Gemeinderat, 25. Sitzung vom 27.06.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 52 von 89
Baurechtsvertrag gemacht, dann wird ein zweiter Zusatzvertrag gemacht, genannt Sideletter, weil in Österreich schließen wir üblicherweise keine Zusatzvereinbarungen ab, sondern nennen das Sideletter, damit sich ein jeder auskennt. Und dann wird dazu noch ein drittes Papier erzeugt. Ich frage Sie: Welcher Mensch, der reinen Gewissens einen Vertrag abschließt, macht daraus drei Papiere? Da wird etwas versteckt. Da steckt das Unrechtsbewusstsein drinnen. Und ich kann denjenigen, die bisher nicht unterschrieben haben, nur empfehlen, keine Unterschrift zu leisten, weil die Erhöhung des Baurechtszinses nicht weiterverrechnet werden darf.
Weil die Stadt Wien und die Genossenschaften das wissen, und ich komme dann auch noch auf die Personalunionen zu sprechen, haben sie erstens die Mieter dazu genötigt, mit falschen Informationen ihre Zustimmungserklärungen zu unterschreiben. Ich bedaure jeden einzelnen Nutzer, der dieser Nötigungs- und Falschinformationskampagne erlegen ist. (Aufregung bei GRin Nurten Yilmaz und GR Kurt Wagner.)
Vorsitzende GRin Dr Monika Vana (unterbrechend): Ich darf Sie ersuchen, Herr Kollege Wansch, Wörter wie Nötigung nicht zu verwenden und zur Sache zu sprechen laut Geschäftsordnung. (GR Mag Dietbert Kowarik: Und wie war das vorhin mit dem Kollegen Margulies? – GR Dipl-Ing Martin Margulies: Ich habe zum Geschäftsstück geredet!)
GR Mag Dr Alfred Wansch (fortsetzend): Ich nehme zur Kenntnis, dass es ein Unterschied ist, ob ein freiheitlicher Gemeinderat hier steht oder ein Gemeinderat der GRÜNEN, weil Sie alle haben miterlebt, welche Worte vom Kollegen Margulies, welche Anschuldigungen gefallen sind. Da war nicht einmal eine Aufforderung. Ich bekomme halt jetzt die Aufforderung. Aber weil ich den Vorsitz respektiere, die Frau Vorsitzende respektiere, werde ich das Wort Nötigung nicht mehr verwenden und sage ganz einfach, die Menschen sind dazu gebracht worden, Erklärungen mit nicht vollständiger Information zu unterschreiben.
Wenn ich mir jetzt das Verhältnis Stadt Wien und Genossenschaften anschau, dann gibt es eine Personalunion. Jeder kennt sie, wir haben hier im Gemeinderat schon darüber gesprochen, die Frau Kollegin Schubert, und die ist in einer sehr schwierigen Situation, weil sie einerseits Vorstand der Union ist und damit die Interessen der Genossenschafterinnen und Genossenschafter, der Nutzerinnen und Nutzer vertreten soll, und andererseits auf der Seite der Regierungspartei als Gemeinderätin der Regierungspartei natürlich das Interesse vertreten muss, dass Geld hereinkommt. Das Ergebnis ist heute schon viel diskutiert worden und liegt in Form eines meines Erachtens rechtswidrigen, auf jeden Fall aber unsozialen und sozialwidrigen Vertrages vor.
Ich kann nur abschließend noch einmal sagen, die Argumente sind bekannt, die gegen diesen Vertrag sprechen, sowohl rechtliche als auch soziale wurden bereits mehrmals hier in dem Haus und im Ausschuss diskutiert. Machen Sie sich Ihr Bild, wenn Sie diesen Verträgen zustimmen. Es ist ja ohnehin noch nicht das letzte Wort gesprochen, weil die Stadt Wien und die Union können einen Vertrag abschließen und die Frage wird sich am Ende des Tages stellen: Was passiert, wenn die widerrechtlich erhöhten Baurechtszinse dann den Nutzern vorgeschrieben werden sollen? Das wird noch die Gerichte beschäftigen und wird die Politik auch wieder beschäftigen. Danke schön. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzende GRin Dr Monika Vana: Zu einer tatsächlichen Berichtigung ist GR Margulies gemeldet. Sie haben drei Minuten.
GR Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Ich wünschen uns allen nicht, dass die Gerichte das aufheben, weil es sonst tatsächlich passieren kann, dass der Grund demjenigen zufällt, dem er gehört und in diesem Sinne handelt es sich tatsächlich um Berichtigung 1 (Aufregung bei der FPÖ.), nicht um eine Enteignung. Wir würden dieses Geschäftsstück heute nicht auf der Tagesordnung haben, und ich würde Sie nur bitten, exakt zu bleiben. (GR Mag Dietbert Kowarik: Berichtigung!) Ja. Es handelt sich nicht um eine Enteignung, weil Grund und Boden der Stadt Wien gehören. Ich würde Sie ersuchen, das zu akzeptieren, das zu respektieren.
Zweite tatsächliche Berichtigung: Auf die Frage, was steckt da dahinter, wenn man drei Verträge abschließt (Aufregung bei GR Mag Dietbert Kowarik.) – ich meine, dass das der Herr Wansch nicht versteht, verstehe ich natürlich. Aber wie ist es dann, wenn man der Frau Meschar das Grundstück verkauft und sieben Verträge abschließt auf einem kleinen Grundstück mit 700 m², damit dort 3 Einfamilienhäuser ... (Weitere Aufregung bei der FPÖ.) Ich habe alle hier.
Die dritte tatsächliche Berichtigung, nur auch, um das einmal klipp und klar zu stellen: Nein, ich wünsche jedem einzelnen Menschen, dass er oder sie so leben kann, wie er oder sie sich das vorstellt, das inkludiert Swimmingpools, das inkludiert Lofts, das inkludiert Vierzimmerwohnungen und Schlösser. Das Einzige, was ich mir dabei wünsche, ist, dass man dann tatsächlich auch einen Beitrag dafür leistet, dass man sich das Leben so leisten kann. Danke sehr. (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)
Vorsitzende GRin Dr Monika Vana: Als nächster Redner zum Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Ellensohn. Er hat 20 Minuten.
GR David Ellensohn (Grüner Klub im Rathaus): Frau Vorsitzende! Meine Damen und Herren!
Es ist für die Wiener und Wienerinnen, wenn sie uns zuschauen, und wir haben nicht immer so viele Leute auf der Galerie, sicher spannend, auch die Gefühlswelt mitzubekommen. Es gibt auch öfter härtere Auseinandersetzungen zwischen der FPÖ und den GRÜNEN. Deswegen sind sie auch gleich unruhig geworden, wie mein Kollege Martin Margulies begonnen hat, weil sie ... (GR Johann Herzog: Und was macht ihr?) Wir werden hier sehr oft unterbrochen, weil die können es nicht gut zusammenhalten. (Aufregung bei der FPÖ.) Herr Jung, Herr Jung, Sie sind ... (GR Mag Wolfgang Jung: Ich habe gar nicht gesagt!) Sie sind ganz schlecht
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