Gemeinderat, 25. Sitzung vom 27.06.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 24 von 89
Neuhuber. Ich erteile ihm das Wort.
GR Mag Alexander Neuhuber (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Herr Vorsitzender! Meine Damen und Herren!
Über Postenschacher wurde schon einiges geredet, es gibt aber auch noch ein ganz anderes – unter Anführungszeichen – Skandalfeld, das Tradition in diesem Hause hat, und das passt auch zu unserem Schwerpunktgegenstand Postnummer 77, nämlich der Grundstücksschacher.
Ich erinnere mich zurück: Vor knapp zehn Jahren wurden für das Waagner-Biro-Gelände 40 Millionen EUR ausgeben. Es war dies ein an sich sinnloser Ankauf eines Geländes, das bis heute ein Schattendasein fristet.
Oder ich denke an die Prater-Gründe: Prater-Parkplatz, Viertel Zwei und Krieau. Damit habe ich mich persönlich auch aus beruflichem Interesse sehr stark beschäftigt. Wir haben dort lediglich 30 Millionen EUR auf dem Papier, aber in Wirklichkeit viel weniger bekommen, weil Zinsen gestundet wurden und weil später gezahlt wurde. Es hat dort einseitige Optionen zu Lasten der Stadt Wien gegeben. Es hat Nebenabreden gegeben, die alle für die Stadt Wien nur negativ waren. Es wurden dort zig Millionen sozusagen verspielt beziehungsweise zig Millionen – so müsste man eigentlich richtig sagen – nicht lukriert. Man hätte nämlich viel mehr für diese Grundstücke bekommen können. Schauen Sie sich das heute an: Das Viertel Zwei ist ein blühendes Geschäftsviertel geworden! Das ist eine tolle unternehmerische Leistung, aber alles zu Lasten der Stadt Wien. Wir haben die Grundstücke viel zu billig verkauft.
Etwas Ähnliches bahnt sich auch beim Media Quarter Marx an. StR Juraczka hat dieses Thema heute schon angeschnitten: Es gibt eine 40-Prozent-Beteiligung der Stadt Wien und eine 60-Prozent-Beteiligung einer privaten Firma namens VBM. Und es ist schon interessant hinsichtlich der Auswahl eines Partners für ein dermaßen wichtiges Viertel: Wenn Sie die Firma VBM ganz normal im Firmenbuch suchen, so wie ich und jeder von uns das tun kann, weil es ja öffentlich zugänglich ist, dann werden Sie sehen, dass diese Firma VBM lediglich 240 000 EUR Stammkapital hat, aber ein Projekt in zumindest zweistelliger, wenn nicht dreistelliger Millionenhöhe gemeinsam mit der Stadt stemmen will und 2011 sogar – und jetzt wird es interessant! – einen Bilanzverlust von 190 000 EUR ausweisen musste.
Meine Damen und Herren! Wir reden in diesem Zusammenhang – so ist zumindest einmal den Zeitungsberichten zu entnehmen – über mindestens 60 Millionen EUR Investition, und die Stadt Wien sucht sich eine Partnerfirma aus, die 2011 190 000 EUR Verlust hatte! Da fragt sich: Wer ist in diesem Umfeld überhaupt zu finden? – Da ist ein SPÖ-naher Ex-Notenbanker, da ist, wie wir schon gehört haben, ein kasachischer Ex-Botschafter, der unter diversen Verdachten steht, da ist ein ehemaliger Croupier beziehungsweise Pokercasinobetreiber, der auch einmal einen Konkurs hingelegt hat, und da ist ein Tennishallenbetreiber. – Meine Damen und Herren! Sie werden mir zustimmen: All das sind ausgewiesene Experten für diese Immobilien! So stellt sich die Stadt Wien Stadtentwicklung vor: Wir nehmen uns Partner, die wirklich eine Ahnung davon haben! (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)
Und der ZIT-Geschäftsführer – über die ZIT läuft ja diese Beteiligung, wenn ich es mal so nonchalant ausdrücken darf – sagt: „Das war der beste und schnellste Partner.“ – Da muss ich sagen, gratuliere! Da dürfte man lang und sehr präzise gesucht haben! – „Kein anderer wollte dort.“ – Nun ja: Es ist dies eines der größten und wichtigsten Stadtentwicklungsgebiete. Der Österreichische Rundfunk siedelt sich dort an. Und man findet wirklich in der ganzen Stadt – weil der Immobilienmarkt jetzt in Wien noch dazu so schlecht läuft! – keinen anderen Partner als die Herrschaften aus der Poker- und Tennishallenszene!
Jetzt wurde übrigens eine Prüfung der Beteiligungsverhältnisse und der Finanzverhältnisse angekündigt. Kleines Pech dabei: Die BDO, die bereits großspurig angekündigt wurde, hat den Prüfantrag abgelehnt! – Meine Damen und Herren von der SPÖ! Kommen Sie heraus und erklären Sie uns, wie dort die Beteiligungsverhältnisse und die Finanzierungsverhältnisse genau sind! Woher kommt das Geld, mit dem der Partner der Stadt Wien dieses Unternehmen finanzieren will? (Beifall bei ÖVP und FPÖ.)
Woher kommt das Eigenkapital? Und hat die Geschäftsführung der ZIT vorab geprüft – ich erwähne noch einmal die 190 000 EUR Bilanzverlust –, ob die überhaupt finanzieren können? Auch das steht ja noch in Frage!
Ich wollte also sagen: Man hat offenbar aus all den früheren negativen Deals nichts gelernt. Es sind immer dieselben Ingredienzien: Man bewegt sich im Dunstkreis der SPÖ, es gibt keine Ausschreibung, es wird viel zu billig verkauft – siehe auch Prater-Vorplatz – und am Ende heißt es trotzdem immer von Ihnen: Es ist alles paletti! (Beifall bei ÖVP, FPÖ und von GR Dr Wolfgang Aigner.)
Vorsitzender GR Mag Dietbert Kowarik: Als nächster Redner zum Wort gemeldet ist Herr GR Dipl-Ing Margulies. Ich erteile ihm das Wort.
GR Dipl-Ing Martin Margulies (Grüner Klub im Rathaus): Sehr geehrte Damen und Herren!
Gerade weil es die GRÜNEN waren, die solche Angelegenheiten wie die Vorgänge rund um den Prater-Vorplatz und viele andere Punkte aufgedeckt haben, verändert sich etwas in Wien.
Kollege Neuhuber! Es tut mir leid, wenn Sie so über die Waagner-Biro-Gründe reden! Sie waren anscheinend schon sehr lange nicht mehr draußen im 22. Bezirk: Vis à vis von Hornbach, genau dort, wo die Waagner Biro war, entsteht ein Zentrum aus Wohnhäusern, Wirtschaftsgebäuden, Sozialzentren et cetera! Das ist schon fast fertig. Dort entsteht de facto ein neuer Stadtteil, der von der Stadt Wien beziehungsweise von der Wirtschaftsagentur als STAR22 betreut wird und wo
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