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Gemeinderat, 19. Sitzung vom 24.02.2012, Wörtliches Protokoll  -  Seite 34 von 82

 

Dann zu sagen, es wäre Parteipolitik, halte ich im wahrsten Sinne des Wortes für frivol! Die Frau Stadträtin hat bei keiner ihrer Aussagen jemals parteipolitische Forderungen in den Fokus gestellt. Ganz im Gegenteil, sie ist auf Grund ihres Werdegangs, auf Grund ihrer Politisierung in der Frage, ihrer Verantwortung, so wie sie sie sieht, gerecht geworden. Dafür ist ihr einmal mehr danke schön zu sagen! (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Meine Damen und Herren! Ich darf die beiden Anträge einbringen, die von drei Parteien dieses Hauses eingebracht und von allen vieren unterstützt werden.

 

Es ist dies zunächst der Antrag betreffend Stresstest. Hier geht es um die Argumentation - Sie haben die Anträge vorliegen -, dass wir, wenn sozusagen die Geprüften selbst die Rahmenbedingungen der Prüfung bestimmen, die Gefahr sehen, dass diese Stresstests zur Farce werden. Wir sagen deshalb, dass wir Stressfaktoren wie Erdbebensicherheit und viele andere mehr nachvollziehen können müssen. Wir sagen, eine Offenlegung der Rahmenbedingungen dieser Stresstests ist nötig. Wir fordern das Moratorium für AKW-Neubauten inklusive in Bau befindliche Meiler sowie die Schließung aller Reaktoren ohne Containment.

 

Ein zweiter Antrag, den wir gemeinsam einbringen wollen und bei dem wir uns auch freuen, dass er die gemeinsame Zustimmung findet, ist, dass Atomstrom in Österreich keinen Absatzmarkt mehr haben darf. Der Wiener Gemeinderat appelliert daher an die österreichische Bundesregierung, ein österreichweites Atomstromimportverbot umzusetzen.

 

Für beide Anträge fordern wir in formeller Hinsicht die sofortige Abstimmung.

 

Meine Damen und Herren! Wer die Bilder in Erinnerung hat, die wir vor etwas weniger als einem Jahr registrieren konnten, jeder, der die Schilderungen der Frau Stadträtin, als sie Mochovce besucht hat und dort den Bauzustand und auch die optische Wirkung sinngebend und beispielgebend plakativ für den technischen Stand gesehen hat, angehört hat, jeder, der sich einigermaßen wirtschaftliche Abrechnungen des Atomstroms tatsächlich angesehen hat, jeder, der sich angesehen hat, wie sich die CO2-Bilanz auswirkt, jeder, der gesehen hat, was es demokratiepolitisch bedeutet, Atomstrom zu befürworten, jeder, der gesehen hat, was entwickelte Demokratien wie Deutschland benötigen, um die Castor-Transporte abzuwickeln, und welche einschneidenden Maßnahmen gerade demokratiepolitisch dafür notwendig sind, jeder, der das registriert, kann nur sagen: Nein zum Atomstrom!

 

Nach dieser Debatte habe ich noch einen zweiten Wunsch: Dass wir nicht nur diese Anträge in Zukunft gemeinsam beschließen, sondern dass auch unsere weiteren Signale gemeinsame sind! Denn ich denke mir, es ist parteipolitisch nicht zu diskutieren, wenn tatsächlich in unserer Region etwas passiert, was wir vor knapp einem Jahr in Japan erleben mussten. - Danke schön. (Beifall bei SPÖ und GRÜNEN.)

 

Vorsitzender GR Mag Thomas Reindl: Zum Wort gemeldet ist Herr GR Walter. Ich erteile es ihm.

 

12.14.44

GR Norbert Walter, MAS (ÖVP-Klub der Bundeshauptstadt Wien)|: Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Herr Berichterstatter! Geschätzte Damen und Herren!

 

In der Tat, die Schlussworte von Erich Valentin sind zu unterstreichen, weil es auch immer ein Ansatz von mir war, konstruktiv zu sein. Aber lassen Sie mich nichtsdestotrotz auf den Kollegen Maresch und auf den Kollegen Valentin kurz eingehen.

 

Herr Kollege Maresch! Ich weiß schon, wenn man jetzt Regierungsmitglied ist und in der Regierung sitzt, in einer Stadtregierung, dann sind in der Tat Dinge, die man vorher gesagt und gefordert hat, nicht mehr so wichtig. Aber lassen Sie mich auch zu einem Punkt etwas sagen, nämlich zur Tiwag.

 

Sie wissen vielleicht, dass Ihre Kollegin Maria Scheiber am 13. März 2011 im Tiroler Landtag einen Dringlichen Antrag zum Ausstieg der Tiwag aus dem Atomstrom eingebracht hat. Die Tiwag hat bis dorthin etwa 8 Prozent Graustrom - sogenannten Graustrom, da ist natürlich fossiler und so weiter auch dabei - importiert und damit selbstverständlich auch im Stromnetz verwendet. Die Tiroler Landesregierung mit der ÖVP und der SPÖ hat diesen Dringlichen Antrag unterstützt. Anfang Juni letzten Jahres hat der Landeshauptmann in Tirol gemeinsam mit der Tiwag verkündet, dass die Tiwag Zertifikate aus Wasserkraft und erneuerbaren Energien zugekauft hat und de facto atomstromfrei ist, was natürlich technisch noch nicht geht, weil es erst schrittweise erfolgen kann.

 

Daher bitte ich auch hier um Redlichkeit, weil Sie wissen, man tut den einen ins Kröpfchen und die anderen ins Töpfchen, gerade in einer vernetzten Welt. Sie wissen auch, dass die Energieversorger in Europa vernetzt sind und dass manche Dinge nicht so einfach zu handhaben sind, dass ich heute aussteige und morgen sage, wir brauchen trotzdem Strom. Es gibt langfristige Verträge, gerade in der Tiroler Wasserkraft, die aufgebaut worden sind, und die kann man nicht von heute auf morgen canceln und streichen.

 

Wenn man dem Kollegen Valentin zugehört hat, dass die Regierung in Wien die Strategien vorlegt, sie dann umsetzt, dann will ich es trotzdem nicht damit bewenden lassen, dass es dabei viele populistische Maßnahmen gibt. Ich sage das deshalb: Wenn man das atomstromfreie Zeitalter Europas ernst nimmt, dann geht es nicht darum, dass nur zwei Regierungsfraktionen etwas tun, sondern dann erwarte ich mir, dass man die Oppositionsparteien in diesem Hause entsprechend nachhaltig einbindet und nicht nur in offiziellen Schaugipfeln - denn viel mehr ist es ja in Wahrheit nicht!

 

Da komme ich jetzt nämlich noch zu einem Punkt, weil Sie auch alle den Herrn Minister angegriffen haben. Eines ist aber schon klar: Dass damit außenpolitische Fragestellungen zusammenhängen, dass damit zusammenhängt, dass der Herr Minister die Stresstests eingeführt hat, die jetzt so großartig kritisiert werden, ich sage einmal, ein dreistufiger Test. Wenn das kleine Österreich so großartige Erfolge gegen die große Atomlobby in Frankreich oder Großbritannien hätte, dann wäre das wahrscheinlich schon längst passiert! Sie

 

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