Gemeinderat, 24. Sitzung vom 26.06.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 70 von 88
Ja. Es gibt gute Initiativen, etwa den ÖkoBusinessPlan: Das ist eine Kooperation zwischen Wirtschaftskammer, Stadt Wien und Wiener Unternehmen. Ein weiteres Beispiel sind die Gemeinschafts- und Nachbarschaftsgärten. – Ich gestehe: Das ist eine Umweltaktion mit Kultur- und Integrationscharakter, die mir wirklich gut gefällt. Schön, dass sie mit etwas Zeitverzögerung auch nach Wien gekommen ist!
Und damit bin ich am Punkt: Es gäbe Grund genug, das Umweltressort nicht auszuhöhlen. Im Gegenteil! Ein ernst gemeintes Umweltressort muss ressortübergreifend agieren, bestimmen, koordinieren und Umweltmaßnahmen fordern. Ein Beispiel ist meiner Meinung nach Stadtgestaltung nach ökologischen Gesichtspunkten. Und wenn Ihnen die Phantasie ausgeht, dann schauen Sie einfach in den 8. Bezirk! Dort wird Veronika Mickel, die Bezirksvorsteherin, das Amtsgebäude begrünen.
Oder bleiben wir am Boden! Sehen wir uns die vielen Möglichkeiten auf den Plätzen an: Im 1. Bezirk wird die Gestaltung des Neuen Markts eine tolle Chance sein. Weiters kommt es zu einer Neugestaltung der Meidlinger Hauptstraße. Und ich erwähne natürlich auch das neue Gebiet am Hauptbahnhof: Hier muss die zuständige Stadträtin ein kräftiges Wort mitreden, und ich hoffe, dass Sie das tun! Denn sonst stellt sich die Frage: Wo ist denn da die rote Stimme für Umwelt und Tierschutz?
Wien vermisst ein nachhaltiges Gesamtkonzept zu mehr Umweltschutz und Umweltbewusstsein durch Anreize und Visionen und nicht durch Bestrafung wie Gebührenerhöhung oder PR-Gags. Oder die aktuelle Donauinsel-Kampagne: Was hat diese mit Umweltschutz zu tun? Gut, dass wir jetzt alle wissen, dass es Grillmeister auf der Insel gibt. Wie viel diese Kampagnen kosten, wissen wir nicht, denn von Kostentransparenz hält diese Regierung ja bekanntlich wenig!
Apropos Transparenz: Wie transparent ist des Budget eines Ressorts, von dem die großen Brocken sukzessive ausgelagert werden? Was ist noch da? Nehmen wir Wasser und Müll: Allein bei Wasser und Müll wurden in den Jahren 2010 und 2011 Überschüsse von über 100 Millionen erzeugt, und trotzdem haben Sie für 2012 Gebührenerhöhungen beschlossen. Das ist ein Skandal!
Ende 2012 werden insgesamt 200 Millionen EUR Überschuss allein aus Wasser und Müll entstanden sein. Das sind rund 250 EUR für jeden Haushalt. Im Hinblick darauf fordere ich Sie auf, diesen Betrag am Ende des Jahres den Wienerinnen und Wienern wieder zurückzugeben! Machen Sie es einfach wie Wiener Wohnen: Die haben jetzt auch angekündigt, die 157 EUR zurückzugeben, die sie zu viel einkassiert haben.
Und nur weil Ihnen das nicht genug ist, schalten Sie per Anlassgesetzgebung die Privatwirtschaft sukzessiv auch gleich aus, um alles in einer Hand, nämlich in Ihrer rot-grünen Hand, zu haben. Beispiel Abfallwirtschaftsgesetz: 2010 wurde die Novelle zu Gunsten der MA 48 und zu Ungunsten der freien Wirtschaft und des freien Wettbewerbs gegen die Stimmen der ÖVP beschlossen. Das wurde heftig und deutlich im Jänner vom Verwaltungsgerichtshof kritisiert, aber am Donnerstag werden Sie das wieder einzementieren.
Ja, die aktuelle Gesetzesänderung, die Sie am Donnerstag gegen die ÖVP-Stimmen und gegen die heute Morgen auch von Herrn Kollegen Valentin gelobte Präsidentin Jank beschließen werden, bringt keine Veränderung Ihrer ursprünglichen Intention aus 2010. Das weiß ich, und das wissen auch alle Kritiker. Aber Sie hätten die Möglichkeit gehabt beziehungsweise hätten am Donnerstag die Möglichkeit, diese monopolistische Maßnahme zu Gunsten des freien Wettbewerbs zu reparieren. Diese Chance wollen Sie aber nicht nutzen, und das kritisieren nicht nur wir, sondern auch die Wirtschaftskammer stellvertretend für die Entsorgungsbranche, die wettbewerbstechnisch ins Abseits gedrängt wird.
Und das ist auch kein Einzelfall! Es ist das gleiche Prinzip wie bei den Bestattungsfirmen, beim Prater, bei Wien Marketing, beim Tierquartier, beim Naturschutz und, und, und. Das ist zweifelsohne ein bewährtes System, das nur einen Gewinner kennt: Das Machtsystem SPÖ, und im Koalitionspartner haben Sie einen braven Schüler gefunden!
Apropos Tierquartier: 10 Millionen EUR Steuergeld ergibt für 500 Kuscheltiere 20 000 EUR pro Kuscheltierplatz. – Das haben wir kritisiert, und das werden wir auch in Zukunft kritisieren. Trotzdem habe ich mich persönlich für eine Zustimmung zum Tierquartier eingesetzt, und zwar im Interesse des Tierschutzes und weil ich Ihren Beteuerungen, Frau Stadträtin, vertraut habe. Aber dann, nur wenige Wochen später, wird bekannt, dass Herr Darvill und seine Firmen, so auch die mit dem Projekt beauftragte Firma Agora, bereits bei Auftragsvergabe in Konkurs waren. – Sie haben unser Vertrauen missbraucht, so wie Sie es mit den Wienerinnen und Wienern offensichtlich tun! (Beifall bei der ÖVP.)
Sehr geehrte Damen und Herren! So gesehen, bin ich im Interesse der Wienerinnen und Wiener sogar erleichtert, dass das Budget des Umweltressorts gekürzt wird und gekürzt wurde beziehungsweise alles sukzessiv ausgelagert wird. Gerne verweisen Sie auch auf andere Kompetenzen und Verantwortungen und putzen sich ab, wie etwa beim Feinstaubflug aus dem Osten, in der Atompolitik generell und in der Temelin-Frage speziell. Sie teilen sich die Atomkraftwerke einfach parteipolitisch auf, sozusagen proporzmäßig. Temelín macht der grüne Rudi, und Mochovce macht die rote Ulli. – Na dann ist ja alles bestens! Und die Atomkraftwerke rund um Österreich werden nicht zugesperrt, sondern aufgestockt.
Die rot-grüne Umweltpolitik in fünf Schritten zusammengefasst: Erstens weniger Privat, mehr Stadt, wenn nötig per Anlassgesetzgebung. Zweitens: Gut ist es, wenn alles in rot-grüner Hand ist. Drittens: Dann auslagern, damit die Finanzgebarung versteckt werden kann. Viertens: Kampagnentauglichkeit muss vorausgesetzt sein, damit auch Fototermine möglich
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