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Gemeinderat, 24. Sitzung vom 25.06.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 86 von 125

 

das ganz bewusst: Verkehr wurde beinahe 600 Mal genannt, Verkehr und Verhalten im Verkehr wurde 600 Mal genannt. Auf der anderen Seite wurde die Sprache nur 95 Mal genannt. Und diese 95 lassen sich wieder in zwei Gruppen unterteilen, wo die einen sagen, ja, die deutsche Sprache ist für unsere Gesellschaft sehr wichtig, und wo die andere Hälfte sagt, die Mehrsprachigkeit ist für unsere Gesellschaft sehr wichtig. Das ist, glaube ich, für uns zukunftsweisend, weil wir ganz genau wissen, dass sich gesellschaftliche Konflikte auch in einer homogenen Gesellschaft ergeben, wo gemeinsame Sprache und wo eine angeblich gemeinsame Kultur besteht. Nehmen wir ein Land an, wo es überhaupt keine Zuwanderung gibt, wo im Gegenteil sehr viele Menschen ins Ausland gehen. Auch in diesen Ländern, wo es keine Zuwanderung gibt, gibt es gesellschaftliche Probleme trotz einer gemeinsamen Sprache, trotz einer gemeinsamen historischen Entwicklung, weil die gesellschaftlichen Bruchlinien sich nicht nach Ethnien beziehungsweise Sprachen definieren lassen, sondern nach gesellschaftlichem Status, nach sozialem Status. Also die Wiener Charta „Zukunft gemeinsam leben“ hat uns das eine nochmal gelehrt, wo wir feststellen, und ich selber war bei zwei Charta-Gesprächen dabei durchaus auch mit Menschen, die einen sogenannten Migrationshintergrund haben, und habe festgestellt, dass wir zum Thema Verkehr durchaus unterschiedlicher Meinung sein können und dass wir zum Thema Nachbarschaftsbeziehungen durchaus unterschiedlicher Meinung sein können. Ich glaube, meine Damen und Herren, diesen Prozess sollten wir wertschätzen.

 

Was ich in diesem einen Jahr noch festgestellt habe, ist, dass wir leider Gottes nicht feststellen können, wer innerhalb der ÖVP für Integrationspolitik auf Wiener Ebene steht. Es gibt keine für Integrationspolitik zuständige Person, zumindest mir nicht bekannt. Und ich sehe auch keine Wiener Position zur Integrationspolitik innerhalb der Wiener ÖVP, die gibt’s nicht. Der Einzige, den Sie um Hilfe bitten, ist jedes Mal der arme Sebastian Kurz, der 25-Jährige. Der muss ja die gesamte Partei mittlerweile tragen, weil er die höchsten Sympathiewerte hat. Entschuldigen Sie, wo ist denn Ihr Integrationskonzept? Ich freue mich zwar, dass Teile der ÖVP beziehungsweise auch Vorfeldorganisationen der ÖVP den Charta-Prozess mittragen und auch mitmachen. Der Herr Aichinger war auch bei einer Veranstaltung im Museumsquartier dabei. Aber ein Integrationskonzept seitens der ÖVP existiert nicht, ist zumindest mir nicht bekannt. Wenn Sie eines haben, bitte ich Sie, mir dieses Papier zukommen zu lassen.

 

Was hat die Freiheitliche Partei für ein Konzept? Ich habe kein schriftliches Integrationskonzept der Freiheitlichen Partei gesehen. Ich glaube, das besteht aus zwei Sätzen: Deutsch lernen und sich anpassen. Und die dritte Säule der Freiheitlichen Partei ist schimpfen, schimpfen über MigrantInnen, schimpfen über Ausländer und schimpfen über den Islam, oder? „Daham statt Islam“, zum Beispiel.

 

Aber was machen diese Freiheitlichen im Parlament, meine Damen und Herren? Sie wissen, dass es demnächst im Außenausschuss im Parlament um die Errichtung des Dialogzentrums geht, das vom saudischen König initiiert wurde in Zusammenarbeit mit dem spanischen Außenminister plus unserem Außenminister Spindelegger. Na, was glauben Sie, wie die Freiheitlichen in diesem Ausschuss gestimmt haben? Wenn man sich die Saga von den Freiheitlichen anschaut oder in Erinnerung ruft, würde man sagen, die Freiheitlichen haben sicher dagegen gestimmt, oder? Weil der saudische König ein Wahhabit ist, die Wahhabiten sind die Erzkonservativen. Wenn man das mit unseren ATIB-Leuten in der Dammstraße vergleicht, würde ich sagen, mir sind die ATIB-Leute viel lieber als die Wahhabiten, weil nach den Wahhabiten die Salafisten kommen.

 

Also, wie haben die Freiheitlichen im Ausschuss gestimmt? Sie haben für die Errichtung dieses Wahhabitenzentrums, des Dialogzentrums gestimmt. Wissen Sie, wer das Ausschussmitglied ist? Das Ausschussmitglied ist jener Herr, der mit Gudenus bei Kadyrov war. Hochinteressant! Über den Islam schimpfen, mit den ärgsten Islamisten Kooperationen eingehen, sie befürworten und dann sich hier unverschämt hinstellen und sagen, eigentlich haben wir ein großes Problem mit den Türken und mit den Islamisten. Wo sind wir? Also, die Freiheitlichen haben sich von der Integrationsdebatte abgemeldet. Das ist auch gut so. Sie sollen auch in dieser Ecke sitzen bleiben.

 

Integrationspolitik, meine Damen und Herren, ist viel mehr als sprachliche Geschichte ein wichtiger Teil der Integrationspolitik. Wenn man das mit den modernen Begriffen umschreiben würde, ist es die Inklusionspolitik. Inklusion bedeutet, dass wir die Menschen nicht draußen lassen sollen, sondern hineinnehmen sollen. Warum? Wenn wir die Menschen in unser System hineinlassen, dann stellen wir eine Basis her, wo die Menschen auf gleicher Augenhöhe miteinander kommunizieren können. Wenn Menschen auf gleicher Höhe miteinander kommunizieren, dann entstehen andere Synergien. Daher ist es ein sehr wesentlicher Bestandteil des 21. Jahrhunderts.

 

David Ellensohn hat heute Vormittag aufgezählt, dass seit den 70er Jahren in vielen Ländern das Wahlrecht für Menschen, die eine andere Herkunft haben, die eine andere Staatsbürgerschaft haben, selbstverständlich ist. Bei uns, meine Damen und Herren, in Wien, sind 13,5 Prozent der Bevölkerung, das sind über 200 000 Menschen, nicht wahlberechtigt. Sie dürfen nicht einmal bei irgendwelchen Befragungen mitmachen. Auch wenn ihre Kinder die Straßen benützen, die zur Abstimmung stehen, auch wenn ihre Kinder von jenen Garagenplätzen wie in der Geblergasse betroffen sind, dürfen sie nicht mitstimmen. Das zeigt, meine Damen und Herren, dass wir in unserer Entwicklung, in unserem Demokratiebewusstsein, wir nicht, wir haben schon vor Jahren einen Beschluss gefasst, aber die ÖVP und die Freiheitlichen ziemlich nachhinken. Ich nehme es den Freiheitlichen gar nicht so

 

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