele geben, und all das wird uns in die Lage versetzen, mit sparsamem und intelligentem Mitteleinsatz noch moderner und besser zu werden.

 

All das, sehr geehrte Damen und Herren, gelingt aber nur, wenn wir alle an einem Strang ziehen. In diesem Sinne möchte ich mich zuallererst an dieser Stelle bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Gemeinde Wien bedanken. Jeder und jede Einzelne von ihnen versucht, in seinem oder ihrem Wirkungsbereich möglichst modern, effizient, mit der größtmöglichen Bürgernähe und riesigem Engagement vorzugehen. Ein großes

 

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