«  1  »

 

Gemeinderat, 24. Sitzung vom 26.06.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 64 von 88

 

es ihm.

 

16.27.50

GR Senol Akkilic (Grüner Klub im Rathaus)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Stadträtin! Meine Damen und Herren!

 

Wir haben ein Gesundheits- und Sozialsystem und heute ein ganz wichtiges Thema, das uns beschäftigt, das uns aber auch von Grundsätzen her unterscheidet. Wir stehen für eine solidarische Gesellschaft, für ein solidarisches System, das zugegebenermaßen vor Jahrzehnten durch die Sozialdemokratie erkämpft und auch auf die Beine gestellt worden ist. Der Grundsatz ist, dass wir in der Gesellschaft niemanden auf der Strecke stehen lassen, sondern jeden mitnehmen, dass unser Sozialsystem jeden Menschen, der gefährdet ist, auf der Strecke zu bleiben, auffängt. Dieser Ansicht sind Sie nicht. Die Freiheitlichen sind nicht dieser Ansicht, weil Sie der Ansicht sind, es gibt Menschen, deren Leben mehr wert ist und es gibt Menschen, deren Leben weniger wert ist. In der Regel sind bei Ihnen die Reichen Menschen, deren Leben mehr wert ist. (GRin Mag Dr Barbara Kappel: Reden Sie nicht so etwas! Das hat niemand von uns behauptet!) Immer wieder sind es die Reichen! Und die Armen haben einfach keinen Stellenwert bei Ihnen! Die Armen haben keinen Stellenwert bei Ihnen! Ich habe es in meiner gestrigen Rede schon gesagt, Sie haben nur ein Thema: MigrantInnen, Ausländer! (GRin Mag Dr Barbara Kappel: Sie sind traumatisiert!)

 

Herr Dr Frigo, Sie sind selbst ein Migrant. Passen Sie auf! Werden Sie nicht päpstlicher als der Papst! Man wird demnächst vielleicht auch über Sie schimpfen! Man wird demnächst wahrscheinlich, wenn Sie aus Steuergründen Ihre Ordination woanders machen, das vielleicht auch thematisieren, weil Sie Migrant sind!

 

Diese Art des Zuganges zu Politik, meine Damen und Herren, ist schäbig, weil unser heutiges Sozialsystem und Gesundheitssystem würden einfach nicht funktionieren, wenn wir den Krankenpflegebereich anschauen, wenn wir die Krankenhäuser anschauen, wenn wir sämtliche Stellen in unserem Sozial- und Gesundheitssystem anschauen, wenn es die Migranten und Migrantinnen nicht gegeben hätte. Das Rad dreht sich. In der Altenpflege, in der Krankenpflege, in sämtlichen Krankenhäusern, von der Küche bis zur obersten Etage sind Migranten und Migrantinnen vorzufinden. Das gehört auch einmal gesagt, meine Damen und Herren. Auch ein Dank gehört ihnen. Ich möchte nicht trennen, Migrant, Nichtmigrant als Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, aber diese Seite zwingt mich dazu, einen Extradank an jene Migranten und Migrantinnen auszusprechen, die mit ihren Arbeitskollegen und -kolleginnen aus verschiedensten Nationen dieser Erde gemeinsam unser Gesundheitssystem aufrechterhalten. Danke schön, meine Damen und Herren! (Beifall bei GRÜNEN und SPÖ.)

 

Arbeitslosigkeit ist nicht der Wunsch eines Menschen. Es sagt nicht jeder, er möchte in die Arbeitslose gehen oder mit einer Mindestsicherung von 743 EUR durch das Leben kommen. Wenn Sie sich die monatlichen Ausgaben einer Durchschnittsperson vor Augen halten, wissen Sie ganz genau, dass die Fixkosten zwei Drittel dieser 743 EUR ausmachen. Die Leute müssen dann mit 200 EUR durch den Monat kommen. Das ist einfach, meine Damen und Herren, kein Wunschkonzert einer Person. Die Personen gehen in die Mindestsicherung, weil sie es notwendig haben, weil sie sonst keine andere Möglichkeit mehr haben, als in der Mindestsicherung ihr Leben zu bestreiten. Hätten wir, und das ist unser Wunsch, eine Vollbeschäftigung, dann wäre die Situation eine andere.

 

Aber wer hat eigentlich den Arbeitsmarkt dereguliert? Wer hat Zustände geschaffen, wo die Gewerkschaften immer schwächer geworden sind und wo die arbeitenden Menschen immer auf sich alleine gelassen werden? Das war die schwarz-blaue Regierung! (GRin Mag Dr Barbara Kappel: Das war die Europäische Union!) Die schwarz-blaue Regierung hat, meine Damen und Herren, auch immer wieder propagiert, man solle doch Privatgesundheitsversicherungen abschließen, Privatpensionsversicherungen abschließen. Was ist in der Krise passiert? All diese Versicherungen, die abgeschlossen worden sind, haben an Wert verloren, die Menschen waren also nicht gut abgesichert.

 

Daher ist, meine Damen und Herren, dieses System, was wir haben, sehr zu schätzen. Wir müssen auch dieses System ausbauen. Wenn wir ausbauen, nehmen wir dabei Rücksicht auf die schwächsten Menschen unter uns, nicht wie Sie! Die Freiheitliche Partei propagiert in ihrem Parteiprogramm ein separates Versicherungssystem für MigrantInnen. Das ist Apartheid pur, meine Damen und Herren! Apartheid auf sozialpolitischer Ebene, indem Sie sagen, die MigrantInnen werden wir auf eine andere Schiene stellen. Sie sollen nicht mit anderen, mit Inländern und Inländerinnen zusammenkommen. Sie verdienen die Bezeichnung, rassistisch zu sein! Solange Sie diesen Passus in Ihrem Programm haben, ein Extraversicherungssystem für Migranten und Migrantinnen aufzustellen, verdienen Sie die Bezeichnung Apartheid. Sie verdienen die Bezeichnung, rassistisch zu sein. (StR David Lasar: Was reden Sie da?)

 

Ich möchte am Ende noch einen Punkt erwähnen, der, leider Gottes, sage ich jetzt einmal, nicht zum Ausdruck gekommen ist. FSW hat auch sehr viel mit. Flüchtlingen zu tun, meine Damen und Herren. Die Stadt Wien nimmt im Vergleich zu anderen Bundesländern, wie zum Beispiel Kärnten, viel mehr Flüchtlinge auf und versucht, sie auch optimal zu versorgen (GR Mag Dietbert Kowarik: Daran verdienen ein paar Vereine!), wobei die Flüchtlinge im Monat ein Taschengeld von 40 EUR bekommen und mit diesen 40 EUR einen Monat auskommen müssen.

 

Ich wünsche mir eine Gesellschaft, in der die Stimmung nicht eine ablehnende, nicht eine denunzierende gegenüber Flüchtlingen ist, sondern in der die Stimmung für jene Menschen, die sowieso vor Gefahren nach Österreich geflüchtet sind, eine willkommene ist. Es ist unsere menschliche Aufgabe,

 

«  1  »

Verantwortlich für diese Seite:
Stadt Wien | Geschäftsstelle Landtag, Gemeinderat, Landesregierung und Stadtsenat (Magistratsdirektion)
Kontaktformular