Gemeinderat, 24. Sitzung vom 26.06.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 9 von 88
Verfassungsgerichtshof entsprechend bekämpft werden, wenn er negativ ist.
Im Übrigen wäre es sehr eigenartig, wenn vor zwei oder drei Jahren eine Volksbefragung über eine City-Maut, die so unbestimmt war, dass man eigentlich gar nicht gewusst hat, worüber man die Menschen befragt hat, durchgeführt worden ist, und jetzt über die Ausdehnung der Kurzparkzonen wäre es auf einmal unzulässig.
Also ich glaube nicht, dass hier verantwortungsbewusst gehandelt worden ist, sondern es ist eine Notbremse gezogen worden, die einfach zu ziehen war. Und die Aufgabe der Regierungsfraktion wäre es jetzt, den möglichen Schaden für den Steuerzahler möglichst hintanzuhalten und zu minimieren, indem sämtliche Vorarbeiten und sämtliche Steuergelder, die für die Ausweitung der Parkraumbewirtschaftung vorgesehen sind, eben gestoppt werden. Das ist einmal das Mindeste, was man tun kann, und dann wird man sehen. Aber um eine Volksbefragung werden Sie nicht herumkommen.
Und im Übrigen ist die Art und Weise wirklich sehr bedenklich, wie hier gegen das Auto als Verkehrsmittel an sich vorgegangen wird. Das verdient es, eine umfassende Debatte über die Verkehrspolitik durchzuführen, und dieser Debatte haben Sie sich bis dato entzogen. Das muss man vor allem der SPÖ ankreiden. Die GRÜNEN ziehen ihr Programm durch, aber eine Partei, die über 40 Prozent der Wählerstimmen hat, kann sich nicht einfach in so einem wichtigen Bereich der Kommunalpolitik völlig sozusagen hintanstellen.
Und wenn man von der Bürgerbeteiligung spricht und so tut, als ob der Charta-Prozess der Stein der Weisen und der Höhepunkt einer Bürgerbeteiligung wäre, dann erinnere ich Sie schon daran, dass unsere Verfassung direktdemokratische Elemente vorsieht. Und es ist nicht einzusehen, warum Sie diese direktdemokratischen Elemente letztendlich nicht einsetzen. Die Leute wollen nicht um ein Flipchart herum moderierte Gespräche führen, sondern die Menschen wollen in die Entscheidungen einbezogen werden. Und ich glaube, da haben Sie jetzt die Gelegenheit, letztendlich die eigenen Grundsätze entsprechend ernst zu nehmen.
Insgesamt gesehen ist die Verkehrspolitik gekennzeichnet von einem immer stärker werdenden Gegeneinander, nicht von einem Miteinander. Es wird völlig ausgeblendet, dass der Großteil der Menschen, die das Auto benützen, das nicht aus Jux und Tollerei macht. Und im Übrigen ist die Automobilindustrie auch ein ganz wesentlicher Wirtschaftszweig in Europa und in Österreich. Sich zu erwarten, dass die Menschen Autos kaufen und dann nicht damit fahren, ist auch mehr als lebensfremd. (Beifall bei der FPÖ.)
Die Verrohung der Sitten im Straßenverkehr, die vor allem seitens der Radfahrer im Endeffekt praktiziert wird, ist auch eine unmittelbare Konsequenz der einseitigen Bevorzugung, des Aufhebens jeglicher Regelung - das Radfahren gegen die Einbahn, das Radfahren auf dem Gehsteig, und zwar auch dann, wenn es nicht erlaubt ist, das ständige Wechseln zwischen Radfahrstreifen und Fahrbahnen. Jetzt wollen Sie ja noch die Radwegbenützungspflicht aufheben. Also einerseits bauen wir die Radwege, dann sagen wir aber, man muss nicht darauf fahren. - Das zeigt schon, dass Sie maßgebliche Ursache dafür sind, dass die Sitten und die Gebräuche im Straßenverkehr völlig entgleiten. Da kann man dann nicht glauben, dass, wenn man einfach eine Entschuldigungskampagne macht und irgendwelche Arbeitsgruppen einrichtet, das auch ein Beitrag zu mehr Verkehrssicherheit ist.
Daher: Gehen Sie auch ein bisschen in sich! Es ist durchaus akzeptabel, dass Sie sagen, Ihnen ist das Radfahren wichtiger als das Autofahren, aber denken Sie auch an die Fußgänger. Gerade ein paar Meter weit von hier auf den Radwegen weiß man, wie leicht man als Fußgänger zum Freiwild werden kann. Und leisten auch Sie Ihren Beitrag dazu, dass Wien sicherer und lebenswerter wird!
Bei den öffentlichen Verkehrsmitteln möchte ich Ihnen vielleicht auch noch mitgeben - als jemand, der selbst fast ausschließlich mit öffentlichen Verkehrsmitteln fährt -: Es ist nicht nur die Frage des Preises, die die Attraktivität ausmacht, sondern auch die Frage der Verlässlichkeit. Es müssen die Wiener Linien in die Lage versetzt werden, auch ihren Fuhrpark zu erneuern, denn es ist wirklich keine Werbung, wenn jeden Tag irgendwo ein alter, offenkundig nicht ausreichend gewarteter U-Bahn-Zug verendet und es zu Rauchentwicklungen kommt, die Leute eine halbe Stunde, Dreiviertelstunde im Zug festgehalten sind, gerade bei diesen Temperaturen.
Das heißt: Die Attraktivität des öffentlichen Verkehrs hängt auch sehr stark davon ab, dass es gutes, etwa klimatisiertes Wagenmaterial gibt. Das kostet natürlich Geld, und dieses Geld müssen die Wiener Linien aufbringen oder zur Verfügung gestellt bekommen.
Also: Nur die Verbilligung der Jahreskarte allein ist nicht ausreichend, um die Attraktivität des öffentlichen Verkehrs zu heben.
Sie werden Verständnis haben, dass ich dem Rechnungsabschluss nicht zustimmen kann. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Godwin Schuster: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr GR Valentin. Ich erteile ihm dieses.
GR Erich Valentin (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Vizebürgermeisterin! Meine sehr geehrten Damen und Herren!
Ich denke mir, wenn man ein bisschen etwas in Sachen Demokratie gelernt hat, dann vor allem, dass man Maßnahmen gemeinsam mit den Bürgern setzt. Und die Unterschrift eines Bürgers zählt genauso viel, ob diese nun von einer Regierungspartei oder von der Opposition gesammelt wurde. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und FPÖ.)
Jeder Politiker und jede Politikerin dieses Hauses tun daher gut daran, das zu akzeptieren beziehungsweise
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