Gemeinderat, 23. Sitzung vom 24.05.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 49 von 81
verursacht hat und wer die letzten Jahrzehnte wirklich gegensteuern hätte können. Das alles jetzt auf die Krise zu schieben, das ist ja wirklich schon vermessen. Wer hat denn die Krise überhaupt ermöglicht? Die Politiker sind anscheinend nur dazu da, aus der Zeitung zu lesen, dass die Bösen irgendwo sind und irgendwo das Geld von da nach dort schieben. Aber komischerweise gibt es Gesetze dafür, denn sonst würden ein paar im Häfen sitzen. Nicht einer von denen, die die Krise verursacht haben – die allerdings auch sehr anonym sind, weil ja durch die Gesetze gedeckt –, ist irgendwo einmal angeklagt worden, außer er ist wirklich einer von den ganz großen Ganoven, dem man dann den Prozess gemacht hat. Aber die, die diese amorphe Krise gemacht haben, konnten sie ja nur deshalb machen, weil die Gesetzte es zugelassen haben, weil die Politiker dieses Handeln mit Derivaten oder mit irgendwelchen Zukunftsdingen und so weiter und die Wetten auf die Wetten zugelassen haben. Und wenn ihr da mit im Boot sitzt und so tut, ach die Bösen und die Krise und so weiter, jetzt müssen wir darauf reagieren, dann geht mir das Herz über.
Denn die Tatsache schaut natürlich anders aus. Jetzt müssen wir schauen, dass wir die Scherben wegkehren und dass wir in Wirklichkeit denen, denen es wirklich schlecht geht, die die Opfer der Krise sind, noch helfen können, nämlich solidarisch, was es heutzutage auch kaum mehr gibt. Wir strapazieren immer das Wort der Solidarität, aber wenn man genau hinschaut, will keiner solidarisch sein, das soll immer der andere sein.
Wir hatten in den vergangenen Jahrzehnten eine unkontrollierte Zuwanderung ohne irgendwelche Migrationseffekte, ohne dass wir uns um die Leute gekümmert hätten. (GR Godwin Schuster: Was hat das mit dem Tagesordnungspunkt zu tun?) Ganz im Gegenteil! In Straßenzügen, wie im 16. Bezirk die Neulerchenfelder Straße oder sonst irgendwas, sind andere Kulturen hineingekommen. Das ist so! Das ganz einfach abzustreiten, das ist entweder blind oder vorsätzlich unwahr, und das kann ich an und für sich nicht stehenlassen.
Wir können ruhig einmal durch den 16. Bezirk durchgehen, entweder durch die Neulerchenfelder Straße oder andere Straßenzüge, die vor Jahren schon ausgeschaut haben wie ein Ghetto. (Zwischenruf von GR Godwin Schuster, der eine Zeitung in die Höhe hält.) Ja, genau. Wenn Sie es da auch nachlesen können, dann werden Sie mir ja recht geben.
Diese Zustände sind unhaltbar und natürlich müssen wir jetzt zähneknirschend einem Budget zustimmen, weil wir es brauchen und auch sehen, dass zum Beispiel Lohndumping Einzug gehalten hat, nämlich runter zu den schwachen Kollektivvertragslöhnen, kaum mehr Überzahlungen, nur weil wir ganz einfach die Grenzen aufgemacht und gesagt haben, die Wirtschaft braucht so billige Arbeitskräfte, das ist so toll, kommt alle rein! (GR Godwin Schuster: Ah, jetzt sind die schuld daran!)
Ich weiß, es gibt keine Milchmädchenrechnungen, überhaupt wenn es Arbeitsströme gibt – es wird natürlich immer Zuzug geben, und es wird natürlich immer durch den Zuzug Arbeitsplätze hier geben, es wird einen Bedarf geben –, aber wenn ich mir das anschaue in Wien, wo von 800 000 Arbeitsplätzen 176 000 mit Ausländern besetzt sind und davon sind 60 000, 70 000, so wie es im Geschäftsbericht des AMS steht – also das ist nicht irgendwas, was ich mir aus den Fingern sauge –, arbeitslos, dann habe ich ungefähr das Dreifache an Arbeitslosen, wie ich ausländische Mitbürger habe, die praktisch hier in Wien am Arbeitsmarkt sind. Wenn sie so tüchtig sind, wenn sie viel tüchtiger sind als die Arbeitslosen und die Arbeitslosen mitfinanzieren können, dann könnte man darüber reden, aber es ist in Wirklichkeit ein Verdrängungswettbewerb, nämlich ein Verdrängungswettbewerb nach unten. (Beifall von GR Mag Wolfgang Jung.)
Die Kaufkraft hat in den letzten 15 Jahren abgenommen, und das ist auch im WIFO-Bericht und überall zu sehen, und da kannst du nicht immer so tun, als wäre das alles nicht wahr, denn alle die Fachleute, die da drinnen arbeiten, sind in Wirklichkeit deine Leute. (Zwischenruf von GR Mag Thomas Reindl.) Ihr habt die Vorkehrungen dafür nicht getroffen, ihr wart einfach undifferenziert.
Natürlich, auf der ganzen Welt ist ein Austausch durch die Globalisierung, aber ich schaue mir ganz genau an, wen braucht die Wirtschaft (GR Godwin Schuster: Das Globalisieren der Arbeitslosen werden wir auch nicht machen können! Wo sind wir denn?), und ich lasse es mir nicht bieten – leider Gottes können wir da kaum gegensteuern –, dass die Jugendlichen nicht mehr ins duale Ausbildungssystem kommen wegen dieser Ignoranz. Das ist das große Problem. (GR Godwin Schuster: Welche Ignoranz?) Wir sagen ganz einfach, man kann eher einen günstigen Meister kriegen, der als Hilfsarbeiter dort arbeitet, als dass ein Jugendlicher ausgebildet würde. (GR Mag Thomas Reindl: Das stimmt doch nicht!) Das ist so! Das kann man überall sehen. Die Jugendlichen bekommen in Wirklichkeit kaum mehr richtige Arbeitsplätze im dualen Ausbildungssystem. Und das ist eine Schande! Da hätte man schon wesentlich früher agieren müssen. Als der Blum zum Beispiel mit seinem Blum-Bonus Erfolge gehabt hat, hat man das einfach abgedreht, weil es keine sozialistische Idee war. Na, ganz toll! (GRin Mag (FH) Tanja Wehsely: Im Ausschuss kann man mit dir reden! Aber da?)
Dann liest man da weiter in diesem Arbeitsmarktbericht und sieht, dass die Teilzeitquote der Frauen fast 34 Prozent beträgt, und wenn man dann umblättert und schaut, was mit den zugezogenen Mitbürgern am Arbeitsmarkt ist, dann kommt man drauf, dass von den Männern zwischen 25 und 40 Jahren 40 Prozent arbeitslos sind. Da frage ich: Was machen die dann in der Pension? Die zahlen nämlich kaum Pensionen ein. Wie werden wir denen den Lebensabend sichern? (GR Mag Thomas Reindl: Vorschlag! Machen Sie einen Vorschlag!) Machen wir das dann über die Mindestsicherung? Ganz toll! Wer zahlt sie? (GR Mag Thomas Reindl: Eine Stiftung mit Graf!) Wir und unsere Kinder! Und ihr macht Schulden, Schulden, Schulden! Das ist alles unausgegoren. (Beifall bei der FPÖ.)
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