Gemeinderat, 24. Sitzung vom 26.06.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 46 von 88
durchzuführen, die Abstimmung über den Rechnungsabschluss der Bundeshauptstadt Wien und den Jahresabschluss der Unternehmung Wiener Krankenanstaltenverbund jedoch getrennt vorzunehmen. Wird dagegen Einwand erhoben? - Das ist nicht der Fall. Ich darf die Damen und Herren des Gemeinderates daher ersuchen, so vorzugehen.
Wir kommen nun zur Beratung der Geschäftsgruppe Gesundheit und Soziales. Zum Wort gemeldet ist Frau GRin Korosec. Ich erteile es ihr.
GRin Ingrid Korosec (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien): Frau Vorsitzende! Frau Stadträtin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Gesundheits- und Sozialpolitik ist ein ganz enorm wichtiger Bereich der Budgetpolitik, nicht nur, weil diese Geschäftsgruppe rund ein Viertel des Gesamtbudgets der Stadt Wien ausmacht, nämlich 3 Milliarden EUR. Der Rechnungsabschluss widerspiegelt es. In diesem Teil, und das ist so wesentlich, geht es um Entscheidungen, die die Menschen sehr nahe betreffen, direkt betreffen, berühren und teilweise auch, wie wir alle wissen, lebensentscheidend sind. Daher, meine Damen und Herren der Regierungsfraktion, die Wiener ÖVP bekennt sich grundsätzlich zu der Größenordnung, aber, und Sie wissen, das ist nichts Neues, ein Credo von mir, das Sie zwei Mal im Jahr hören, immer unter dem Aspekt der Wirtschaftlichkeit, der Effizienz und der Sparsamkeit. Das heißt für uns, für die Wiener ÖVP, Sparsamkeit in der Verwaltung, heißt für uns, Effizienz in den Strukturen, heißt natürlich nicht, Sparen bei den Patienten.
Ich muss sagen, ich habe vor zwei Tagen ein Schreiben erhalten. Ich nehme an, Frau Stadträtin, Sie kennen es. Darauf steht: „Hilfe!“ Es ist eine Dienstanweisung. Es geht um OP-Vormerkungen für primäre Hüft- und Knieprothesen. Ich lese Ihnen ein paar Sätze daraus vor, weil ich muss schon sagen, es ist unfassbar: „Sehr geehrte Damen und Herren! Im Rahmen des vorangegangenen Budgetcontrollinggesprächs in der Generaldirektion wurde deutlich, dass es zur Erhaltung des aktuellen Budgetrahmens zum jetzigen Zeitpunkt unbedingt erforderlich ist, für die Monate September bis Dezember 2012 keine weiteren Vormerkungen für primäre Hüft- und Knieendoprothesen vorzunehmen. Die kollegiale Führung muss darauf hinweisen, dass diese Dienstanweisung unbedingt einzuhalten ist und ersucht um Ihr diesbezügliches Verständnis.“ - Meine Damen und Herren, das kommt von der kollegialen Führung des Orthopädischen Krankenhauses Gersthof. Was heißt das? Das heißt, mehr als ein halbes Jahr keine Anmeldungen für Operationen. Da geht es um Menschen, die Schmerzen haben. Da geht es um Menschen, die in der Mobilität eingeschränkt sind. Diese können sich nicht einmal anmelden, weil man sparen muss. Sparen ist richtig, aber nicht zu Lasten der Patientinnen und Patienten!
Gestern habe ich auch einen Besuch eines Bürgers gehabt, der sich anmelden wollte. Das ist schon einmal sehr schwierig. Sie werden verbunden, drei oder vier Mal. Man hofft in irgendeiner Weise, Sie geben eh auf. Er war aber hartnäckig. Letztendlich wurde ihm auch mitgeteilt, man kann sich jetzt nicht anmelden, frühestens im Jänner oder Feber 2013 ist das wieder möglich. Frau Stadträtin, das ist ein Skandal! Ich hoffe, dass Sie das raschest abstellen, weil so kann es nicht sein!
Dann habe ich noch etwas gemacht. Daraufhin habe ich mir gestern die Homepage des Spitals angeschaut. Die letzte Eintragung, wo sich das Krankenhaus vorstellt, war im Jahr 2006, seither nichts mehr. Das zeigt auch, wie effizient dort gearbeitet wird.
Im Gegensatz dazu ist im Herz-Jesu-Krankenhaus, das der Vinzenz Gruppe gehört, eine Wartezeit von drei Monaten. Mir scheint, Frau Stadträtin, dass ohne Versorgung der privaten Spitäler die Wienerinnen und Wiener schier unendliche Wartezeiten hätten.
Nun zur Wirtschaftlichkeit: Gestern hat Frau Finanzstadträtin Brauner in der Generaldebatte zugegeben, dass der kommunale Schuldenstand im letzten Jahr um 1 Milliarde EUR angestiegen ist. Das zeigt nicht gerade das Setzen von Wachstumsimpulsen. Da sieht man auch absolut kein intelligentes Sparen. Sie sparen nicht, sondern Sie belasten die Bürgerinnen und Bürger. Denn das Jahr 2011 - es ist gestern schon diskutiert worden - war ein Jahr der Rekorderhöhungen für die Bürgerinnen und Bürger. 100 Millionen EUR haben Sie, die rot-grüne Stadtregierung, den Wienerinnen und Wienern an zusätzlichen Gebühren angelastet. Das heißt, statt intelligenter Wirtschaftspolitik schröpfen Sie die Bevölkerung mit zusätzlichen Gebühren! Ihre, wie Sie meinen, funktionierende Sozialpolitik wird in erster Linie durch das Schröpfen der Bürgerinnen und Bürger bestimmt!
Wenn wir bei der Sozialpolitik bleiben, nehme ich an, Sie wissen die drei wichtigen Säulen einer funktionierenden Sozialpolitik: Erstens eine gute Wirtschaftspolitik, weil das ist die beste Arbeitsplatzpolitik. Zweitens eine nachhaltige Bildungspolitik. Und drittens eine zukunftsorientierte Integrationspolitik. Alle drei Bereiche, meine Damen und Herren, sehe ich weder von der SPÖ noch von Ihnen, von den GRÜNEN, wirklich bearbeitet.
Wenn man der Frau StRin Brauner gestern zugehört hat - es war direkt eine Hymne auf diesen Rechnungsabschluss -, hat man fast gemeint, man ist im falschen Film. Denn, auch wenn das teilweise in Abrede gestellt wird, die Arbeitslosenrate ist in Wien am höchsten. Ich glaube, es ist gestern auch erwähnt worden, seit Bgm Häupl im Amt ist, ist sie um 31,6 Prozent gestiegen und nicht gefallen, wie sonst überall. Das ist Ihre Bilanz in der Sozialpolitik! Das einzige Rezept sind eben Gebührenerhöhungen, die wir selbstverständlich ablehnen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, wir haben gestern bereits in der Bildungspolitik gehört, dass in erster Linie der Mittelstand bluten muss, damit Sie Ihre sozialromantischen Träume leben können. Ob PISA oder Lesetest, ein stringentes Bild zeichnet sich in Ihrer Bildungspolitik ab. Viele junge Menschen, viel zu viele, in dieser Stadt werden jeglicher Chancen beraubt. Das ist
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