Gemeinderat, 21. Sitzung vom 29.03.2012, Wörtliches Protokoll - Seite 35 von 97
weggenommen. Wir werden diesem Punkt trotz vieler Kritikpunkte zustimmen. Ich möchte aber trotzdem einen wichtigen Punkt der Bezirksmittelverordnung herausgreifen, nämlich die Schulen. Diesbezüglich ist die Gemeinde Wien beziehungsweise die rot-grüne Stadtregierung säumig. Auf Grund des für die Bezirke negativen Aufteilungsschlüssels von 60 zu 40 verschulden sich die Bezirke immer mehr. Die Verschuldung der Bezirke ist in den letzten 5 Jahren um 87 Prozent von 26,9 Millionen EUR auf 50,3 Millionen EUR explodiert, und damit bewahrheitet sich die freiheitliche Prognose, dass die Bezirke den 60-prozentigen Eigenfinanzierungsanteil nicht verkraften können werden.
Meine Damen und Herren! Die Kosten für die Schulsanierung erhöhen sich laufend und belasten die Bezirksbudgets immens, weil die rot-grüne Stadtregierung jahrelang nichts unternommen und jahrelang nicht in die Schulen investiert hat. Sie stellen lieber Containerklassen auf, anstatt die bestehenden Schulen rechtzeitig zu renovieren.
Ein weiteres Beispiel, meine Damen und Herren, für die rot-grüne Untätigkeit ist Ihr Vorschlag, Herr StR Oxonitsch, den Schul- und Kindergartenbau durch private Investoren durchführen zu lassen. Dabei geht es um zirka 700 Millionen EUR, und StR Oxonitsch will ungefähr 18 neue Schulen und 11 Kindergärten durch Privatinvestoren errichten lassen. Diese Schulen und Kindergärten sollen dann von der Gemeinde Wien zurück geleast beziehungsweise angemietet werden.
Meine Damen und Herren von Rot und Grün! Ich frage mich: Wenn Sie alles sozusagen den Privaten übergeben, was machen Sie dann? Was ist Ihre Leistung, und was sind Ihre Aufgaben?
Meine Damen und Herren! Das sogenannte Schulsanierungspaket treibt die 23 Wiener Gemeindebezirke weiter in die Verschuldung. Die Gesamtsumme der Bezirksschulden wird dabei seit 2008 verschleiert. Offiziell nicht dazu gezählt werden die sogenannten inneren Darlehen der Zentralverwaltung, die die Bezirke für die Schulsanierung aufnehmen müssen. Im Jahr 2008 und 2009 wurde eine Evaluierung der dezentralisierten Aufgabenstellung durchgeführt. Diese Änderung ist aber kein wirklich taugliches Mittel beziehungsweise keine wirkliche Reform. Tatsächlich werden den Bezirken nur 4 Millionen EUR zur Verfügung gestellt.
Die neue Kindergartenfinanzierung in Höhe von 5 Millionen EUR und der Sonderinvestitionsfonds in Höhe von 8,5 Millionen EUR basieren auf dem gleichen untauglichen Finanzierungsschlüssel, auch diesfalls wird der 60-prozentige Eigenfinanzierungsanteil angewendet. Die Bezirke verschulden sich auch in diesem Bereich weiter und weiter.
Bei den Schuldenbezirken wird die Hälfte des Investitionstopfs überhaupt für die Schuldenrückzahlung verwendet. 2010 – wir haben das heute schon gehört – waren 17 Bezirke Schuldenbezirke, und nur mehr 6 Bezirke besitzen Rücklagen. Deshalb, meine Damen und Herren, fordern wir, dass die Dotation der Bezriksbudgets um 30 Prozent auf 230 Millionen angehoben wird, denn gerade in der Wirtschaftskrise wäre es notwendig, ein Konjunkturpaket zu schnüren. – Danke. (Beifall bei der FPÖ.)
Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Zu Wort gemeldet ist Herr GR Lindenmayr. Ich erteile es ihm.
GR Siegi Lindenmayr (Sozialdemokratische Fraktion des Wiener Landtages und Gemeinderates): Sehr geehrte Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Damen und Herren!
Bezirksvorsteher Heinz Lehner hat es schon gesagt: Die Geschichte der Dezentralisierung ist eine Erfolgsgeschichte. Die ersten entscheidenden Schritte wurden bereits 1978 gesetzt. Damals gab es eine erste Erweiterung der Mitspracherechte der Bezirksvertretungen und der Bezirksvorsteher, und auch die Mitwirkungsrechte und die Anhörungsrechte wurden vergrößert. Richtig losgegangen - auch mit eigenem Geld - ist es erst 1987. Die Vorarbeiten haben in den 80er Jahren begonnen, aber 1987 wurde der entscheidende Schritt gesetzt, und 1988 ist es richtig losgegangen.
Man hat damals geschaut, wie man das Geld auf die Bezirke aufteilen kann und welche Kompetenzen man den Bezirken gibt. Man hat lange überlegt und wohl ausgewogene Kriterien gefunden, woher man einerseits das Geld nimmt und welche Aufgaben die Bezirke im Zuge der Dezentralisierung andererseits bekommen.
Im Hinblick auf die Frage, woher das Geld kommt, wurde als Parameter die Dienstgeberabgabe herangezogen, die wir ja ändern, und daher muss auch der Parameter verändert werden. Die Dienstgeberabgabe selbst, zu der man landläufig auch U-Bahn-Steuer sagt, ist eine sehr wichtige Abgabe für diese Stadt. Ein großer Teil des gesamten U-Bahn-Baus, der natürlich noch teurer ist, wird damit finanziert, aber dieses Geld fließt jedenfalls zur Gänze in den U-Bahn-Ausbau. Das muss gerade euch ganz besonders wichtig sein, denn ihr fordert ja immer den Ausbau der U-Bahn bis nach Niederösterreich und, und, und! Es ist also sehr wichtig, die U-Bahn auszubauen, und die Dienstgeberabgabe beziehungsweise die U-Bahn-Steuer ist ein wichtiger Beitrag dazu.
Man muss auch sagen, die Dienstgeberabgabe ist seit 1970 unverändert. Damals betrug sie 10 Schilling, also 72 Cent nach heutigem Geld. Die Erhöhung, die erfolgt ist – das wurde heute auch schon bemerkt – belief sich auf 177 Prozent, allerdings muss man hinzufügen, dass der Verbraucherpreisindex in dieser Zeit um über 300 Prozent, nämlich genau um 315 Prozent, gestiegen ist. Das ist fast doppelt so viel, und daher ist das angemessen. Das Geld ist gut angelegt, denn es fließt zu einem großen Teil in die Wiener Wirtschaft. Drei Viertel dieses Geldes fließen in Aufträge, und zwei Drittel dieses Geldes kommen Wiener Beschäftigten zugute.
Wie war denn die politische Situation 1987? – 1987 gab es in Wien 14 Bezirke mit SPÖ-Bezirksvorsteherinnen und Bezirksvorstehern und 9 Bezirke mit ÖVP-Bezirksvorsteherinnen und Bezirksvorstehern, ergibt zusammen natürlich 23. Wie sieht es heute aus? – Die ÖVP hat nicht mehr neun, sondern nur noch fünf Bezirksvorsteherinnen und Bezirksvorstehern. Und die FPÖ hatte damals gar keinen Bezirksvorsteher, und die FPÖ hat auch heute keinen. Die ÖVP hat von
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