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Gemeinderat, 24. Sitzung vom 25.06.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 56 von 125

 

Tagesordnung gemacht und darauf hingewiesen, dass man wieder darauf vergessen hat, und dann hat man gesagt, na, ja, vielleicht im nächsten Jahr. Eine Never Endig Story. Soweit das große Interesse der SPÖ an Europa!

 

Es ist eben wichtig, nachzulesen, was Politiker in der Vergangenheit gesagt haben, und deswegen weiter im Text: „Sehr wohl möchte ich aber eingehen auf die Auswirkungen der österreichischen Europapolitik, unter anderem auch auf die für Wien direkt oder indirekt budgetwirksamen Einflüsse. Diese sind teilweise sehr massiv." – Dabei haben wir noch gar nicht gewusst, wie schlimm es jetzt in einem Jahr sein wird, und wie schlimm es, wenn wir es nächstes Jahr womöglich an diesem Ort und zu dieser Zeit diskutieren werden müssen, in den Auswirkungen für Österreich und für Wien vor allem im nächsten Jahr sein wird.

 

Ich habe damals gesagt: „Sogar der Herr Bürgermeister hat in seiner heute Vormittag bereits angesprochenen Rede am Parteitag noch vorsichtig, aber kritisch gesprochen und gesagt: „Heute sind wir in Europa weitgehend entmündigt.'" – Heute sind wir in Europa weitgehend entmündigt! Und der Kollege Hora hat sich wieder gemeldet und hat gesagt: „Das hat er nicht gesagt!" Ich habe ihm darauf versichert: „Wörtlich, Sie können es nachschauen. Das ist im Internet zu finden, Herr Kollege Hora!"

 

Aber man kann nicht einfach alles wegleugnen, sagen, das war nicht so, das ist nicht so. Sie täten es ja am liebsten. So wie mit den Schulden. Die sind da, und die Probleme sind da, und Sie können denen nicht entkommen, indem Sie den Kopf in den Sand, in die Akten oder unter die Bank stecken. Der Herr Kollege ist da halt etwas vorlaut gewesen. Er sollte lieber bei der Verkehrspolitik und den grünen Radlern bleiben, aber da kennt er sich ja auch nicht aus, wie ihm der Bürgermeister ausgerichtet hat.

 

„In Europa sind wir weitgehend entmündigt.", erkennt plötzlich die Führung der SPÖ. „Auch der Kanzler hat beim ‚Pressegespräch' festgestellt: ‚Wir müssen den Bürgern die Wahrheit sagen.'" Die Wahrheit sagen? Auf einmal? Heißt das, wir haben vorher nicht die Wahrheit gehört?

 

Und es ist schon interessant, wenn Sie sich in dem Zusammenhang die letzte Parlamentsdebatte dazu vor Augen führen. Es kommt einer nämlich in den Gemeinderat, der uns nicht die Wahrheit sagen will, der Herr Van der Bellen. Der hat nämlich in dieser Debatte der Frau Finanzministerin wortwörtlich vorgehalten, dass man nicht immer die Wahrheit sagen kann, weil das verantwortungslos sein kann, als sie die italienischen Schulden angesprochen hat. Ein Parlamentarier, meine Damen und Herren, stellen Sie sich das vor, noch dazu einer aus einer Oppositionspartei sagt einem Regierungsmitglied, es darf den Abgeordneten, den Volksvertretern nicht die Wahrheit sagen. Bitte, schämen Sie sich für den Herrn, meine Damen und Herren von den Grünen! Schämen Sie sich für ihn! Der hat da nichts zu suchen bei uns. (Beifall bei der FPÖ.)

 

Manchmal darf man in bestimmten Funktionen nicht die Wahrheit sagen, sagt der selbsternannte Basiswappler, wie er sich genannt hat. Das ist, glaube ich, ziemlich einmalig in der Geschichte eines Parlaments, dass solche Unterwerfungsgesten – wahrscheinlich als Vorleistung für eine zukünftige Dreierkoalition in der Regierung – von ihm geleistet werden. Es ist aber traurig, so etwas von einem Parlamentarier zu erleben.

 

Dann weiter im Text: „Vor ein paar Wochen war noch die Rede davon, dass alles in Ordnung ist." – Das war vor einem Jahr. – „Vor einem Monat war noch klar, dass Griechenland gerettet ist." – Zum x-ten Mal in der Zwischenzeit, und jetzt auf einmal kommen Sie stückweise mit der Wahrheit heraus. Sie haben noch immer nicht die ganze Wahrheit gesprochen, wir haben jetzt noch nicht die ganze Wahrheit erfahren über diese Katastrophe, die hier auf uns zukommt. Deswegen sagte der Bürgermeister auch, es wurde am letzten Städtetag beschlossen, einen Rettungsschirm nach Griechenlandmuster für die Städte zu beschließen. – Ich hoffe, der wird nicht so ausfallen wie der für Griechenland, denn so schlecht geht es unseren Städten doch noch nicht.

 

Dann ging es darum, woher das Geld kommen soll. „Wir wissen ganz genau" – habe ich damals gesagt, und da war ein großer Protest und alle haben gesagt, das wird nicht so sein –, „dass wir dieses Geld nie wieder sehen werden.“ Die Frau Finanzministerin, wenn Sie sich erinnern, hat damals gesagt: „Es ist eigentlich ein Geschäft für uns. Hunderte Millionen haben wir schon zurückbekommen.“ Ja, was haben wir denn zurückgekriegt? Die Millionen haben Sie uns von den Milliarden abgezogen, die wir ihnen gezahlt und geschickt haben. Und das bezeichnet eine österreichische Ministerin als Geschäft.

 

Mittlerweile traut sie sich das ja nicht mehr zu sagen. Warum? Man liefert uns die Wahrheit immer nur stückweise, nur dann, wenn es gar nicht mehr anders geht, nur dann, wenn man nicht mehr verleugnen kann, was in Wirklichkeit da draußen rund um uns in Europa läuft und was hier passiert. Egal, was wir machen, es kostet Geld und wird nicht nur uns, sondern auch unsere Kinder und Enkelkinder noch belasten. Zahlen werden nicht nur wir, zahlen werden, wie ich gesagt habe, unsere Kinder und Enkelkinder. Die werden dafür länger blechen als für die Friedensverträge von Saint Germain nach dem verlorenen Ersten Weltkrieg. Das ist die Realität, die uns die vielgeliebte EU oder einige darin aufs Auge drücken wollen.

 

Was noch? Dann kommt noch die Frechheit dazu. Weil Deutschland und Österreich und einige wenige Staaten, die Niederlande, Finnland, verdienen, heißt das, die sind ja furchtbar. Die haben so günstige Lohnbedingungen, dass sie alles günstiger produzieren, und wir müssen das dann kaufen. Die verdienen ja an uns. Das ist es, was die Griechen lächerlicherweise immer wieder ins Feld führen: Die Deutschen verdienen zu viel an dem Ganzen. Wenn sie nichts verdienen würden, wären sie gar nicht in der Lage und wir genauso wenig, das Defizit der anderen so lange mitzubezahlen.

 

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